Hochtief: Mitarbeiter sauer:"Regierung lässt uns im Stich"

Lesezeit: 1 min

Der Konzernbetriebsratschef von Hochtief kritisiert die Koalition scharf: Die Regierung will sich im Übernahmekampf mit ACS nicht einmischen.

Thomas Öchsner

Der Konzernbetriebsratsvorsitzende von Hochtief, Siegfried Müller, ist auf die Bundesregierung derzeit alles andere als gut zu sprechen. "Die Regierung lässt uns absolut im Stich, das ist unmöglich", sagt er und fügt hinzu: "Offenbar sind zehn Banker in Nadelstreifenanzug der Regierung wichtiger als 10.000 Bauarbeiter im Blaumann." Was Müller so verärgert, ist die Entscheidung der Koalition, sich im Übernahmekampf um Hochtief nicht einzumischen.

Hochtief-Konzernbetriebsrat Siegfried Müller wehrt sich seit längerem gegen die Übernahme durch ACS. Jetzt kritisiert er das Verhalten der Regierung. (Foto: dpa)

Der Arbeitnehmervertreter hält nicht viel von dem spanischen Konzern ACS, der gerade dabei ist, die deutsche Nummer eins in der Branche zu schlucken. "ACS braucht Hochtief, Hochtief braucht aber ACS nicht", sagt er. Müller denkt dabei an die neun Milliarden Euro Schulden, die auf ACS lasten, während Hochtief profitabel, anders als das spanische Unternehmen, auch international präsent ist und im Ausland etwa 85 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet.

Er fürchtet, dass ACS-Chef Florentino Pérez Hochtief ausschlachtet, besonders wertvolle Tochtergesellschaften im Ausland und Teile des Deutschlandgeschäft abstößt, so dass von dem Konzern nicht mehr viel übrig bleibt. Dann sehe es für die Zukunft der 11.000 Mitarbeiter in Deutschland, die auf 40 Standorten verteilt sind, "sehr, sehr schwarz aus". Dasselbe gelte für die Zuliefererbetriebe. "Da ist ganz Deutschland betroffen", warnt Müller.

Der Konzernbetriebsratschef fordert deshalb von der Bundesregierung, das deutsche Übernahmerecht so zu ändern, dass hierzulande die gleichen Schutzvorschriften gelten wie in anderen Ländern Europas. "Wir wollen gleiche Bedingungen." Wenn es bei der geplanten Übernahme weitere Verzögerungen gebe und die Koalition innerhalb des nächsten halben Jahres ein verschärftes Recht auf den Weg bringe, könne dies auch noch rechtzeitig für Hochtief kommen. Für ACS würde die Übernahme dann mit großer Wahrscheinlichkeit zu teuer werden.

Müller wies darauf hin, dass der spanische Baukonzern mit EU-Geld, also auch mit Steuern aus Deutschland, groß geworden sei. Es sei geradezu absurd, "wenn die uns jetzt übernehmen". Es könne doch nicht sein, dass in der Finanzkrise "unsere Regierung die anderen rettet, nicht aber die heimische Industrie". Dabei wolle Hochtief nicht einmal Geld und auch keine Subventionen.

© SZ vom 30.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: