Finanznot bei Porsche:In der Falle

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Mit Zockereien hat Porsche riesige Gewinne gemacht. Doch jetzt wird es brenzlig: Die Geschäfte mit den Banken gehen in die zweite Runde - doch jetzt sitzen die Kreditinstitute am Drücker.

Markus Zydra

Im Frühjahr 2008 machte Porsche-Finanzvorstand Holger Härter die Runde bei den Banken. Der Plan: Er wollte sich etwa 24 Prozent der Stammaktien an Volkswagen sichern, ohne dass es die Finanzwelt draußen merkt. 51 Prozent an dem viel größeren Konkurrenten hielt der Zuffenhausener Sportwagenhersteller ja schon. Für die Übernahme des letzten Viertels der Anteile brauchte Härter eine Strohmannkonstruktion, bei der die Kreditinstitute helfen konnten.

Porsche steckt in einer Options-Falle. Das Dilemma, dargestellt am Kurs der VW-Stammaktie. (Für die große Darstellung der Grafik auf das Bild klicken.) (Foto: Grafik: SZ)

Die Wette ging nicht auf

Deshalb kauften Banken die benötigten VW-Aktien still und leise, in kleinen Portionen, bis die 24 Prozent beisammen waren. Gleichzeitig schlossen sie mit Porsche einen Vertrag ab: Porsche erhält darin das Recht, die Aktien von den Banken zu kaufen - zu einem fixierten Preis und späteren Termin. Call-Option nennt man dies im Finanz-Englisch. Rund neun Milliarden Euro hätte das gekostet.

Wo diese Summe herkommen sollte, war auch schon abgemacht. VW sollte es bezahlen. Porsche wettete darauf, dass die EU das per Klage kippen werde, das Niedersachsen mit seinen 20 Prozent eine Sperrminorität sichert. Ohne VW-Gesetz könnte Porsche einen Gewinnabführungsvertrag bei VW durchsetzen. Porsche hätte Zugriff auf die milliardenschwere Kasse gehabt. Doch die Wette geht nicht auf, die EU-Kommission verhält sich ruhig, und Härter sitzt in der Falle. Wie teuer dies Porsche zu stehen kommt, darüber wird gerätselt, denn die Optionsverträge liegen der Öffentlichkeit nicht vor.

Christian Breitsprecher hat das keine Ruhe gelassen. Der Automobilexperte der Privatbank Sal. Oppenheim begann, die Geschäftsberichte von Porsche zu wälzen und aus den Zahlenkolonnen den Inhalt der Optionen zu destillieren. "Der im Vertrag fixierte Kaufpreis dürfte 130 Euro je VW-Aktie betragen", berechnete er. Da Porsche das Geld nicht hat, verzichtet der Konzern auf den Kauf. Und hier beginnt das Problem, denn das Optionsgeschäft mit den Banken geht in die zweite Runde.

Schneller Preisverfall möglich

Jetzt sitzen die Kreditinstitute am Drücker und entscheiden darüber, wie hoch der Verlust für Porsche ausfällt. "Die Banken haben als Absicherung Put-Optionen von Porsche gekauft", vermutet Breitsprecher. Die Put-Option gibt den Banken das Recht, die gekauften VW-Aktien an Porsche zu verkaufen, und zwar ebenfalls für 130 Euro. Das Gegengeschäft diente der Absicherung der Bank. Wenn Porsche die Aktien nicht übernehmen würde, so das Kalkül damals, blieben die Banken auf den VW-Aktien sitzen, die sie nicht wollen und nur für den Sportwagenbauer gekauft haben. Dieser Fall ist nun eingetreten.

Die Put-Option ist als Barausgleich geregelt. Das heißt, die Bank verkauft die VW-Aktien an der Börse, und der entstehende Verlust wird an Porsche durchgereicht. Konkret bedeutet das: Derzeit notiert die VW-Stammaktie bei 210 Euro. Fangen die Banken an, VW-Aktien an der Börse zu verkaufen, dann sinkt der Preis. Für Porsche beginnt der Verlust in dem Moment, da der Erlös im Schnitt unter 130 Euro je VW-Aktie fällt. Man hat sich via Put-Option verpflichtet, genau diesen Preis an die Banken zu bezahlen. Der Preisverfall könnte schnell eintreten. Die VW-Vorzugsaktien notieren bei knapp 50 Euro, so wird auch der realistische Wert für die stimmberechtigten VW-Stammaktien geschätzt.

Der höhere Preis der Stammaktien erklärt sich dadurch, dass Porsche und die Banken mit ihren Käufen das Angebot verknappt haben. Diese Verknappung wird aufgelöst, wenn die 24 Prozent wieder im Markt sind. "Ich schätze, dass die VW-Papiere zu je 80 Euro im Schnitt verkauft werden", sagt Breitsprecher. Das wären 50 Euro Verlust je Aktie. Dann müsste Porsche den Banken 3,5 Milliarden Euro überweisen. "Aus dieser Falle gibt es keinen leichten Weg heraus", sagt Breitsprecher. "Deshalb brummt es bei Porsche so gewaltig."

© SZ vom 30.05.2009/lauc/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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