Tourismus:Palma de Mallorca verbietet Vermietung via Airbnb

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Den "Ballermann" in Palma de Mallorca gibt es schon lange. Doch erst in Kombination mit Portalen wie AirBnB wurde der Massentourismus auf der Insel zu einer wirklich politischen Frage. (Foto: Getty Images)
  • In Mallorcas Hauptort Palma dürfen Privatwohnungen nicht mehr an Touristen vermietet werden.
  • Airbnb und ähnlich Plattformen werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Mieten in Spaniens Touristenzentren für viele Einheimische zu teuer geworden sind.
  • Die neue Regel in Palma ist eine der bisher striktesten Maßnahmen gegen Massentourismus und seine Folgen wie steigende Mieten, Lärm und Wasserknappheit.

Von Thomas Urban, Madrid

Vor fast einem Jahr wurde es angekündigt, nun wird es wahr: Am Donnerstag wird der Stadtrat von Palma de Mallorca der privaten Vermietung von Wohnungen an Touristen den Riegel vorschieben. Die neue Regel tritt zu Beginn der Hochsaison am 1. Juli in Kraft. Es ist ein gezielter Schlag gegen Internetportale wie Airbnb, die das gesamte Preisgefüge auf dem Wohnungsmarkt ins Wanken gebracht haben.

Damit ist die Stadtregierung von Palma - gebildet aus der Ökopartei MÉS (Mehr für Mallorca), den Sozialisten und der linksalternativen Gruppierung Podemos - nicht nur unter den Touristenorten Spaniens, sondern weltweit Vorreiter geworden. Denn auch in den ebenfalls von Linksgruppierungen regierten Metropolen Madrid und Barcelona werden neue Maßnahmen gegen die unkontrollierte Vermietung von Ferienwohnungen erwogen. Bislang galt nur die Vorschrift, dass lediglich ein Objekt pro Immobilienbesitzer angeboten werden darf. So sollen professionelle Spekulanten, die mehrere Wohnungen kaufen wollen, in ihre Schranken gewiesen werden.

Alteingesessene fliehen aus den Zentren

Das Projekt der 400.000 Einwohner zählenden Balearenmetrople ist seit vergangenem Sommer bekannt, Airbnb und seine Konkurrenten sind also nicht überrascht worden. Die Manager des vor elf Jahren in San Francisco gegründeten Internetportals mussten nun hilflos zur Kenntnis nehmen, dass ihre Kampagne gegen die neue Regelung wirkungslos verpuffte. Zu eindeutig sind die Zahlen, die den Stadtregierungen Sorgen bereiten: Die Mieten in Palma sind im letzten Jahrfünft um die Häfte gestiegen. Es ist nun die teuerste Stadt Spaniens, dicht gefolgt von Barcelona, dem anderen großen Magneten des Massentourismus. Im Zentrum Madrids, das ein anderes Publikum anzieht, nämlich vor allem kulturell interessierte und besserverdienende Schichten, zogen die Mieten um immerhin 40 Prozent an.

Selbstbewusst erklärte Palmas Oberbürgermeister Antoni Noguera (MÉS), dass seine Stadt nun Vorbild für andere Tourismusregionen werden wolle. Ziel sei, das Leben der Einwohner wieder lebenswerter zu machen, zugleich aber den Wohlstand zu erhalten, der durch den Tourismus entstehe. Das neue Konzept will den Billigtouristen verdrängen, es wird aber eine Generationenaufgabe sein, für die sich allmählich auch die bürgerlichen Parteien Spaniens öffnen.

Zwar konnte das Wirtschaftsministerium in Madrid im vergangenen Jahr mit 82 Millionen einen neuen Rekord an Gästen aus dem Ausland vermelden. Doch es wird längst über gravierende Folgen des Ansturms für die Umwelt debattiert. Im langen Sommer des vergangenen Jahres musste in einigen Gegenden Mallorcas Trinkwasser rationiert werden. Auch in den Touristenregionen Andalusiens ist die Wasserversorgung schon lange ein großes Problem.

Die Schritte gegen die private Vermietung von Apartments sollen aber vor allem den Mietmarkt wieder ins Gleichgewicht bringen und den Trend zur Flucht aus den Zentren stoppen. Denn viele alt eingesessene Einwohner können sich die gestiegenen Mieten nicht mehr leisten, kleine Lebensmittelgeschäfte mussten Bars und Boutiquen weichen. In Palma wie auch in Barcelona hat sich die Sozialstruktur ganzer Stadtteile geändert. Gleichzeitig sind den Stadtkassen wegen unzureichender Kontrollen Millionen Euro an Steuereinnahmen entgangen. Hinzu kommt, dass einige Billligtouristen den zurückgebliebenen Einheimischen durch nächtlichen Lärm den Alltag vergällen.

Die Gewerbeaufsicht hatte die Kontrolle verloren

In Palma hatte von 2015 bis 2017 die Zahl der privat vermieteten Ferienquartiere um die Hälfte zugenommen. Im vergangenen Sommer waren es bereits 20.000 der insgesamt 180.000 Wohneinheiten. Sie wurden durchschnittlich acht Monate im Jahr an Touristen vermietet, die Einnahmen waren mitunter für die Besitzer fünfmal höher als Mieten bei langfristigen Verträgen. Die vorgeschriebene Lizenz war aber nur für gerade mal 645 Einheiten beantragt worden. Die Gewerbeaufsicht hatte also völlig die Kontrolle über den Sektor verloren, die Internetportale ignorierten die Aufforderung, nur lizenzierte Wohnungen anzubieten. Daher folgte die Stadt Palma dem Beispiel Barcelonas, wo Airbnb und Homeaway bereits 2016 publikumswirksam je 600.000 Euro Geldbuße wegen nicht genehmigter Maklertätigkeit zahlen mussten. Auch die Wohnungsbesitzer mussten bis zu 40.000 Euro bei professionellen Vermietern zahlen.

Airbnb und TripAdvisor erhielten kürzlich Bußgeldbescheide über je 300.000 Euro, weil sie Vorschriften zur Lizensierung umgangen hatten - eine Kleinigkeit für die Marktführer. Die Neuregelung aber trifft sie ins Mark. Immerhin gelten die neuen Vorschriften nicht flächendeckend: In einigen Randbezirken und Industrieparks dürfen Wohnungen weiterhin an Touristen vermietet werden, auch allein stehende Häuser sind nicht betroffen. Auf dem Stadtgebiet von Palma sind es immerhin noch 23.000.

Die neue Härte der Stadtregierung wird flankiert vom Entwicklungsprogramm der Regionalregierung der Balearen, die ebenfalls öko- und links orientierte Gruppierungen stellen. Auch ihr Programm lautet: Schluss mit dem Massentourismus, der Sozialstruktur und Landschaft zerstört. Letztlich waren es die vielen Touristen, die 2015 dazu führten, dass auf kommunaler wie regionaler Ebene die Konservativen abgewählt wurden. Sie hatten bis dahin auf ungehemmtes Wachstums gesetzt. Nun geben in Palma Bürgerinitiativen mit blumigen Namen wie "Die Stadt für die Bewohner und nicht die Besucher" den Ton an. Ihr Logo zeigt eine kräftige Mallorquinerin in Tracht, die mit einem Stock ein Touristenpärchen mit Rollkoffern und Selfie-Stange verjagt.

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