Korruptionsverdacht in Russland:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bahn-Manager

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Auf nach Osten, so lautete lange das Motto: ein Schenker-Zug in Polen. (Foto: Bartlomiej Banaszak/obs)

Mehrere Spitzenmanager aus dem Deutsche-Bahn-Konzern stehen unter Schmiergeldverdacht: Das Logistikunternehmen Schenker soll sich russische Zöllner mit Geld gefällig gemacht haben.

Von Klaus Ott, München

Auf nach Osten ("Let's go east"), so lautete lange das Motto bei Schenker. Die Transport- und Logistikgesellschaft der Deutschen Bahn (DB) hoffte auf große Geschäfte in Russland und dessen Nachbarstaaten. Inzwischen ist man bei Schenker und der Bahn etwas vorsichtiger geworden, nicht nur aufgrund der Wirtschafts-Sanktionen des Westens gegen Russland nach Wladimir Putins Einfall in der Ukraine.

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts von Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe im Reiche Putin, mit denen sich Schenker die dortigen Zoll-Behörden gefällig gemacht haben soll. Zu den insgesamt neun Beschuldigten gehören auch zwei hochrangige Manager aus dem DB-Konzern. Da bislang nicht absehbar ist, was an den Vorwürfen gegen diese beiden Spitzenleute dran ist, nennt die Süddeutsche Zeitung ihre Namen und ihre Funktionen nicht. Vorstandsmitglieder der Deutsche Bahn AG sind von dem Verfahren nicht betroffen.

Dollar-Millionen von Schenker versickerten in Russland

Die Ermittlungen gehen zurück auf einen Hinweis, mit dem sich ein offenkundiger Insider am 11. April 2013 bei der Bahn gemeldet hatte. Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden können sich via Internet vertraulich und anonym an die DB AG wenden und Betrügereien auffliegen lassen. Das betreffende Online-System wird außer in deutsch noch in sechs weiteren Sprachen angeboten, darunter auch in russisch. Das Land im Osten gilt als besonders anfällig für Korruption.

Der Hinweis auf dubiose Deals bei der Tochtergesellschaft Schenker war jedenfalls so stichhaltig, dass die Bahn bereits wenige Tage später, am 23. April 2013, die Staatsanwaltschaft in Köln eingeschaltete. Schenker erwirtschaftet mit weltweiten Transportaufträgen rund die Hälfte des Umsatzes der DB AG in Höhe von fast 40 Milliarden Euro.

Die Kölner Staatsanwaltschaft durchsuchte Ende 2013 eine Schenker-Niederlassung und wurde offenbar fündig. Der Korruptionsverdacht bei Transporten von Deutschland nach Russland, die Schenker für einen Großkunden abwickelte, soll sich erhärtet haben. Bei der Abfertigung der Fracht im Hafen von St. Petersburg sollen Zollbeamte bestochen worden sein - jahrelang, von 1997 bis 2009.

Vom Schenker-Aufsichtsrat mit einer "Sonderuntersuchung" beauftragte interne Ermittler und die Kölner Staatsanwälte stießen auf dubiose Geldtransfers in Höhe von mehr als fünf Millionen Dollar, die dem Vernehmen nach über die Schweiz abgewickelt worden waren. Die Dollar-Millionen kamen von Schenker und versickerten in dunklen Kanälen in Russland.

Die Mittel könnten als "speed money" eingesetzt worden sein, wie solche Zahlungen in Wirtschaftskreisen genannt werden. Als "Beschleunigungsgeld", damit die wertvolle Fracht schneller ans Ziel kommt. Unter den neun Beschuldigten sind neben den beiden Spitzenmanagern aus dem DB-Konzern auch ehemalige Schenker-Führungskräfte, die intern bereits vor Jahren negativ aufgefallen sein sollen.

Aus Bahn-Kreisen heißt es, man habe sich damals von ihnen getrennt. Schenker und die Bahn prüfen inzwischen, ob von diesen Ex-Führungskräften Schadensersatz verlangt werden kann.

Moskau um Hilfe zu bitten, ist derzeit wenig sinnvoll

Weitere zwei Beschuldigte halten sich nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft in Russland auf. Einer der beiden könnte, wie ein Verfahrensbeteiligter erzählt, ein früherer Verantwortlicher einer russischen Tochterfirma von Schenker sein. Die Vorwürfe gegen die Beschuldigten wiegen laut Staatsanwaltschaft unterschiedlich schwer. Die Verdächtigen könnten die russischen Zöllner "bestochen, dies zumindest befürwortet oder es trotz Kenntnis unterlassen haben, dieses Bestechungssystem zu unterbinden". Ein Ende der Ermittlungen ist der Staatsanwaltschaft zufolge wegen der "Komplexität des Verfahrens" nicht absehbar.

Ob die russischen Behörden um Rechtshilfe ersucht werden, darüber schweigt sich die Kölner Staatsanwaltschaft aus, um ihre Untersuchungen nicht zu gefährden. Nach Ansicht von Verfahrensbeteiligten ist es aufgrund der politischen Lage derzeit wenig sinnvoll, in Moskau um Amtshilfe zu bitten.

Und schon vor dem Ost-West-Konflikt wegen der Ukraine-Krise waren deutsche Staatsanwälte in Russland gescheitert, als sie bei Wirtschaftsdelikten wie Geldwäsche und Korruption um Aufklärung baten. Das galt erst recht, wenn die Spuren ins Umfeld von Präsident Putin führten, was bei obskuren Geschäften in der Telekommunikationsbranche durchaus der Fall war.

Nach Angaben der Bahn hat deren Tochter Schenker das "gesamte Russland-Geschäft komplett reorganisiert". Die Maßnahmen, mit denen Gesetzesverstöße verhindert werden sollen, seien verstärkt worden. Außerdem habe man personelle Konsequenzen gezogen, so die Bahn. Die DB AG, ein hundertprozentiges Staatsunternehmen, will schließlich sauber sein. Besser aufpassen, vor allem in Russland, lautet also die neue Parole.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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