Italien in der Krise:Monti spart, Moody's straft

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Italien spart wie nie - besser geht es dem Land deswegen aber trotzdem nicht. Moody's senkt die Bonität römischer Staatsanleihen auf knapp über Ramsch-Niveau. Nun steht auch noch der Angstmonat August vor der Tür. Monti bleibt nur seine letzte Wunderwaffe.

Ulrike Sauer

Man weiß von Mario Monti, dass er ein Kämpfer ist. Die martialischen Töne aber, die der Ökonomie-Professor in dieser Woche anschlug, sind ungewohnt. Italien habe sich auf einen brutalen Kriegspfad begeben, sagte der Regierungschef vor Top-Bankern des Landes. Das klang arg nach Waffenlärm.

Die Zinsdifferenz italienischer Bonds zu zehnjährigen Bundesanleihen ist auf den höchsten Stand seit Januar zurückgesprungen - auf 4,8 Prozentpunkte, ein auf Sicht unhaltbarer Zustand. (Foto: AFP)

Monti ist genervt. Einerseits spart sein Land wie lange nicht, anderseits hat es nichts davon. So hat die römische Regierung 80 Milliarden Euro Haushaltskorrekturen vorgenommen, um bis 2013 der Verpflichtung zu einem ausgeglichenen Etat nachzukommen. Der Regierungschef verordnete dem unbeweglichen Land ein Reformpensum, das sogar Angela Merkel "beeindruckend" fand.

Mitten in der Rezession mutete er dem Volk gewaltige Steuererhöhungen zu, rang ihm eine umfassende Rentenreform ab, drückte eine Arbeitsmarktreform durch und setzte den aufgeblähten Staatsapparat auf Diät. All das hat Italiens Ruf und seinen internationalen Einfluss enorm gesteigert.

Und doch: Italien strengt sich an, das wird allerdings an den Finanzmärkten nicht honoriert. Gerade hat die US-Ratingagentur Moody's wieder mal die Kreditwürdigkeit des Schuldenlands herabgestuft. Die Bonität wurde um zwei Noten gesenkt. Römische Staatsanleihen liegen knapp über Ramsch-Niveau.

Die Euro-Rettung macht das noch schwieriger. Ihre Opfer, so jedenfalls erscheint es den Bürgern in Italien, führen statt zur Entschärfung zur Eskalation der Schuldenkrise. Monti steht unter gewaltigem Zeitdruck. Die Zinsdifferenz italienischer Bonds zu zehnjährigen Bundesanleihen ist auf den höchsten Stand seit Januar zurückgesprungen - auf 4,8 Prozentpunkte, ein auf Sicht unhaltbarer Zustand.

Im ersten Quartal musste Italien seinen Gläubigern 19 Milliarden Euro Zinsen überweisen - drei Milliarden mehr als im Vorjahreszeitraum, als in Rom der Politclown Silvio Berlusconi sein Unwesen trieb. Geht die Zinsdifferenz nicht rasch zurück, muss Monti für 2012 Mehrausgaben von 15 Milliarden Euro einplanen. Das übertrifft die Summe, die er seinen Landsleuten gerade mit einer verhassten Immobiliengrundsteuer abgepresst hat.

Es sieht so aus, als sei die deutsche Strategie, ganz auf eine Belohnung der virtuosen Länder zu setzen, kläglich gescheitert. Und vor der Tür steht der Angstmonat August, wenn die Spekulation traditionell am härtesten zuschlägt. Just vor einem Jahr begann in diesem Monat der Angriff auf Italien. Vorsichtshalber hat das Finanzministerium in Rom eine für Mitte August angesetzte Anleihen-Auktion abgesagt. "Ich bleibe im August in Italien, man weiß ja nie", sagt Federico Ghizzoni, Chef der Großbank Unicredit.

Das große Bangen hat kein Ende - vor allem wenn Mario Monti an das Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2013 denkt. Er muss fürchten, dass die Zinsen steigen, je näher der Wahltermin im April rückt. Moody's bestätigte gerade, wie recht er hat. Die Analysten begründeten ihre Herabstufung mit der verschlechterten Wirtschaftslage Italiens, die das Erreichen der Sanierungsziele infrage stelle.

Wachsende Risiken lauerten, mit dem Heranrücken der Wahlen, im politischen Klima. Das Lob für Montis Leistungen ist da ein schwacher Trost: Er setze ein Reformprogramm um, das Italiens langfristige Aussichten verbessern könne.

Aber es gibt auch drastische Niederlagen des Mario Monti. So blieb er bei der Arbeitsmarktreform vieles schuldig: Die Regierung machte Zugeständnisse in alle Richtungen. Das lässt nichts Gutes ahnen. Ohne Aussicht auf eine Dividende in Form niedrigerer Zinsen sind die Parteien kaum zu weiteren Opfern zu motivieren. Wozu auch? Selbst die Industriellen poltern inzwischen gegen die Sparpolitik.

Monti setzt in dieser Lage auf eine Wunderwaffe. Auf dem Brüsseler EU-Gipfel Ende Juni rang er Merkel eine Zusage zu einem Zins-Schutzschild ab. Ländern, die alle internationalen Auflagen erfüllen und dennoch unter ungerechtfertigt hohen Zinsen ächzen, soll der Rettungsfonds ESM durch Anleihenkäufe zur Seite springen.

Der italienische Regierungschef verspricht sich davon einen Sieg über die Spekulation und die Stärkung des Vertrauens in den Euro. Man sollte ihm trauen. Wer Italien nicht hilft, sich selbst zu retten, treibt es unter den Euro-Rettungsschirm. Der aber ist zu klein für das große Land.

© SZ vom 14.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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