Commerzbank:Wendepunkt dank Wahlkampf

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Der Turm der Commerzbank mitten in Frankfurt. (Foto: dpa)

Mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung will die Commerzbank die staatliche Einlage zurückzahlen. Damit verringert sich auch der Aktienanteil des Bundes auf 20 Prozent - und somit die Möglichkeit, auf wichtige Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Die Rettung der Bank könnte sich für den Staat immer noch als Verlustgeschäft erweisen.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Es war ein feierlicher Ton, den Martin Blessing anschlug: "Die staatliche Hilfe war für die Bank sehr wichtig. Ich möchte mich persönlich beim Bund und beim Steuerzahler dafür bedanken, dass er uns in einer schwierigen Situation geholfen hat", sagte der Commerzbank-Chef an diesem Mittwoch. Mehr als 18 Milliarden Euro hatte der Staat in der Finanzkrise in die strauchelnde Bank gesteckt - in Form von stillen Einlagen und einem großen Aktienpaket.

An diesem Mittwoch legte die Bank einen Plan vor, den Blessing als "Wendepunkt" bezeichnete: Mit einer Kapitalerhöhung von 2,5 Milliarden Euro will die Bank nicht nur die verbliebene stille Einlage des Bundes zurückzahlen, sondern erstmals wird der Bund auch seinen Aktienanteil verringern. "Das ist der Einstieg in den Ausstieg und darüber freuen wir uns natürlich. Wir haben immer betont, dass die Hilfen nur temporärer Natur sind", so der Vorstandsvorsitzende der Bank.

Doch ganz los wird Blessing den Aktionär Staat noch nicht. Zwar sind nach der Maßnahme dann alle stillen Einlagen zurückbezahlt, aber der Bund wird über den Bankenrettungsfonds Soffin noch immer rund 20 Prozent der Aktien halten. Seine bisherige Sperrminorität gibt der Bund damit allerdings auf - und verliert somit bei Entscheidungen stark an Einfluss.

Die Kapitalerhöhung komme "auch dem Steuerzahler zugute"

Das Finanzministerium begrüßte den Schritt der Bank: Es sei "erfreulich", dass die Commerzbank die Kapitalstruktur verbessere. "Das ist ein wichtiger Schritt, um neue Investorenkreise zu gewinnen und das Vertrauen in das Geschäftsmodell der Commerzbank weiter zu stärken. Dies kommt am Ende auch dem Steuerzahler zugute", hieß es aus dem Ministerium. Bislang allerdings hatte der Steuerzahler nicht all zu viel Freude an der Rettung der Commerzbank.

Als die Bank nach ihrer Mega-Kapitalerhöhung den Löwenanteil der stillen Einlage reduzierte, überwies die Bank eine einmalige Abschlagszahlung von 1,6 Milliarden Euro. Dazu kommen weitere Zinszahlungen und Provisionen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich stehen derzeit noch immer 3,7 Milliarden Euro der Steuerzahler im Feuer - und das ist eine freundliche Rechnung: Würde man die Refinanzierungskosten oder eine alternative Verzinsung einrechnen, wäre die Summe noch höher.

Ob die Rettung ein Verlustgeschäft war oder nicht, lässt sich abschließend jedoch erst beurteilen, wenn der Bund sein verbleibendes Aktienpaket verkauft. Doch durch die Kapitalmaßnahme liegt die Latte dafür höher: Denn danach hat der Bund nurmehr rund 20 Prozent der Anteile, mit der er die Milliardensumme wieder hereinholen kann. Der Aktienkurs müsste sich Schätzungen zufolge mehr als verdoppeln, damit der Bund keinen Verlust macht. Der Börsenwert müsste von 7,5 Milliarden auf mehr als 18 Milliarden Euro steigen.

Die Aktionäre der Commerzbank haben bislang allerdings mehr Erfahrung mit sinkenden Kursen gemacht. Die Ankündigung, dass die Commerzbank nach der großen Kapitalerhöhung vor zwei Jahren schon wieder um frisches Geld am Markt bittet, hat den Aktienkurs an diesem Mittwoch zeitweise um über zehn Prozent ins Minus geschickt.

