Investor Nicolas Berggruen:Retter vom Dienst

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Erst Karstadt, jetzt Kalifornien: Nicolas Berggruen will einen Beitrag leisten, damit der hoch verschuldete US-Bundesstaat wieder politisch handlungsfähig wird.

Stefan Weber

Noch vor gut einem halben Jahr war er nur der Sohn von Heinz Berggruen, dem berühmten Berliner Kunstsammler, der einst vor den Nazis nach Amerika fliehen musste. Dann interessierte sich Nicolas Berggruen für Karstadt und war fortan ein amerikanischer Milliarden-Investor, ein Weltenbummler, der bevorzugt in Hotels wohnt, weil er keinen festen Wohnsitz hat. Seit er Eigentümer der Warenhauskette ist, gilt er vielen als Karstadt-Retter - ein Titel freilich, den er sich erst noch verdienen muss. Schließlich steht die Sanierung des Unternehmens erst am Anfang.

Nicolas Berggruen: Erst hat er Karstadt übernommen, jetzt will er politische Reformen anstoßen. (Foto: AFP)

Aber der Blick von Nicolas Berggruen geht weit über das hinaus, was mit Karstadt oder einem seiner anderen weltweit gestreuten Investments in Immobilien, Windfarmen und Medienunternehmen passiert. Der 49-Jährige will politische Reformen anstoßen. Zu diesem Zweck hatte er schon 2009 in Los Angeles sein Nicolas Berggruen Institute gegründet. Zu dessen Beraterteam gehören unter anderem Nobelpreisträger wie Joseph Stiglitz und Michael Spence und ehemalige Politiker wie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und der frühere spanische Ministerpräsident Felipe Gonzales.

Berggruens erstes öffentliches Projekt ist Kalifornien. Der hoch verschuldete drittgrößte US-Bundesstaat ist für ihn zwar immer noch das Land der Innovationen, und er verweist auf Unternehmen wie Apple, Google und Facebook, die dort zu Hause sind. Aber für den Durchschnittsbürger funktioniere das Land nicht mehr, meint er. "Das politische System hat Kalifornien handlungsunfähig gemacht." Die Voraussetzungen für einen Neuanfang sind aus seiner Sicht gut, weil sich alle Parteien einig seien, dass tiefe Reformen dringend notwendig seien. Dazu will sein Institut einen Beitrag leisten.

Ideen und Vorschläge gesammelt

Bei einem Treffen mit Google-Gründer Eric Schmidt und weiteren Größen aus Politik und Wirtschaft hat Berggruen jetzt Ideen gesammelt und Vorschläge erarbeitet, um die Staatsfinanzen des US-Bundesstaates zu sanieren. Darunter waren kurzfristige Maßnahmen, die das Budget und die Steuerpolitik betreffen, aber auch langfristige Themen wie eine Reform der Wahlgesetze. In der Financial Times kündigte Berggruen an, sein Wirtschaftsprogramm notfalls 2012 in den Wahlkampf zum neuen Kongress einzubringen. 20 Millionen Dollar habe er bereits eingesammelt, um die dazu notwendigen Unterschriftenaktionen zu finanzieren.

Erst Karstadt, dann Kalifornien - es scheint nicht, als wären Berggruens Ambitionen damit schon am Ende. Wie hat er kürzlich in einem SZ-Interview gesagt: "Das Wesentliche am Reichtum sind Möglichkeiten. Es kommt darauf an, was man mit diesen Möglichkeiten macht."

© SZ vom 09./09.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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