Großbritannien:Vom Eigenheim können viele Briten nur noch träumen

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Gute Lage: Wer in Londoner Stadtteilen wie Kensington oder Chelsea ein Eigenheim besitzt, kann sich glücklich schätzen. Für viele junge Briten ist der Traum vom Eigenheim nicht mehr erschwinglich. (Foto: Bloomberg)
  • In Großbritannien war es lange üblich, sich zum Start ins Berufsleben eine kleine Wohnung zu kaufen und sich nach und nach zu steigern.
  • Doch Wohnungsnot und hohe Preise machen es für viele Briten inzwischen unmöglich, Eigentum zu erwerben.
  • Junge Berufstätige bleiben länger bei den Eltern wohnen oder leben dauerhaft zur Miete.

Von Björn Finke

Die Briten sprechen von der "housing ladder", der Immobilienleiter: Sie kaufen kurz nach dem Start ins Berufsleben eine kleine Wohnung. Deren Wert nimmt über die Jahre zu. Ziehen sie dann mit ihrem Partner zusammen, wird die Bude mit Gewinn verkauft und eine größere erworben. Nach der Geburt der Kinder und den ersten Gehaltserhöhungen verkaufen sie auch diese Bleibe und investieren in eine noch geräumigere und schönere. Sprosse um Sprosse geht es nach oben auf der Leiter - und es wird munter umgezogen. So war es zumindest früher.

Heute schaffen es viele junge Untertanen Ihrer Majestät nicht einmal auf die unterste Sprosse, besonders im Südosten Englands in und um London. Denn dort sind die Immobilienpreise rasant gestiegen. Statt alle paar Jahre eine schickere Wohnung zu kaufen und dort einzuziehen, bleiben junge Berufstätige länger bei den Eltern wohnen, oder sie leben dauerhaft zur Miete. Diese Entwicklung kann Ian Shuttleworth gut in seinen Datensätzen nachvollziehen. Der Sozialwissenschaftler der Queen's University im nordirischen Belfast hat nun eine Studie über Umzüge veröffentlicht.

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Der Trend ist eindeutig: Zwischen 1971 und 1981 haben 55 Prozent der Bewohner von England und Wales irgendwann einmal ihre Adresse geändert. Im Zeitraum von 2001 bis 2011 waren es nur noch 45 Prozent. Dies bedeutet, dass in der Dekade eine Million Bürger weniger umgezogen sind als früher. Der Rückgang sei "am signifikantesten bei Umzügen von weniger als zehn Kilometern", sagt Shuttleworth. Also bei Umzügen innerhalb eines Ortes, von Menschen, die eine passendere Bleibe für sich gesucht und gefunden haben. Wohnungsnot und hohe Preise seien Gründe für diesen Rückgang, sagt der Wissenschaftler.

Eine weitere Ursache für das Minus ist der demografische Wandel. Die Gesellschaft wird älter, und ältere Menschen ziehen seltener um. Außerdem sind Arbeitnehmer bereit, längere Entfernungen zu pendeln, auch weil sich Straßen- und Bahnverbindungen verbessert haben.

Reiche aus aller Welt kaufen Luxusimmobilien in London

Dass sich Normalverdiener Wohnraum in und um London nicht leisten können, ist das Ergebnis von Angebot und Nachfrage: Die Metropole lockt Arbeitnehmer aus dem ganzen Königreich an - und dem Ausland. Reiche aus aller Welt investieren zudem gerne in Betongold an der Themse; sie kaufen Luxusimmobilien, die knappen Baugrund besetzen. Dabei werden ohnehin seit Jahren viel zu wenige Wohnungen hochgezogen.

Um Abhilfe zu schaffen, will die konservative Regierung Planungsvorschriften lockern; Kommunen sollen mehr Genehmigungen erteilen. Umstritten ist das Schicksal der Greenbelts. Diese Grüngürtel sind ländliche Regionen rings um Großstädte wie London. Sie sind als grüne Lungen vorgesehen, die Metropolen sollen nicht wuchern. Daher ist es schwierig, eine Erlaubnis für Neubauten zu erhalten. Kritiker fordern aber, wegen der Wohnungsnot den Schutz aufzuweichen. Doch damit würde Premierministerin Theresa May konservative Stammwähler in den wohlhabenden Greenbelt-Dörfern verärgern. Vorerst ändert sich hier also nichts. Die unterste Sprosse der Immobilienleiter wird auch in Zukunft für viele unerreichbar bleiben.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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