Kartellamt: Millionen-Bußen:Pro Domo - das Kaffee-Kartell schenkte sich ein

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Das Kartellamt verhängt drastische Geldbußen gegen drei deutsche Kaffee-Giganten. Sie sollen Preise in "Gesprächskreisen" abgesprochen haben. Was sagen die Attackierten?

Für die Kaffeeröster ist es eine saftige Ohrfeige, für die deutschen Kaffeetrinker ist die Nachricht aus Bonn hingegen eine gute Nachricht. Das in der Rhein-Stadt beheimatete Bundeskartellamt zerschlägt das Kaffee-Kartell und verhängt Geldbußen in insgesamt dreistelliger Millionenhöhe.

Das Bundeskartellamt hat eine Strafe in dreistelliger Millionenhöhe gegen drei Kaffeeröster verhängt. (Foto: Foto: dpa)

Betroffen sind die Unternehmen Dallmayr, Tchibo und Melitta. Ihnen wirft die Behörde illegale Preisabsprachen vor. Die Unternehmen hätten sich über Höhe, Umfang und Zeitpunkt der Bekanntgabe sowie das Inkrafttreten beabsichtigter Preiserhöhungen miteinander abgesprochen, teilte die Behörde mit.

Insgesamt seien Bußgelder in Höhe von 159,5 Millionen Euro gegen die Münchner Alois Dallmayr Kaffee oHG, die Tchibo GmbH in Hamburg und die Melitta Kaffee GmbH in Bremen verhängt worden. Wie sich der Gesamtbetrag aufteilt, darüber schweigt das Bundeskartellamt. Allerdings gehen Experten davon aus, dass sich die Geldstrafe in etwa nach den Marktanteilen der Unternehmen handelt. Demnach dürfte Tchibo am meisten zahlen müssen, das Unternehmen bezeichnet sich selbst als "Röstkaffee-Marktführer in fünf europäischen Ländern", unter anderem in Deutschland.

Nach den Erkenntnissen des Bundeskartellamtes gab es seit mindestens Anfang 2000 bis zur Durchsuchung der Unternehmen im Juli 2008 einen "Gesprächskreis" zwischen den Geschäftsführern und Vertriebsleitern. Dabei sei es vor allem um die Preise für Filterkaffee, Bohnen, Espresso und Kaffee-Pads gegangen.

Leidtragende der Absprachen sollen demnach die Verbraucher gewesen sein, denn der Lebensmitteleinzelhandel gibt Preiserhöhungen in der Regel unmittelbar weiter. So führten allein die beiden im Dezember 2004 und im April 2005 angekündigten Preiserhöhungen zu einem Anstieg der Verbraucher- und Aktionspreise für Röstkaffee von durchschnittlich mehr als einem Euro pro 500-Gramm-Packung.

"Wir bedauern den Vorgang"

Bei den betroffenen Unternehmen herrscht Unverständnis. "Wir halten die gegen das Unternehmen ausgesprochene Geldbuße für völlig überzogen", heißt es in einer Mitteilung von Dallmayr. "Wie sich jedermann überzeugen kann, ist Röstkaffee, bereinigt um Steuern, günstiger als überall sonst in Europa." Mehr möchte das Münchener Unternehmen nicht sagen. Auch Tchibo gibt sich schweigsam. Den Bußgeldbescheid habe das Unternehmen erhalten, sagte ein Konzernsprecher zu sueddeutsche.de, nun werde die Nachricht des Kartellamtes geprüft.

Eine Melitta-Sprecherin wiederum sagte, der Konzern habe "in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtslehre erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Bußgeldnorm und demzufolge an der Höhe des Bußgeldes". Deshalb lege Melitta Rechtsmittel gegen den Bescheid ein. Allerdings bedauere das Unternehmen den Vorgang. Man habe "Vorkehrungen getroffen, damit so etwas nicht noch einmal passiert".

In der Tat können Dallmayr, Tchibo und Melitta noch versuchen, auf juristischem Wege gegen die Entscheidung der Kartellwächter vorzugehen. Denn die Geldbußen sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide kann Einspruch eingelegt werden, über den dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden muss.

Zudem laufen seit Januar 2009 weitere Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen verschiedene Kaffeeröster wegen des Verdachts von Preisabsprachen bei Kaffee für Gastronomie und Großabnehmer - sowie gegen mehrere Hersteller von Cappuccino wegen des selben Verdachts bei Cappuccino. Diese Verfahren sollen in der ersten Hälfte des nächsten Jahres abgeschlossen werden. Nähere Angaben machten die Wettbewerbshüter aufgrund der noch laufenden Ermittlungen nicht.

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