Illegale Preisabsprachen in der Stahlindustrie:Schienenhersteller findet weitere Bordellrechnungen

Unter den Decknamen Jedi, Bleichgesicht oder Domina trafen sich die Mitarbeiter mehrerer großer Stahlkonzerne, um die Preise für Bahngleise festzulegen. Die "Schienenfreunde" sollen sich auch gemeinsam im Rotlichtmilieu vergnügt haben. Einer der beteiligten Konzerne ist nun erneut auf verdächtige Rechnungen gestoßen.

Die Rotlicht-Aktivitäten des sogenannten Schienenkartells gingen offenbar weiter als bislang bekannt. Mitarbeiter mehrerer großer Stahlkonzerne sollen sich in Bordellen getroffen haben, um die Preise für Bahnschienen abzusprechen. Beim österreichischen Industrieunternehmen Voestalpine wurden bei einer internen Untersuchung nun weitere 58 Spesenabrechnungen für Besuche von Erotik-Nachtclubs gefunden, wie das Handelsblatt berichtet.

Insgesamt handle es sich um einen Betrag von rund 68.000 Euro. Erst vor wenigen Tagen waren ähnliche Spesenabrechnungen in Höhe von etwa 71.000 Euro aufgetaucht. Die neuen Rechnungen seien von einem ehemaligen Geschäftsführer der deutschen Voestalpine-Tochter Klöckner Bahntechnik eingereicht worden sowie von vier weiteren Mitarbeitern. Sie seien unter anderem vom Berliner Nobelbordell Bel Ami ausgestellt worden.

Mit Decknamen wie Jedi, Bleichgesicht oder Domina hatte das Kartell versucht, unbemerkt zu bleiben. Die sogenannten "Schienenfreunde" waren im vergangenen Jahr aber aufgeflogen. Wegen illegaler Preisabsprachen zu Lasten der Deutschen Bahn verhängte das Bundeskartellamt im Juli Bußgelder von insgesamt 124,5 Millionen Euro gegen vier Stahlfirmen: ThyssenKrupp Gleistechnik, die seit 2010 zum Vossloh-Konzern gehörende Firma Stahlberg Roensch sowie gegen die Voestalpine-Töchter TSTG Schienen-Technik und Voestalpine BWG.

Die Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen ermittelt seit dem Frühjahr 2011 gegen das Kartell. Derzeit laufen weitere Ermittlungen wegen mutmaßlich nachteiligen Absprachen für Privatbahnbetreiber.

Die nun aufgetauchten Spesenabrechnungen verstießen gegen die Voestalpine-Firmenrichtlinien, betonte ein Konzernsprecher gegenüber dem Handelsblatt. Das Unternehmen prüfe nun, ob das Geld von den Beschäftigten zurückgefordert werden könne. Vier von ihnen hätten den Konzern bereits verlassen.

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