Geschichte des Hyundai-Konzerns:Alle zwei Tage ein Schiff

Vom Fahrrad aus begann er, Reis zu verkaufen. Er nahm einen Großauftrag für Öltanker an, ohne die dafür nötige Werft zu besitzen. Hyundai-Gründer Chung Ju-Yung liebte die Herausforderung. Beim rasanten Aufstieg seines Unternehmens scheute er auch nicht davor zurück, die Hilfe von Diktatoren anzunehmen. Die Geschichte des Weltkonzerns Hyundai in Bildern.

Von Pia Ratzesberger

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Hyundai Heavy Industries Co. Shipyard Tour

Quelle: Bloomberg

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Vom Fahrrad aus begann er, Reis zu verkaufen. Er nahm einen Großauftrag für Öltanker an, ohne die dafür nötige Werft zu besitzen. Hyundai-Gründer Chung Ju Yung liebte die Herausforderung. Beim rasanten Aufstieg seines Unternehmens scheute er auch nicht davor zurück, die Hilfe von Diktatoren anzunehmen. Die Geschichte des Weltkonzerns Hyundai in Bildern.

In einem ehemaligen Fischerdorf verbirgt sich der Motor der südkoreanischen Wirtschaft. Gleich drei Weltrekorde werden hier gebrochen: Denn in der Hafenstadt Ulsan befindet sich die größte Raffinerie, die größte Werft und die größte Automobilfabrik der Erde. Die Anlagen sind Symbol für die enorme Wirtschaftskraft des Landes und seine rasante Entwicklung.

Hyundai Heavy Industries Co. Shipyard Tour

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Früher gehörten Kfz-Produktion und Werft in Ulsan einmal zusammen, mittlerweile ist der Konzern aufgeteilt. Der Schiffsbau ist nun Teil von Hyundai Heavy Industries und war im vergangenen Jahr für neun Milliarden Dollar der insgesamt 59 Milliarden Dollar Umsatz des Gesamtkonzerns verantwortlich. Inklusive Lieferanten waren 2011 täglich 20.000 Mitarbeiter damit beschäftigt, Schiffe für Auftraggeber aus aller Welt zu bauen - in Deutschland arbeiten in allen Werften zusammen gerade einmal 16.000 Menschen. Jeden zweiten Tag schleusen die Koreaner ein fertiges Schiff durch die Tore. "Wenn es uns gut geht, geht es auch dem Land gut", lautet das Motto.

Hyundai Heavy Industries Co. Shipyard Tour

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Südkorea ist eines der wenigen Länder, dem es gelungen ist, vom früheren Entwicklungshilfeempfänger zum Geber zu aufzusteigen. In den sechziger Jahren gehörte das Land noch zu den ärmsten der Erde: Nach dem Koreakrieg blieb der Süden landwirtschaftlich geprägt und in seiner Entwicklung stehen. In dieser Zeit putschte sich General Park Chung Hee an die Macht, errichtete eine Militärdiktatur und brachte die gesamte Wirtschaft unter seine Staatsgewalt. Heute meinen viele Südkoreaner, dass Korea ohne die Zeit der staatlichen Kontrolle unter Park später nie zu einer der reichsten Volkswirtschaften aufgestiegen wäre.

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Während der Diktatur Parks legte Hyundai-Gründer Chung Ju Yung den Grundstein für den späteren Welterfolg seines Unternehmens. Der Sohn eines Reisbauern trug die Unterdrückungskultur Parks mit, gehörte zum ausgewählten Kreis von Industriellen, die sich um den Militärdiktator scharten. Ursprünglich stammte der spätere Hyundai-Chef aus dem Norden Koreas, floh aber nach Seoul und fing dort in den dreißiger Jahren an, vom Fahrrad aus Reis zu verkaufen. Nach einiger Zeit eröffnete Chung eine Autowerkstatt, die bereits den Namen seines späteren Weltunternehmens trug: "Hyundai" heißt im Koreanischen so viel wie "Moderne". Schon in der kleinen Werkstatt führte der Gründer ein strenges Regiment. Er verlangte von seinen Mitarbeitern, Reparaturen, für die andere sechs Tage einplanten, in sechs Stunden zu erledigen.

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1947 gründete Chung schließlich ein Bauunternehmen, nach dem Koreakrieg füllten sich dessen Auftragsbücher mit Wiederaufbau-Arbeiten. Doch erst durch die Unterstützung des Diktatoren Park in den sechziger Jahren entwickelte sich Hyundai zu einem international tätigen Konzern. Chung wurden von der Führungsriege immer größere Aufträge zugeschachert. In ganz Südkorea kaufte er Ländereien auf.

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Doch damit begnügte sich Chung noch lange nicht: Die erste Autobahn quer durch das Land, von Seoul nach Pusan, war auch ein Werk des Hyundai-Chefs. In den Siebzigern nahm er dann eine Öltanker-Bestellung von einer großen griechischen Firma an, ohne überhaupt die dafür nötige Werft zu besitzen: Erst dann begann er, in Ulsan die heute größte Werft der Welt zu konstruieren.

Irgendwann baute Hyundai nicht mehr nur Autos, Straßen und Elektrogeräte, sondern auch Möbel, Apartments und Maschinen. Chung ließ Hyundai zum größten Mischkonzern Südkoreas aufsteigen - mit Hilfe eines rigorosen Führungsstils: Unliebsame Gewerkschafter wurden niedergeknüppelt.

FILE PHOTO OF HYUNDAI GROUP FOUNDER CHUNG JU-YOUNG IN SEOUL

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Erst die Wirtschaftskrise Ende der neunziger Jahre traf den Betrieb Hyundai hart. Denn Südkorea war von der Krise - die von Thailand aus auf mehrere asiatische Staaten übersprang und den Wirtschaftsboom erstickte - mit am stärksten betroffen. 14 der 30 größten Konglomerate gingen unter, Hyundai entkam diesem Schicksal nur durch einen Umbau. Zu dieser Zeit hatte sich der Familienpatriarch Chung Ju Yung (Foto) zwar bereits aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, behielt sich bei wichtigen Entscheidungen aber das letzte Wort vor. Er veranlasste, dass mehrere Gesellschaften aus dem Konzern ausgegliedert wurden: Unter anderem die Hyundai Heavy Industries Gruppe mit dem Schiffsbau.

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Seit mehr als zehn Jahren ist die Hyundai Heavy Industries Gruppe eigenständig. Neben dem Schiffsbau gehören auch Strom, Öl, Gas und Stahl zu den Sparten des Konzerns. Auf der Werft in Ulsan werden mittlerweile nicht mehr nur Containerschiffe gebaut, sondern auch viele Spezialschiffe. 73 Prozent der Neubestellungen waren im vergangenen Jahr Aufträge für spezialisierte Schiffe, zum Beispiel solche für Ölbohrungen.

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Mittlerweile stehen Hyundai Heavy Industries die zwei CEOs Lee Jai-Seong und Kim Oi-hyun vor. Dabei hatte Hyundai-Gründer Chung immer davon geträumt, bis zum Alter von 120 zu arbeiten. Diesen Wunsch konnte sich der Unternehmer nicht mehr erfüllen, er verstarb 2001.

Hyundai gehört auch heute noch zu den wichtigsten Konglomeraten Südkoreas, den sogenannten "Chaebol". Für das ehemalige Fischerdorf Ulsan ist Hyundai zudem noch immer der wichtigste Job-Garant: Ungefähr die Hälfte aller Einwohner des Hafenstädtchens arbeitet direkt oder indirekt bei Hyundai.

© Süddeutsche.de/ratz
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