Kurssturz in China:Je größer die Illusion, desto heftiger der Crash

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Keine Finanzkrise gleicht der vorherigen, aber die grundlegenden Mechanismen sind immer dieselben. Die Börse in Tokio reagiert auf die Krise in China. (Foto: AFP)

Irgendwann endet das süße Leben auf Pump - ganz sicher. Das gilt auch für China. Offen ist nur, ob der Absturz schon zu Ende ist.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Von einem kleinen Land, von Thailand, ging die erste Asienkrise 1997 aus, aber die Folgen waren auf der ganzen Welt zu spüren. Die zweite Asienkrise, die im Sommer dieses Jahres begann, geht von einem sehr großen Land aus, von China, und das macht sie für den Rest der Welt so bedrohlich. Damals wie heute frisst sich ein Angstvirus um die Welt, und dieses Virus ist hartnäckiger als Sars, es verbreitet sich schneller als Ebola: Die Angst nährt die Angst, die eine Börse zieht die andere Börse mit nach unten.

In der ersten Asienkrise stand am Anfang der vergebliche Versuch der thailändischen Notenbank, den Wechselkurs des Baht aufrechtzuerhalten. Danach taumelten auch die anderen "Tigerstaaten", Südkorea, Indonesien, Malaysia; schnell wankten andere Schwellenländer, allen voran Russland, das - so wie Griechenland heute - seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte. Die Folgen waren auch im Westen zu spüren; an den Börsen wurden Milliarden vernichtet, die Wirtschaft brach ein.

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In der zweiten Asienkrise 2015 stand am Anfang der missglückte Versuch der chinesischen Notenbank, die Börsen in China mit allerlei Tricks zu stabilisieren und - als all dies nicht half - den Wechselkurs des Yuan ein wenig abzuwerten. Mittlerweile taumeln auch die Börsen anderer Schwellenländer, Malaysia, Kasachstan, Türkei und viele mehr. Und die Folgen sind auch in den Industriestaaten zu spüren. Die Aktienmärkte brachen am Montag erneut kräftig ein, nachdem sie schon in den letzten Wochen viel an Wert verloren hatten.

Jeder Krise ging eine exzessive Verschuldung voraus

Natürlich gleicht keine Wirtschaftskrise exakt, bis ins letzte Detail, der vorhergehenden. Und doch wiederholen sich immer wieder die gleichen Muster. "This Time is Different" (Diesmal ist alles anders) haben deshalb die amerikanischen Ökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart ihren Bestseller benannt, in dem sie im Jahr 2011 die Finanzkrisen der letzten acht Jahrhunderte untersucht haben - ein bewusst ironisch gemeinter Titel. Denn manches ist eben immer gleich. Zum Beispiel, dass einer Krise stets eine Phase der exzessiven Verschuldung vorausgeht, eine Zeit, in der Geld im Überfluss vorhanden zu sein scheint und ganze Völker, weil sie fröhlich auf Pump leben, sich reicher fühlen, als sie in Wahrheit sind.

So war es in den Tigerstaaten, und so war es auch in China. Gewiss, die Volksrepublik wächst immer noch kräftig; allerdings dürften die Zahlen geschönt sein. Vor allem aber ist das Wachstum aufgebläht, weil es auf einer exzessiven Verschuldung basiert. Das kann viele Jahre gut gehen, so wie es auch vor der Finanzkrise, die 2008 begonnen hat, viele Jahre gut ging. Aber eines ändert sich nie: Irgendwann endet die Zeit, in der alle sorglos auf Kredit gelebt haben. Und: Je größer die Verschuldung, je größer die Blase, je größer die Wohlstandsillusion - umso heftiger kracht anschließend alles zusammen. Ist das jetzt also bereits der ganz große Crash? Oder nur ein kleines Zwischentief? Das, so lernt man bei Rogoff und Reinhart, weiß man leider immer erst hinterher.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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