Bei dieser Kapitalerhöhung wird den Aktionären nun erstmals auch physisch der Wertverlust vor Augen geführt: Die Commerzbank will im Rahmen einer Kapitalherabsetzung je zehn Aktien zu einer einzigen zusammenlegen. Dadurch sinkt die Zahl der ausgegebenen Aktien von 5,83 Milliarden auf 583 Millionen Stück. Das Vermögen der Aktionäre bleibt dadurch jedoch unberührt, poliert aber den Kurs optisch auf und sichert die Kapitalerhöhung technisch ab. Bei einer auf den 19. April vorgezogenen Hauptversammlung müssen die Aktionäre über die Maßnahmen abstimmen.

Dass mancherorts jedoch schon geunkt wird, dass die Commerzbank-Aktien sowieso kaum mehr etwas wert seien, findet Vorstandschef Blessing hingegen nicht witzig: "Dass unsere Aktien nichts wert sind, ist eine echte Fehlannahme", sagte er in einer Telefonkonferenz. Auf die Frage, ob es denn überhaupt Interesse bei den Anlegern an Commerzbank-Aktien gäbe, fand Blessing dann doch seinen Humor wieder: "Ich werde auf jeden Fall Aktien beziehen. Das wird allerdings für die Kapitalerhöhung nicht ganz reichen", meinte er.

Blessing will die Aktionäre mit der Aussicht auf eine Dividende locken. Weil die Bank nun keine Zinsen mehr auf die stillen Einlagen zahlen müsse, bleibe mehr Geld in der Kasse für eine Dividende. Für diese Zahlung an das Ministerium wären pro Jahr sonst mehr als 200 Millionen Euro fällig. 2012 waren die Einlagen erstmals bedient worden. Für die vorzeitige Rückzahlung der verbliebenen Einlage von 1,6 Milliarden Euro überweist die Bank nun einmalig 60 Millionen Euro.

Schöne Botschaft für den Wahlkampf

Auch das Finanzministerium zeigte sich optimistisch, dass die Bank nach der Kapitalmaßnahme neue Investoren finden könne. Der schrittweise Ausstieg des Staates nährt zudem Spekulationen, dass sich strategische Investoren für die Bank interessieren. Doch bis Dezember hat sich der Bankenrettungsfonds Soffin dazu verpflichtet, keine weiteren Aktien auf den Markt zu werfen. Wie schnell es dann gehen wird, hängt nicht zuletzt von der bis dahin neu gewählten Bundesregierung ab.

Für den Moment zeigte sich Soffin-Chef Christopher Pleister zufrieden: "Die Mittelfristplanung des Vorstands stimmt uns für unser verbliebenes Engagement zuversichtlich." Im vergangenen Jahr hat die Bank nur einen schmalen Gewinn von sechs Millionen Euro ausgewiesen. Vor allem das Privatkundengeschäft bereitet Sorgen: Deswegen arbeite das Institut seit Herbst auf Hochtouren an einem tiefgreifenden Umbau des Filialgeschäfts. Bis daraus Gewinne zu erwarten sind, wird es allerdings noch einige Zeit dauern. Zudem müssen auf Geheiß der Europäischen Kommission milliardenschwere Altlasten aus der Schiffs- und Immobilienfinanzierung abgebaut werden.

Doch warum kommt die Kapitalerhöhung ausgerechnet jetzt? So mancher Beobachter schüttelt darüber den Kopf: Der Aktienkurs der Bank ist denkbar niedrig, das verspricht keine große Einnahmen. Zudem befindet sich die Bank mitten in einer Restrukturierung. Doch aus der Sicht der Regierung hat der Zeitpunkt durchaus eine Logik: Es ist Wahlkampf. Dass sich der Staat aus der Bankenrettung zurückziehen kann, ist da natürlich eine schöne Botschaft. Egal, ob durch den Schritt die Bank stabiler wird oder nicht.

© SZ vom 14.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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