Audi-Hauptversammlung:Konfrontation der Auto-Männer

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Ferdinand Piëch nutzt die Hauptversammlung der VW-Tochter Audi, um seine Widersacher Wendelin Wiedeking und Holger Härter erneut zu düpieren.

Michael Kuntz

Es ist der Tag der starken Männer und der schnellen Autos. Kurz vor Beginn der 120. Hauptversammlung von Audi im gläsernen Forum in Neckarsulm tut Ferdinand Piëch so, als müsse er aufschreiben, was ihm durch den Kopf geht.

Ferdinand Piëch hat die Verhältnisse wieder geradegerückt. (Foto: Foto: AP)

An seinem Platz auf dem Podium des Aufsichtsrates schaut er nicht mal auf, als die beiden Männer bei ihm vorbeikommen, die den Milliardär erst noch reicher und zuletzt wohl ein Stück ärmer gemacht haben. Holger Härter galt bis vor kurzem als der geniale Stratege, der als Finanzchef von Porsche beim Kauf der Aktienmehrheit an VW die feingesponnenen Fäden zog. Er geht auf Piëch zu, der würdigt ihn keines Blickes. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking strebt gleich an Piëch vorbei, der hinter Kaffeekanne, Apfelsaft und zwei Flaschen Mineralwasser ungerührt Notizen macht.

Es ist die erste öffentliche Begegnung seit Montagabend, als der Unternehmer Piëch im kleinen Küstenort Porto Cervo auf Sardinien die beiden angestellten Manager verbal gerichtet hat, die mächtiger sein wollten als er selbst. Auf der Mittelmeerinsel hat Piëch die Verhältnisse wieder geradegerückt.

Stille Abenteurer

Nicht Porsche übernimmt VW, nun gehen der kleine Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen und der Weltkonzern aus Wolfsburg zusammen. So heißt es offiziell nach den beiden Krisensitzungen der Familien Porsche und Piëch in Salzburg, wo nach einem Ausweg aus der Schuldenfalle von Porsche gesucht wurde. Bekanntlich hatten die vorher von Härter und Wiedeking düpierten Banken kräftig auf die Bremse getreten, und nun soll ein Milliarden-Airbag von VW die Firma Porsche retten.

Das Schicksal von Wiedeking und Härter liegt wohl in den Händen von Wolfgang Porsche. Der neben Piëch zweite starke Mann im Clan der Familien sitzt in Neckarsulm zwar in der ersten Reihe, aber im Publikum und nicht auf dem Podium. Er hatte sich vor einem Jahr nicht in den Audi-Aufsichtsrat wählen lassen.

Die Abenteurer des vorigen Jahres, Wiedeking und Härter, sitzen unter dem Schriftzug "Audi - Vorsprung durch Technik" und klappen jeweils ein Notebook auf, als müssten sie noch mal nach ihren Optionsgeschäften schauen. Von denen laufen möglicherweise noch mehr, als allen Beteiligten lieb sein kann. Wiedeking war an Piëch vorbei in den Händedruck eines weiteren starken Manns geflüchtet: Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall. Der ist auch von Piëch als Allererster und freudig begrüßt worden.

VW-Aufsichtsrat als Machtzentrale

Der Gewerkschafter Huber spielt eine wichtige Rolle in dem neuen Arbeitsausschuss, der abwechselnd in Stuttgart, Wolfsburg und Hannover tagt. In vier Wochen soll der etwas stemmen, was nicht einfach sein dürfte: Porsche von neun Milliarden Euro Schulden befreien und dann unter das Dach von VW schieben, wo fast elf Milliarden Euro Bares in der Kasse sind.

Entschieden wird das freilich nicht mehr im Familienrat, das Sagen hat nun der VW-Aufsichtsrat. Da ist Piëch zwar der Vorsitzende, doch einer neuen Unternehmenssatzung müssen das Land Niedersachsen als zweiter Großaktionär und die Vertreter der Arbeitnehmer zustimmen. Sie wollen nur mitmachen, wenn ihr im umstrittenen VW-Gesetz garantierter Einfluss erhalten bleibt. Das sind alles gute Gründe, nett zu sein zu Berthold Huber. Er wird auch mitzureden haben bei der Besetzung der neuen Führung und damit darüber, wer den Machtkampf um Volkswagen letztlich für sich entscheidet.

Chancen auf den Chefposten hat Wiedeking wohl keine, ließ Piëch auf Sardinien durchblicken. Unter dem Beifall der Betriebsräte könnte das eher VW-Konzernchef Martin Winterkorn, 61, werden. Der fungiert an diesem Morgen als Vorsitzender des Audi-Aufsichtsrates. Als wäre nichts, schreitet er wie immer vor Hauptversammlungen das Spalier aus acht Autos vor der Halle ab und tut so, als sehe er zum ersten Mal ein weißes Lamborghini-Cabrio. Am roten TT-Coupe prüft der aus Leonberg stammende Maschinenbau-Professor, ob die Fahrertür so ins Schloss fällt, wie sie soll.

Der wesentlich jüngere Audi-Chef Rupert Stadler, 46, hält eine Rede mit allen guten Nachrichten, die seine Leute in den vergangenen zwei Wochen schon verbreitet hatten: Audi mit deutlich positivem operativem Ergebnis im ersten Quartal. Audi baut Marktführerschaft in Westeuropa klar aus.

Stadler wird als möglicher jugendlicher Chef des großen Ganzen gehandelt. Er erzeugt jedenfalls schon mal ein Blitzlichtgewitter neben dem martialisch bemalten Audi R8 LMS, in der Ausstellungshalle, wo die 500 Aktionäre zum Mittagsbuffet pilgern. Dort gibt es das schwäbisches Linsengericht mit hausgemachten Spätzle, Saitenwürschtle und gekochtem Bauch.

© SZ vom 14.05.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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