Ende der Rezession:"Abwärts im Fahrstuhl, aufwärts per Rolltreppe"

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Nach vier Minus-Quartalen in Folge sendet die deutsche Wirtschaft wieder zaghafte Wachstums-Signale. Doch Fachleute warnen: Die Krise sei noch lange nicht überstanden.

Es waren nur zwei Ziffern, doch sie weckten große Hoffnungen: Um 0,3 Prozent ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal des Jahres gewachsen. Damit ist, rechnerisch gesehen, die schwerste Rezession seit 80 Jahren beendet.

Container am Hamburger Hafen: Experten warnen nach dem Ende der Rezession vor großer Euphorie. (Foto: Foto: AP)

Die Realität jedoch ist düsterer, als es die Zahlen des Statistischen Bundesamts glauben machen wollen. Denn Konjunkturforscher sind sich einig: Zwar sei der steile Absturz der Weltwirtschaft gestoppt, doch Anzeichen für einen neuen, nachhaltigen Aufschwung gebe es nicht, sagte Dennis Snower, der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft: "Die deutsche Wirtschaft wird so schnell nicht zu alter Stärke und den alten Wachstumsraten zurückfinden."

Der Volkswirt Wolfgang Franz, Vorsitzender des Sachverständigenrats der Bundesregierung, sagte der Bild-Zeitung: "Wir sind mit dem Fahrstuhl im Keller angekommen, jetzt geht es mit der Rolltreppe ganz langsam nach oben." Die Rezession sei noch nicht überstanden.

Mit kleinen Schritten aus dem Tal

Für dieses Jahr erwartet Franz ein Minuswachstum von 5,5 Prozent. Damit liegt die Prognose des Wirtschaftsfachmanns unter den Schätzungen der Bundesregierung, die für das laufende Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent ausgeht.

Doch selbst wenn dieses Negativwachstum nicht ganz so hoch ausfallen sollte: Die Konsequenzen, für allem für den Arbeitsmarkt, seien erheblich, sagte Konjunkturforscher Franz. "Das hat schlimme Folgen für den Arbeitsmarkt: Zur Jahreswende wird die Vier-Millionen-Marke gerissen, 2010 bleiben wir aber unter fünf Millionen", sagte er dem Blatt.

Auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, erklärte, es sei noch zu früh, um von einer Erholung zu sprechen. "Wir bewegen uns aus dem Tal nur mit kleinen Schritten heraus. Der Mini-Aufschwung ist geborgt mit staatlichen Programmen wie der Abwrackprämie, die alle auslaufen", warnte er.

Selbst die Bundeskanzlerin warnt vor zu großer Euphorie. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes seien zwar "ein ganz kleines Pflänzchen von Hoffnung", sagte Angela Merkel (CDU). "Das bedeutet, dass wir nicht aus der Krise sind, nur weil es das erste Mal ein bisschen hochgeht."

Insgesamt werde die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um etwa sechs Prozent sinken, sagte die Kanzlerin. Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist vorsichtig. Wie es auf den Finanzmärkten weitergehe, sei "sehr schwer einzuschätzen", sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Optimistischer ist Jürgen Stark, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank. "In der Tat gibt es aktuell einige Zeichen der Stabilisierung der wirtschaftlichen Aktivität", sagte Stark der Börsen-Zeitung. "Diese fußen nicht mehr nur auf Umfragen, sondern werden zunehmend auch von realwirtschaftlichen Daten bestätigt. Diese deuten in der Tat darauf hin, dass positive Wachstumszahlen bereits früher als bisher erwartet werden können." Bisher hatte die EZB immer eine Rückkehr des Wachstums Mitte 2010 erwartet.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/AFP/dpa-AFX/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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