Insolvenzen:Firmenpleiten gefährden Tausende Jobs

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  • In Deutschland gehen immer weniger Firmen pleite. Besonders gefährdet sind aber Bars und Clubs.
  • Alleine im ersten Halbjahr bedrohten oder vernichteten Insolvenzen 120 000 Arbeitsplätze. Mehrere Milliarden Euro stehen im Feuer.

Von Benedikt Müller

Wem der Gedanke, dass die Firma pleitegehen könnte, allzu große Angst bereitet, der sollte besser nicht in einer Bar arbeiten. Statistisch gesehen melden jedes Jahr gut sechs Prozent der Bars hierzulande Insolvenz an. Das berichtet die Auskunftei Creditreform. Besonders gefährdet sind demnach auch Diskotheken: Jährlich rutschen mehr als vier Prozent der Tanzlokale in die Insolvenz.

Zum Glück sind dies nur Ausreißer der insgesamt recht liquiden Unternehmen in Deutschland. Wie Creditreform berichtet, gehen derzeit jährlich nur etwa 0,6 Prozent der Firmen hierzulande pleite, ein neuer Tiefstand. Im ersten Halbjahr dieses Jahres meldeten demnach 9900 Unternehmen Insolvenz an. Das sind weitere drei Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch die Zahl der Privatinsolvenzen ging zurück. Schließlich wächst die hiesige Wirtschaft das achte Jahr in Folge; es sind so viele Menschen in Lohn und Brot wie nie zuvor, die Löhne steigen. Und dank der niedrigen Zinsen können Privatleute und Unternehmen günstige Kredite aufnehmen oder sich umschulden.

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Knapp sieben Millionen Menschen werden ihre Kredite nicht mehr abstottern können. Arbeitslosigkeit ist immer seltener der Auslöser.

Und doch hinterlässt jede Insolvenz mehrere Geschädigte. So haben die Firmenpleiten alleine im ersten Halbjahr etwa 120 000 Arbeitsplätze bedroht oder vernichtet, schätzt Creditreform. Beispielsweise meldeten die Paracelsuskliniken Insolvenz an, eine Krankenhauskette mit etwa 5000 Beschäftigten. Auch die Pleiten von Solarworld und der Modekette Bench mit 170 Beschäftigten hierzulande machten Schlagzeilen.

Höher als im Vorjahr fällt auch der Schaden aus, der dadurch den Geldgebern entstanden ist. Wegen der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr stehen nun 15,5 Milliarden Euro im Feuer, schätzt Creditreform. Alleine durch die Pleite der Containeranlagegesellschaft P&R haben etwa 54 000 Gläubiger Geld verloren.

In den nächsten Jahren dürfte die Zahl der Pleiten wieder steigen. "Wir erreichen möglicherweise den Tiefpunkt der Insolvenzanmeldungen", sagt Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer von Creditreform. Sobald die Europäische Zentralbank aus ihrer Nullzinspolitik aussteigt, wird die Finanzierung über Kredite teurer. Zudem deutet etwa der fallende Ifo-Geschäftsklimaindex darauf hin, dass die Wirtschaft in den nächsten Monaten langsamer wachsen wird.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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