Europas Banken in der Krise:Risikobeladen und verzichtbar

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Um die Mehrzahl der europäischen Banken steht es schlecht - und drei Jahre nach dem spektakulären Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers ist die quälende Frage wieder da: Müssen strauchelnde Banken vom Staat gerettet werden? Tatsache ist, dass die Wirtschaft längst nicht alle Banken braucht, die es gibt.

Catherine Hoffmann

Die Börse lässt es ahnen: Um die Mehrzahl der europäischen Banken steht es schlecht. Um einige Finanzhäuser steht es sogar so schlecht, dass die Aktionäre offenkundig jede Hoffnung haben fahren lassen, dass die Unternehmen jemals wieder gesunden. Das gilt leider auch für die Commerzbank, aber beileibe nicht für sie allein.

Die Frankfurter Skyline  - rechts der Commerzbank Tower: Um die Mehrzahl der europäischen Banken steht es schlecht - das gilt auch für die Commerzbank, aber beileibe nicht für sie allein. (Foto: REUTERS)

Drei Jahre nach dem spektakulären Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers ist sie wieder da, die quälende Frage: Müssen strauchelnde Banken vom Staat gerettet werden? Oder sollten die Regierungen im Fall der Fälle Problembanken nicht besser pleitegehen lassen?

Das argumentative Feld ist unübersichtlich zwischen Populisten und Verniedlichern. Die Demonstranten vor den Geldhäusern sehen in der Macht der Banker die Wurzel allen Übels, von der sozialen Ungerechtigkeit bis zur Euro-Krise. Sie würden sie lieber heute als morgen abschaffen. So mancher Lobbyist hält die schlingernden Geldinstitute dagegen vor allem für Opfer politischer Fehlentscheidungen und warnt for den konjunkturellen Folgen einer Kreditklemme, die sich einstellt, wenn die Banken ihren Job nicht mehr erfüllen.

Wer genau hinschaut, erkennt aber schnell: Das Bankensystem ist längst zur Last geworden für die sogenannte Realwirtschaft, also die vielen Unternehmer und Privatleute, die investieren und sparen wollen. Viele Kreditinstitute erfüllen längst nicht mehr ihre ureigene Aufgabe, nämlich die Unternehmen zu finanzieren und so die Wirtschaft am Laufen zu halten. Und das hat einen einfachen Grund: Es ist für sie nicht mehr profitabel, weil sich ihre Kunden - insbesondere große Unternehmen - inzwischen am Kapitalmarkt günstiger Geld beschaffen können als die Banken selbst, denen Anleger nur noch Geld leihen, wenn sie dafür solide Sicherheiten bekommen. Zudem leidet das traditionelle Brot-und-Butter-Geschäft der Banken unter dem gewaltigen Kostenapparat, den viele Institute aufgebaut haben.

Bitte auf eigenes Risiko

Als Ausweg aus der Zwickmühle haben etliche Häuser das Investmentbanking entdeckt - inklusive Eigenhandel. Hier locken hohe Erträge, aber auch gewaltige Risiken. Berüchtigstes Beispiel sind die deutschen Landesbanken: Statt die regionale Wirtschaft zu fördern, haben sie sich in Spekulationsgeschäfte gestürzt. Die Gewinne hätten sie gern behalten. Die gigantischen Verluste, die tatsächlich aufliefen, haben die Banker dagegen weitergereicht an den Staat. Letztlich musste der Steuerzahler haften, als die Wette auf Subprime-Kredite für einkommensschwache Amerikaner, die sich ein Eigenheim leisten wollten, gründlich schief ging.

Die Altlasten sind längst noch nicht entsorgt, da kommen schon neue Belastungen hinzu. Auf griechische Staatsanleihen wurden Abschreibungen notwendig, dabei sind die maroden Investments in Gewerbeimmobilien und strukturierte Wertpapiere noch nicht vollständig verarbeitet. Längst sind auch andere Staatsanleihen ins Rutschen gekommen. Obendrein trübt die schwache Konjunktur die Ertragsaussichten. Die Politik fordert deshalb mehr Eigenkapital, damit sich die Banken selbst vor einer möglichen Pleite bewahren. Doch die Anleger werden sich weigern, allen Banken die nötigen Extra-Milliarden zuzuschanzen.

Warum aber sollte der Staat Geldhäuser auffangen, denen der Markt keine Chance mehr gibt? Die Regierungen sollten sich weigern, notleidende Banken und damit ihre Aktionäre und Kreditgeber aufzufangen. Wer es nicht aus eigener Kraft schafft, wird verstaatlicht. Die Banker müssen die Risiken ihrer Geschäfte endlich wieder selbst tragen. Dann haben sich Eigenkapitalrenditen von 20 Prozent und mehr bald erledigt. Und das Bankensystem schrumpft auf eine Größe, die der Realwirtschaft angemessen ist. Wer spekulieren will, darf dies tun, aber bitte auf eigenes Risiko.

© SZ vom 24.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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