Verdacht auf Betrug:Das steckt hinter der Deutsche-Bank-Razzia

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Deutsche Bank in Frankfurt: Nach einer neuerlichen Razzia werden Details der Vorwürfe bekannt. (Foto: AP)
  • Im Fall der erneuten Durchsuchung der Deutschen-Bank-Zentrale in Frankfurt werden neue Details bekannt. Ermittelt wird gegen Kunden der Bank.
  • Die Verdächtigen sollen den Fiskus mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften versucht haben zu betrügen. Sie versuchten demnach, sich einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrmals erstatten zu lassen.
  • Die Deutsche Bank hält ihr Verhalten für völlig korrekt und verweist auf Fehler der Politik.

Analyse von Klaus Ott, Frankfurt/München

Der Fall ist alt, er hat mit einer kleinen Firma aus Hessen angefangen. Aber die Wirkung, die das alles jetzt entfaltet, ist groß. Wie immer, wenn die Deutsche Bank mit im Spiel ist und auch noch durchsucht wird. Am Dienstag haben Staatsanwälte und Kriminalbeamte die Frankfurter Zentrale des Geldinstituts gefilzt, haben jede Menge Akten und Dateien gesichtet. Am Donnerstag gab die Generalstaatsanwaltschaft Details bekannt. Es laufen zwei Verfahren gegen neun Beschuldigte wegen versuchter Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Sie sollen darauf aus gewesen sein, mit Börsengeschäften vom Fiskus insgesamt 43 Millionen Euro zu ergaunern.

Das ist in der Finanzbranche eine relativ kleine Summe, aber es geht um Grundsätzliches. Durften sich Banken, Fonds und Kapitalanleger beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende eine nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer vom Fiskus gleich mehrmals erstatten lassen? Nein, sagen Staatsanwälte, und ermitteln bundesweit in vielen Verfahren gegen viele Beschuldigte. Der Schaden für den Staat, also für die Steuerzahler, soll alles in allem mehr als zehn Milliarden Euro betragen.

Zehn Objekte wurden durchsucht, 70 Beamte waren im Einsatz

Im aktuellen Fall hat nach Erkenntnissen der Ermittler eine Firma aus der Nähe von Frankfurt im Frühjahr und Sommer 2008 für nicht weniger als vier Milliarden Euro Aktien ge- und verkauft. Die Firma hatte sich einen Namen gegeben, der nach Kleingeld klingt. Aber Kleingeld war das nicht, was da bewegt wurde, sondern schon etwas mehr. Und das mithilfe der Deutschen Bank. Über deren Filiale in London und in den meisten Fällen auch über deren Zentrale in Frankfurt wurde der Handel mit den Papieren von 18 deutschen Aktiengesellschaften abgewickelt. Andere Banken waren auch noch eingeschaltet. Am Ende verlangte die Firma aus Hessen vom Finanzamt Wiesbaden II 37 Millionen Euro zurück, die zuvor als Kapitalertragsteuer gezahlt worden seien. In einem zweiten Verfahren mit anderen Akteuren geht es um weitere sechs Millionen Euro.

Die hessische Firma berief sich bei ihren Erstattungsanträgen auf die Deutsche Bank. Die hatte dem Geschäftspartner bescheinigt, Kapitalertragsteuer gezahlt zu haben. Der Fiskus glaubte das nicht und verweigerte die Erstattung. Die Behörden fingen an zu ermitteln, jetzt folgte die Razzia bei der kleinen Firma, der großen Deutschen Bank und weiteren Beteiligten. Zehn Objekte wurden durchsucht, 70 Beamte auch des Bundeskriminalamtes waren im Einsatz. Gegen heutige Beschäftigte des Geldinstituts wird bislang nicht ermittelt, aber das kann noch kommen. In Ermittlungsunterlagen heißt es, die Beschuldigten hätten gemeinsam mit bisher unbekannten Verantwortlichen der Deutschen Bank in London den "Tatentschluss" gefasst, sich von den Finanzbehörden gar nicht gezahlte Steuern erstatten zu lassen.

Beschuldigte in diesem Fall sind unter anderem zwei ehemalige Manager der Deutschen Bank, die zu einer Luxemburger Gesellschaft gewechselt waren. Diese wiederum sammelte offenbar bei Kapitalanlegern jede Menge Geld ein für die fraglichen Aktiengeschäfte. Die Anleger hätten, wenn die Rechnung aufgegangen wäre, auf Kosten des Fiskus Kasse gemacht. So ist das in vielen Fällen dieser Art gelaufen.

Die Deutsche Bank hatte dem Finanzamt Wiesbaden II bereits 2012 mitgeteilt, man habe sich bei den Bescheinigungen über entrichtete Kapitalertragsteuern völlig korrekt verhalten. Im Übrigen sei die Politik schuld an dem Malheur, weil sie jahrelang eine Gesetzeslücke in Kauf genommen habe, die solche Geschäfte überhaupt erst möglich gemacht hätte. Darauf berufen sich auch die Beschuldigten in den diversen Ermittlungsverfahren. Das gilt auch für den neuen, aktuellen Fall. Man habe nichts Illegales getan.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Deutsche Bank
:Nächster Fall, nächste Razzia

Schon wieder wird die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt durchsucht. Diesmal geht es um verdächtige Aktiengeschäfte, bei denen der Fiskus betrogen worden sein soll.

Analyse von Klaus Ott und Meike Schreiber

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