Hollywood:Das große Geld

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Kampf zwischen Gier und Moral: Gordon Gekko ist zurück, denn Oliver Stone dreht gerade die Fortsetzung des legendären Films Wall Street.

Markus Zydra

Gordon Gekko ist zurück. Der Börsenmakler aus dem Film "Wall Street" prägt seit 1987 das Bild vom gierigen Banker. Eigentlich sollte der Streifen abschreckende Wirkung entfalten, doch viele junge Banker haben Gekko als Vorbild gesehen. Das hatte Regisseur Oliver Stone nicht erwartet. Nun dreht der amerikanische Filmemacher eine Fortsetzung, wieder mit Michael Douglas in der Hauptrolle. Der Titel: Wall Street 2 oder "Money Never Sleeps".

Oliver Stones Filmfigur Gordon Gekko war der Inbegriff des gierigen Börsenmaklers - und wurde dennoch zum Vorbild vieler Nachwuchsbanker. (Foto: Foto: Reuters)

Hollywood liebt Geschichten um das große Geld, den ewigen Kampf zwischen Gier und Moral. Gekko war früher ein schlimmer Zeitgenosse, doch 21 Jahre Knast haben ihn mittlerweile geläutert. Das ist der Ausgangspunkt der Fortsetzungsgeschichte, in der Gekko einem schlimmen Hedgefondsmanager den Garaus machen will. Gekko warnt vor den Folgen der Finanzblase, Gekko will sich mit seiner Tochter versöhnen, und Gekko schwört so ziemlich allem ab, was sein früheres Leben ausgemacht hat.

"Ein Hedgefondsmanager wird in Hollywood wohl niemals als Held dargestellt werden", urteilt Larry Ribstein in seinem Aufsatz "How Movies created the Financial Crisis". "Und das, obwohl diese Hedgefonds eine sehr gute Nase für Ratten im Finanzsystem haben."

Ribstein ist Rechtswissenschaftler der amerikanischen Universität Illinois. Und er beschreibt ein immer wiederkehrendes Muster, wie Hollywood-Filme mit den Themen Kapitalismus und Finanzkrise umgehen: "Filmemacher sehen die Wirtschaft im besten Fall als Nullsummenspiel mit einem Gewinner und einem Verlierer", sagt Ribstein. "Meistens bekommt der Film noch eine negative Note, indem die Zerstörung der menschlichen Seelen durch den Kapitalismus beschrieben wird."

Der Kapitalismus als System ohne Schuldige

John Steinbecks Novelle "Grapes of Wrath" (deutscher Titel: Früchte des Zorns) gilt Ribstein als gutes Beispiel für seine These. Das Buch wurde im Jahr 1940 mit Henry Fonda in der Hauptrolle verfilmt. Die Geschichte spielt in den dreißiger Jahren, als die Weltwirtschaftskrise einen amerikanischen Farmer in Existenznot bringt. Der Kapitalismus wird als System charakterisiert, dem alle Menschen untergeordnet sind und in dem niemand Schuld trägt. In einer Filmszene will der Mann von der örtlichen Bank den bankrotten Landwirt vom Acker jagen. Dieser stellt sich dem Bankier mit einem Gewehr entgegen.

Landwirt: "Ich bringe dich um."

Banker: "Ich bin der Falsche, ich mache nur meine Arbeit."

Landwirt: "Aber es muss doch einen Verantwortlichen geben. Dann lade ich mein Gewehr für den Bankpräsidenten."

Banker: "Ich habe gehört, dass auch der Präsident nur Befehlen folgt."

Landwirt: "Aber wo hört das auf? Wen kann ich erschießen?"

Banker: "Womöglich gibt es niemanden. Vielleicht hat diese Sache gar kein Mensch zu verantworten."

In vielen Filmen siegt am Ende die Moral über den Geschäftseifer. "Filmemacher mögen solche Geschichten", sagt Ribstein und verweist auf den Streifen "Executive Suite" (Deutscher Titel: Die Intriganten) von 1954. Darin kämpfen Don Walling (William Holden) und Loren Shaw (Fredric March) um den Chefposten in einer Möbelfirma. Walling arbeitet dort als Designer mit Sinn für gute Produkte. Shaw, der smarte Finanzexperte, will die Steuerlast optimieren und Billigprodukte herstellen. Bei der entscheidenden Aufsichtsratssitzung zerschlägt Walling einen Tisch, um zu zeigen, wie lausig die Produktqualität ist.

Am Ende gewinnt Walling den Kampf gegen den unbeliebten Zahlendreher. Ist das realistisch? "Die Filmwelt interessiert sich nicht dafür, wie es in einer Firma wirklich abläuft", sagt Ribstein und verweist auch auf den berühmten Film "Citizen Kane".

Der Kinosaal als Stundenhotel für Eskapismus

Darin erklärt der Medienmogul Charles Foster Kane (Orson Welles) seinem Finanzberater: "Ich habe letztes Jahr eine Million Dollar verloren, ich mache dieses Jahr einen solchen Verlust, und auch nächstes Jahr muss ich diesen Betrag nachschießen. Somit muss ich diese Zeitung in genau 60 Jahren dichtmachen." Die Filmindustrie will dem Publikum eine bessere Welt zeigen, als sie wirklich ist - der Kinosaal als Stundenhotel für Eskapismus, auch wenn die Geschichte manchmal unglaubliche Züge trägt.

Im Film "It's a wonderful life" (Deutscher Titel: Ist das Leben nicht wunderbar?) spielt James Stewart einen Bankchef, der die Kunden mit rhetorischem Geschick davon abhält, ihr gesamtes Geld abzuheben. So gelingt es ihm, das Haus vor der Pleite zu bewahren. Sein Argument für die verängstigten Kunden: "Schließlich waren wir, die Bank, auch in guten Zeiten für euch da." Da würde selbst der geläuterte Gekko laut lachen.

© SZ vom 03.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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