Flughäfen:Profit auf Kosten der Sicherheit

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Kein Wunder, dass sich die deutsche Polizei seit Jahren gegen den Trend der Gewinnmaximierung auf Kosten der Sicherheit wehrt. (Foto: dpa)

Nach dem Schock von 9/11 hat auch Deutschland Gesetze verschärft. Zugleich gibt der Staat die innere Sicherheit aus der Hand. Neben Polizisten kontrollieren private Wachleute Kasernen und Flughäfen. Das ist gefährlich.

Kommentar von Joachim Käppner

Burkhard Hirsch, der alte FDP-Linke, hat einmal gespottet, ausgerechnet die Liberalen seien die letzten Marxisten. Wie diese wollten sie nämlich den Staat abschaffen. Das war ein feinsinniger Scherz: Denn der Staat sei nach Überwindung des Klassengegensatzes überflüssig, hatten Marx und Engels postuliert.

Der Neoliberalismus sieht den Staat dagegen als Hemmschuh für das freie Spiel der Marktkräfte, also lautet die Devise: je weniger Staat, desto besser. Er solle sich auf seine Kernaufgaben beschränken, wobei zu fragen wäre, was die eigentlich genau sind, denn selbst in Armee, Polizei, Strafvollzug gebe es ja erhebliches Privatisierungspotenzial.

Nun sind die Liberalen politisch weg vom Fenster, ihre Ideen aber sind es keineswegs. In der inneren Sicherheit, eigentlich eine Kernaufgabe des Staates, sind seit Jahren viel zu viele Tätigkeiten privatisiert worden. Das fängt bei kuriosen Fällen an, wenn private Wachleute Kasernen der Bundeswehr sichern.

Schlecht geschult? Nicht die Schuld des Personals!

Es führt über die wachsende Zahl der Security-Mitarbeiter, sie hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt, und in Heime, wo Wachleute Flüchtlinge schikanieren. Und es endet in Hochsicherheitsbereichen wie der Passagierkontrolle am Airport.

An Deutschlands größtem internationalen Flughafen, in Frankfurt, ist es verdeckten Überprüfern der EU offenbar bei jedem zweiten Versuch gelungen, Waffen oder gefährliche Gegenstände durch die Kontrolle zu schmuggeln. Der Grund, so heißt es jetzt: schlecht geschultes Personal. Das ist weniger die Schuld dieses Personals selbst als jener Firmen, die offenkundig schlampig ausbilden und mies bezahlen.

Zur Erinnerung: Die Terroristen, die am 11. September 2001 Flugzeuge in die Twin Towers in New York rasen ließen, waren exakt so durch die laschen Kontrollen gekommen - mit Teppichmessern und anderen Alltagsgeräten, die sich als improvisierte Waffe nutzen lassen.

Polizei wehrt sich gegen Trend zur Gewinnmaximierung

Das ist schon kurios: Nach dem Schock von 9/11 hat auch der deutsche Staat massiv Vorschriften und Gesetze verschärft, neue Datensammlungen angelegt und Tausende Soldaten in ferne Weltgegenden geschickt. Wie sinnvoll das alles war, ist eine andere Frage. Aber am Sicherheitsbereich von Flughäfen gilt so viel Aufmerksamkeit nicht, herrscht offenbar eine Mentalität des Outsourcing und Lohndumpings - mit erwartbaren Folgen.

Natürlich kann und soll die Polizei nicht überall sein, natürlich gibt es auch seriöse Sicherheitsfirmen. Aber Luftsicherheit ist etwas anderes als der Werkschutz oder das Bewachen von Rockkonzerten, nämlich ein hoheitlicher Bereich. Oder besser: Sie war es einmal.

Kein Wunder, dass sich die deutsche Polizei seit Jahren gegen den Trend der Gewinnmaximierung auf Kosten der Sicherheit wehrt, wenn auch oft vergeblich. Die Sicherheitslücke, die sich an Airports auftut, ist auch nicht einfach mit Hightech wie Körperscannern zu schließen, wie jetzt manche fordern. Jede Technik ist nur so gut wie das Personal, das sie bedient.

© SZ vom 23.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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