Gerichtsstreit um Chelsea-Boss Abramowitsch:Beim Geld hört die Oligarchen-Freundschaft auf

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Es geht um Yachten, Tschetschenen-Gangs und Milliardendeals auf Helikopter-Landeplätzen: Boris Beresowskij fühlt sich von Roman Abramowitsch als "Melkkuh" missbraucht und will Milliarden Schadenersatz vom Chelsea-Besitzer. Der wiederum wirft seinem einstigen Förderer Schutzgelderpressung vor. Vor einem Londoner Gericht treffen die ehemaligen Freunde aufeinander.

Alexander Hagelüken

Einst waren sie Geschäftspartner, Weggefährten, sogar Freunde. Jetzt treffen sie sich in einem Londoner Gerichtssaal und erzählen über den anderen möglichst viel Schlechtes. Es geht ja auch um viel Geld zwischen Boris Beresowskij, 65, und seinem Ex-Freund Roman Abramowitsch, 45, schwerreicher Eigentümer des Londoner Fußballklubs Chelsea. Wenn zwei russische Oligarchen streiten, stehen schon mal 3,7 Milliarden Euro Schadenersatz auf dem Spiel. So viel fordert der Ältere vom Jüngeren. Doch der versucht sich jetzt in einem spektakulären Manöver allen Ansprüchen zu entziehen.

Einst gute Freunde, jetzt verfeindet: Boris Beresowskij (links) und Roman Abramowitsch. (Foto: AP (Archivbild aus dem Jahr 2000))

An diesem Montag muss sich Abramowitsch, der große Schweiger, erstmals vor Gericht äußern. Abramowitsch hasst solche Öffentlichkeit, gibt keine Interviews. Nun muss er reden. Und wie er auspackt. Die Londoner Times veröffentlicht Details aus seiner 98-seitigen Zeugenaussage. In der versucht er den Eindruck zu erwecken, dass alles ganz anders war, als es sein früherer Förderer darstellt. Beresowskij hatte Mitte der neunziger Jahre bereits viel Geld mit Autos, Öl und Medien verdient, als er dem Aufsteiger Abramowitsch die Türen zur russischen Regierung öffnete, ohne die nichts geht im östlichen Riesenreich.

Als Beresowskij beim heutigen Premier Wladimir Putin in Ungnade fiel und nach London floh, soll ihn Abramowitsch um seine Anteile am Ölkonzern Sibneft und am Aluminiumhersteller Rusal gebracht haben. Der Ältere fühlt sich vom Jüngeren betrogen - und will Schadenersatz. War alles ganz anders, behauptet Abramowitsch jetzt.

Als Cash cow (Melkkuh) habe ihn der Ältere missbraucht. 2,5 Milliarden Dollar will der Fussballfan seinem vermeintlichen Förderer über die Jahre gezahlt haben, für dessen verschwenderischen Lebensstil mit Yachten, Villen in Südfrankreich und Freundinnen mit entsprechenden Kreditkartenabrechnungen. Abramowitsch will sich erpresst gefühlt haben, weil der andere Oligarch Beziehungen aller Art gehabt habe, etwa zu kriminellen Tschetschenen-Gangs. Deshalb habe er kryscha gezahlt, russisch für Schutzgeld - selbst nachdem Beresowskij bereits nach London geflüchtet war. Abramowitsch schildert, wie er im Januar 2001 per Helikopter ins französische Skiparadies Megeve einschwebte. Direkt auf dem Helikopter-Landeplatz habe er dem einstigen Gönner dort eine Milliarde Dollar versprochen - damit der ihn endlich in Ruhe ließ.

Der ältere Oligarch sei brilliant gewesen, aber völlig unbeständig und größenwahnsinnig. Obwohl ihre Geschäftsbeziehung vorüber gewesen sei, habe Beresowskij immer noch Geld verlangt. Jetzt habe der Ältere, der nie Eigner der umstrittenen Öl- und Aluminiumfirmen gewesen sei, keine gerechtfertigten Ansprüche mehr an ihn, der reich geworden sei durch harte Arbeit und seine Bereitschaft zum Risiko.

Ich habe keine Verpflichtung, seinen Lebensstil zu finanzieren oder seine fantastischen Forderungen zu erfüllen", erklärt Abramowitsch laut Zeugenaussage. Mal sehen, was die Staranwälte seines Konkurrenten in den Befragungen der nächsten Tage daraus machen.

Die Fortüne der beiden Oligarchen hat sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt. Von seinen Geschäften in Russland abgeschnitten, soll Beresowskij nur noch ein Vermögen von knapp 500 Millionen Dollar haben. Anders Abramowitsch, der einst sein Geld mit Gummi-Enten verdiente. Spätestens nach dem Verkauf der beiden umstrittenen Firmen war Abramowitsch schwerreich. Heute wird sein Vermögen auf 13 Milliarden Dollar geschätzt. Beresowskijs Anwälte bleiben am Ball. Sie erklärten am Wochenende bereits, ihr Klient sei niemals als bezahlter Beschützer aufgetreten - und Verbindungen zum Verbrechen habe er sowieso nicht.

© SZ vom 31.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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