Handelsstreit:So könnten Trumps Zölle China treffen

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Trump will sich China vornehmen und umfangreiche Zölle gegen das Land verhängen - ein Schiff im Containerhafen von Los Angeles.

(Foto: REUTERS)

Für die EU gibt es Entwarnung. Doch im globalen Handelsstreit droht dennoch eine Eskalation: Der US-Präsident könnte Strafzölle auf Hunderte chinesische Produkte verhängen. Wird sich die Volksrepublik rächen?

Von Janis Beenen und Christoph Giesen, Peking

Mit Gewissheit kann niemand sagen, was US-Präsident Donald Trump an diesem Donnerstag verkünden wird, zu unberechenbar ist der Chef im Weißen Haus. Die EU und mehrere weitere Länder sollen zunächst ausgenommen bleiben von den Strafzöllen der USA - das hat Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer vor einem Ausschuss des US-Senats bekannt gegeben. Doch eine weitere Eskalatation im internationalen Handelsstreit ist durchaus wahrscheinlich. Trump will sich diesmal China vornehmen und umfangreiche Zölle gegen das Land verhängen.

Laut einem Bericht der Washington Post möchte er etwa 100 Produkte aus China mit jährlichen Strafzöllen in Höhe von 60 Milliarden Dollar belegen. Seine Berater empfahlen dem Präsidenten zwar ein Paket in Höhe von 30 Milliarden Dollar. Er will aber lieber doppelt so viel, schreibt die Post. Ähnlich unberechenbar agierte Trump schon bei der Ankündigung von Zöllen auf Stahlimporte. Seine Berater plädierten mit ausführlicher juristischer Begründung für eine Importabgabe von 24 Prozent. Trump wollte 25 Prozent, denn 25 sei die "rundere Zahl".

Was passiert nun zwischen den beiden Weltmächten China und den USA? Wie könnte China reagieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum will Trump Zölle gegen China verhängen?

Aus Sicht von Trump ist China an vielen Problemen seines Landes Schuld. Mit den Strafzöllen will der US-Präsident den heimischen Arbeitsmarkt vor der Konkurrenz aus Asien schützen. Streitpunkte sind unter anderem die Verletzung von Urheberrechten durch China sowie der Zwang für US-Unternehmen, technisches Wissen preiszugeben. Das Weiße Haus will außerdem erreichen, dass China seinen Handelsüberschuss gegenüber den USA um 100 Milliarden Dollar abbaut. China war 2017 mit einem Volumen von 636 Milliarden Dollar der wichtigste Handelspartner der USA.

Trump hat bereits Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt, die am Freitag inkfrafttreten sollen. Sie würden auch China treffen, allerdings gehen sie dem Präsidenten offenbar nicht weit genug. China wäre von den Zöllen nur bedingt betroffen. Lediglich zwei Prozent der US-Stahlimporte kommen von dort.

Welche Auswirkungen hätten die Zölle auf das Land?

So exportabhängig wie noch vor einigen Jahren ist Chinas Volkswirtschaft nicht mehr. Etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung werden noch durch Ausfuhren gedeckt. "Die meisten chinesischen Unternehmen dürften im Falle eines Handleskrieges recht widerstandsfähig sein, aufgrund des hohen Anteils von inländischen Einnahmen", urteilen die Analysten der französischen Investmentbank Natixis in einem aktuellen Report. "Es gibt jedoch bestimmte Sektoren, die stärker betroffen sein werden, wie die Informationstechnologie und Gebrauchsgüter."

Betroffen dürften also vor allem Unternehmen sein, die Handys, Kameras oder Kühlschränke produzieren. Beim Haushaltsgerätehersteller Midea etwa liegt der Exportanetil bei 40 Prozent, bei Elektronikfirma TCL gehen gar 44 Prozent der Waren ins Ausland. Was die meisten betroffenen Firmen eint: Sie alle produzieren in Südchina, im Perlflussdelta. Die Sorge dort: Hundertausende Wanderarbeiter könnten plötzlich arbeitslos werden.

Wie angespannt ist die Lage in China?

Die Unruhe ist groß. Schon vor Wochen hat in den chinesischen Ministerien und im Parteiapparat das große Psychologisieren begonnen. Wird Trump es wirklich durchziehen? Wird er China den Handelskrieg erklären, mit allen Konsequenzen? Oder ist es bloß ein Bluff? Lange glaubte man in Peking an eine Show. Damit ist es allerdings vorbei. In Peking werden gerade die ersten Maßnahmen koordiniert, spätestens seitdem vor vier Wochen Xi Jinping seinen treuen Berater Liu He nach Washington schickte und dieser unverrichteter Dinge abreisen musste. Liu, der Anfang der Woche zum Vizepremierminister aufgestiegen ist, war mit dem Auftrag angereist, eine gesichtswahrende Lösung zu finden und hatte Prokura von Xi Jinping. Doch statt gemeinsam über den allgegenwärtigen Joint-Venture-Zwang oder die Öffnung des Finanzmarkts zu debattieren, beschied man Liu: es gibt keine Verhandlungen mehr.

Wird China sich rächen? Und wenn ja, wie?

Noch sind die Reaktionen aus Peking eher allgemein gehalten. Die amtliche China Daily forderte am Donnerstag den Rest der Welt dazu auf, sich Washington entgegenzustellen. "Da die Vereinigten Staaten ihren Kurs nicht zu korrigieren scheinen, sollten andere Länder aufhören zu hoffen, dass ihnen protektionistische Schüsse erspart bleiben." Eine Sprecherin des Außenamts fügte hinzu: "China wird sich nicht einfach zurücklehnen und ignorieren, dass seine legitimen Rechte und Interessen verletzt werden."

Wie eine konkrete Gegenmaßnahme aussehen könnte, hatte das Parteiblatt Global Times kurz nach Trumps Wahlsieg skizziert: "Eine Charge von Boeing-Aufträgen würde durch Airbus ersetzt, amerikanische Autos und iPhones hätten es schwer in China, die Importe von Sojabohnen und Mais würden gestoppt."

Wie geht es im Konflikt mit der EU weiter?

Nachdem es nun offenbar doch eine Ausnahmeregelung für die Staaten der Europäischen Union gibt, dürfte die Erleichterung in Brüssel groß sein. Allerdings sagte der US-Handelsbeauftragte Lighthizer, die Ausnahme-Regelung für die EU und sechs weitere Staaten bei den Strafzöllen, gelte "vorläufig". Es ist daher davon auszugehen, dass die Europäer weiter an einer langfristigen Lösung des Handelskonflikts mit den USA arbeiten - und für den Fall der Fälle auch Gegenmaßnahmen vorbereiten, sollte Trump sich doch noch für Strafzölle entscheiden.

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