Energiekonzerne:Aus drei mach eins

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Mit Vattenfall, Eon und EnBW wollen erstmals Stromkonzerne ihre Netze aufeinander abstimmen und Energie einsparen. Konkurrent RWE gerät ins Abseits.

Michael Bauchmüller

Mit dem Strom in Deutschland ist es ein bisschen so wie mit vier großen Badewannen. Jede der Badewannen muss immer gleich voll sein, und die Temperatur in jeder einzelnen muss immer exakt dieselbe sein. Beim Strom sorgen dafür die vier großen Konzerne RWE, Eon, EnBW und Vattenfall Europe, in ihren jeweiligen "Regelzonen".

Eon, Vattenfall und EnBW wollen ihre Stromnetze aufeinander abstimmen - und somit Geld sparen. (Foto: Foto: dpa)

Um im Bild zu bleiben: Dann drehen sie wahlweise den Hahn auf oder öffnen den Gulli, ganz unabhängig, jeder für sich. Die Folgen sind mitunter skurril. Während der eine ablässt, füllt der andere zu, ohne dass sich beide miteinander abstimmen. Und genau das soll sich jetzt ändern.

In der Welt der Elektrizität sind es die Reservekraftwerke, die ständig bereitstehen müssen. Steigt der Verbrauch sprunghaft an, dann müssen sie rasch mehr Strom einspeisen. Fällt der Verbrauch wieder, wird auch das Kraftwerk heruntergefahren. Ob in der benachbarten Regelzone dieser Strom gerade gebraucht würde, erfahren sie nicht. Die Netze sind abgeschottet, zumindest bisher.

Sinkender Aufwand

Eon, Vattenfall und EnBW werden ihre Netze nun miteinander abstimmen, und zwar vom 21. Dezember an. "Wir wollen so 95 Prozent des Gegeneinanderregelns vermeiden", sagte Stefan Dohler, Chef der ostdeutschen Netzgesellschaft Vattenfall Europe Transmission, am Montag in Berlin. Künftig würden die Rechner der Netzfirmen "in Echtzeit" verknüpft.

"Das bringt einen hohen zweistelligen Millionenbetrag", so Dohler. Der sinkende Aufwand schlage dann über die Netzentgelte auch auf den Strompreis durch. Große Ersparnisse, warnt Dohler, sollten sich Verbraucher davon aber nicht versprechen. Schließlich wachse parallel der Aufwand zur Einspeisung erneuerbarer Energien - der sich aber mit mehr Absprache auch effizienter bewerkstelligen ließe. "Wir sind überzeugt davon, dass diese optimierte Koordination der Regelzonen die beste und vernünftigste Lösung für die Zukunft der deutschen Übertragungsnetze ist", sagt Dohler. "Wir laden auch RWE ein mitzumachen."

Doch Netzfragen sind Machtfragen. Die überraschende Initiative der drei dürfte zunächst einmal der Abwehr des vierten gelten. RWE, ausgestattet mit dem größten deutschen Stromnetz, plant seit längerem eine freundliche Übernahme der Netz-Verantwortung. Die RWE-Netzwarte in Brauweiler bei Köln sei dazu bestens ausgestattet, könne also zentral das gesamte Netz steuern - ohne unsinnige Reserven für die Regelenergie. Das Konzept von RWE heißt deshalb: eine Regelzone für ganz Deutschland.

"Keine Schlacht der Systeme"

Einstweilen hält sich der Konzern daher aus der Dreier-Allianz heraus. "Wir wollen keine Schlacht der Systeme", heißt es bei der RWE-Netzsparte. "Wir wollen erst einmal wissen, welche Lösung die Bundesnetzagentur präferiert." Die aber hält sich alle Optionen offen. Weitergehende Überlegungen seien "keineswegs obsolet", bekundete Behördenchef Matthias Kurth am Montag, "ebenso wenig wie die Diskussion um eine gemeinsame deutsche Netzgesellschaft."

Die Branche ist gespalten. Eon fordert zwar vehement eine solche Gesellschaft, will diese aber als "Deutsche Netz AG" von den Stromkonzernen loslösen. Aber eine Führung des Netzes durch den Erzrivalen RWE? - Unvorstellbar. EnBW wiederum will um keinen Preis den Einfluss auf das eigene Netz verlieren, ebenso wenig das Eigentum. Schließlich wären die Baden-Württemberger in einer Netzgesellschaft bestenfalls der Juniorpartner. Und das gefällt dem EnBW-Management gar nicht.

Dagegen steht Vattenfall kurz vor Verkaufsverhandlungen für sein Stromnetz, der Vorstand engt den Kreis der Interessenten gerade ein. Weiter als bis zur losen Kooperation will das Unternehmen nicht gehen. Es könnte den Erlös drücken, müsste ein künftiger Eigentümer um Einfluss bangen. "So aber schlagen wir keine Tür zu", sagt Dohler. Immerhin: Wenigstens hat sich mal eine geöffnet.

© SZ vom 28.10.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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