Handelsstreit:Dämpfer für deutschen Export

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Teure Exportware: Ein Arbeiter an einem Hochofen in einem chinesischen Stahlwerk. US-Präsident Trump hatte im März Einfuhrzölle von 25 Prozent auf importierten Stahl erhoben. (Foto: Reuters)

Im Februar sank er um 3,2 Prozent. Fachleute sehen noch keinen Trend. Aber sie erwarten, dass der Handelskrieg die Weltwirtschaft schwer treffen dürfte.

Von Alexander Hagelüken, München

Ökonomen hatten mit einem Plus gerechnet. Nachdem im Januar etwas weniger Waren ins Ausland verkauft worden sind als im Dezember, sollten die Zahlen danach wieder steigen. Doch es kam ganz anders: Im Februar schrumpften die deutschen Exporte noch mal, und gleich um 3,2 Prozent - so einen Dämpfer gab es zuletzt vor drei Jahren. Neben dem starken Euro machen Beobachter dafür vor allem den zunehmenden Protektionismus verantwortlich: "Die Anzeichen für schlechtere Geschäfte mehren sich", meint Volker Treier vom Wirtschaftsverband DIHK.

Nun weisen Experten darauf hin, dass zwei Monatszahlen noch kein Trend sind. Und im Jahresvergleich scheinen die Daten in Ordnung: Im Februar wurde immer noch mehr exportiert als zwölf Monate zuvor. Doch im Jahresvergleich zeigt sich auch, dass vor allem das Geschäft mit EU-Staaten brummt, nicht das mit China oder den USA. Und nun der Exportrückgang im Januar und Februar. Zusammen mit schwachen Aufträgen und weniger Produktion summiert sich das zu einem schlechten Konjunkturstart ins Jahr - so schlecht wie seit Anfang 2009 nicht mehr, als Deutschland in der Finanzkrise steckte.

Wie es weitergeht, hängt jetzt wesentlich vom Fortgang des Handelskriegs ab, den US-Präsident Donald Trump angezettelt hat. Die weltweiten Exporte waren davon im Februar nur stimmungsmäßig beeinflusst. Von konkreten Strafzöllen gegen China und zahlreiche andere Länder auf Stahl und Aluminium war erstmals Mitte Februar die Rede. In Kraft setzten sie die USA erst Ende März. Die Europäer sind vorerst ausgenommen, wofür die USA Zugeständnisse erwarten. Derzeit attackieren sich nach Trumps erstem Aufschlag vor allem Amerika und China mit immer neuen Ankündigungen für Strafzölle. "Schotten die USA und China sich weiter gegeneinander ab, droht eine weltweite Protektionismusspirale", warnt Joachim Lang vom Bundesverband der Deutschen Industrie. "Diese würde die Weltkonjunktur als Ganzes empfindlich abschwächen."

Werden alle diese Strafzölle umgesetzt, hat niemand etwas zu gewinnen, zeigen Berechnungen von Gabriel Felbermayr vom Münchner Ifo-Institut. Dann dürfte das Bruttoinlandsprodukt der USA und Chinas allein 2018 um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte schrumpfen. Europäische Firmen sind zwar so etwas wie die lachenden Dritten: Sie erhalten gegenüber chinesischen Firmen auf dem US-Markt und gegenüber US-Firmen auf dem chinesischen Markt einen Vorteil, solange sie von den Strafzöllen ausgenommen sind. Aber es gilt auch: Die USA und China kaufen insgesamt weniger, wenn ihre Volkswirtschaften schrumpfen, also auch weniger bei europäischen Firmen. Für Europa heben sich die Effekte weitgehend auf. Nur der Exportnation Deutschland bleibt bis zu 500 Millionen Euro mehr Wirtschaftsleistung im Jahr.

Und das ist bei Weitem das positivste Szenario. Denn falls die USA ab 1. Mai auch bisher ausgenommene Länder in Europa und Südamerika mit Strafzöllen belegen und alle Betroffenen entsprechend Vergeltung üben, leidet die Konjunktur in Europa stärker. Umso stärker, falls Trump Autos ins Visier nimmt und Europäer und andere Staaten entsprechend mit Strafzöllen antworten. In diesem Fall erwartet Felbermayr für Deutschland vier Milliarden Euro und für die Welt fast 70 Milliarden Euro weniger Wirtschaftsleistung pro Jahr. Wobei die Ankündigungen für zusätzliche US-chinesische-Strafzölle von voriger Woche noch nicht eingerechnet sind - und eine weitere Eskalation durchaus möglich ist.

Aber selbst das ganz große Strafzoll-Feuerwerk ist noch nicht einmal das, was den Münchner Forscher am stärksten besorgt. Sondern: "Wenn der Handelskrieg von Zöllen auf bürokratische Schikanen für Exporte ausgedehnt wird, wächst der Schaden schnell." Solche Diskriminierung kann darin bestehen, Lebensmittel wegen vorgetäuschter Hygienemängel oder andere Produkte wegen angeblicher Qualitätsmängel oder Umweltgefahren an der Grenze zu stoppen. Oder ausländische Waren generell durch Regeln auszubremsen, die heimische Produkte bevorzugen (wie Buy American nach der Finanzkrise). "Ich halte solche Diskriminierungen für sehr wahrscheinlich", urteilt Felbermayr. "Das Bruttoinlandsprodukt kann dann in den USA und in China um einen halben Prozentpunkt schrumpfen". Dann bebt die Welt.

Und dabei sind noch nicht mal die Folgen der Unsicherheit eingerechnet, die ein Handelskrieg erzeugt. Wenn die Vereinigten Staaten sich effektiv von den Regeln der Welthandelsorganisation WTO verabschieden - und China seine Annäherung an die Regeln stoppt - sind Geschäfte in zwei der drei größten Wirtschaftsmächte der Welt für Firmen unsicher. Sie expandieren und investieren im Zweifel weniger. Wie sehr globale Unsicherheit die Weltwirtschaft lähmen kann, war in der Finanzkrise zu sehen. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg prüft China, seine Firmen durch gezielte Abwertungen Exporte zu erleichtern. Wenn der Handelskrieg tobt, werden Nationen erfindungsreich, die Fouls nehmen zu.

Aber wie sieht ein Ausweg aus? Fachleute sind sich einig: Es wäre für Europa gefährlich, den USA schnell Zugeständnisse zu machen, um von Strafzöllen weiter verschont zu werden. Senkt die EU etwa den Zoll für US-Autos von zehn auf 2,5 Prozent (so hoch ist der Zoll auf EU-Autos in den USA), müsste sie diesen Vorteil auch China und Indien gewähren, ohne etwas dafür zu bekommen. Andernfalls verstößt Europa gegen WTO-Recht.

Ein wirklicher Ausweg aus dem Handelskrieg wären wohl nur große bilaterale Deals zwischen den USA und China sowie den USA und Europa, bei denen jede Seite Zugeständnisse macht. Und ob Chinas Gängelung ausländischer Firmen, die abgeschotteten US-Staatsaufträge oder die abgeschotteten EU-Agrarmärkte: In Wahrheit lassen sich auf jeder Seite Zugeständnisse finden, die im Sinne des globalen Freihandels wären.

© SZ vom 10.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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