Deutsche-Bank-Prozess:Ein Freispruch ist keine Niederlage

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Am Ende des Deutsche-Bank-Prozesses stand der Freispruch für Rolf Breuer (vorne rechts), Josef Ackermann (Mitte sitzend) und Jürgen Fitschen (hinten, 2.v.r.). (Foto: dpa)

Die Staatsanwälte im Deutsche-Bank-Prozess haben gekämpft - und verloren. Kein Grund, jetzt um Wirtschaftskriminalität wieder einen Bogen zu machen.

Kommentar von Heribert Prantl

Freispruch für Breuer, Ackermann, Fitschen und Co. Am Ende des spektakulären Münchner Strafprozesses stehen die Münchner Staatsanwälte da wie die Deppen; aber sie sind es nicht. Sie waren halt, wie soll man sagen, so beharrlich wie glücklos; dann kam auch noch Pech dazu. Es ist Pech, dass dem Freispruch der Bankmanager in München vor Kurzem der Freispruch der Automanager Wiedeking und Co. im Stuttgarter Porsche-Prozess vorausging. Diese beiden Freisprüche kratzen am Ruf der Staatsanwälte, die gerade noch als Helden galten; als Kämpfer gegen Gier und Raffsucht von Großmanagern.

Robin Hood, jetzt ein armes Würstchen? Hat sich der David beim Kampf gegen Goliath verrannt und verzockt? Die Verteidiger der Deutschen Bank haben in den Plädoyers mit Lust diesen Eindruck erweckt; sie haben alle Register der Kritik an einer angeblich völlig uneinsichtigen Staatsanwaltschaft gezogen. Das gehört zu den Aufgaben einer kämpfenden Strafverteidigung. Häme war auch dabei; auch das gehört zum großen Prozess, der bisweilen Theater und manchmal Gegockel ist. Selbst der Richter hat vor dem Urteil mit Kritik an der Staatsanwaltschaft nicht gespart; das ist zwar nicht unbedingt üblich, ist aber auch kein rechtsstaatliches Unglück. Es wäre aber ein Unglück gewesen, wenn dieser Strafprozess nicht geführt worden wäre.

Das Motto der Staatsanwalt: Masse statt Klasse

Man muss sich daran erinnern, wie der begonnen hat: Der Zivilprozess zwischen Leo Kirch und der Deutschen Bank endete damit, dass das Geldhaus an die Erben von Kirch Schadenersatz in Höhe von 925 Millionen Euro (!) zahlen musste. Der Vorsitzende Richter in diesem Zivilprozess erhob schwere Vorwürfe gegen die Bankmanager: Sie hätten sich zu versuchtem Prozessbetrug verabredet, um die Schadenersatzzahlungen abzuwenden. Das war eine der Wurzeln für den Strafprozess, der nun mit Freisprüchen endete - weil solche Abreden nach Meinung des Strafgerichts nicht zu beweisen waren. Die Unschuldsvermutung gilt eben nicht nur für Lieschen Müller, sondern auch für Großmanager.

Die Staatsanwaltschaft hat Fehler gemacht; Anklage und Beweisanträge folgten dem Motto: Masse statt Klasse. Weil die Staatsanwaltschaft bis zum Schluss an die Schuld der Angeklagten glaubte, hat sie heftig gekämpft und vermeintlich sinnlose Anträge gestellt. Wenn sie wirklich an die Schuld glaubte, kann man ihr das nicht vorwerfen. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Verfahren die Energie gezeigt, die man sich bei anderen Ermittlungen wünscht. Ohne diese Energie sind Kapitaldelikte der Finanzwelt nicht zu fassen. Die Freisprüche sollten nun nicht dazu führen, dass Staatsanwälte um Wirtschaftskriminalität wieder einen Bogen machen.

Solange es souveräne Richter gibt, ist das Motto, das über der Tür zur Aula der Universität Tübingen steht, kein falsches Motto für einen Wirtschafts-Staatsanwalt: "Attempto - ich habe es gewagt". Im Zweifel muss Wirtschaftskriminalität vor Gericht. Wenn die Zweifel bleiben, wird das Gericht freisprechen. Das ist dann keine Niederlage; das ist der Rechtsstaat.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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