Cheese Grater:Mittags in der Käsereibe

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Büro in London: Immer häufiger schnappen Privatanleger Versicherungen die Gebäude weg. (Foto: Facundo Arrizabalaga/dpa)

Besondere Bauwerke regen zu Gedankenspielen an. Irgendwann sind sie nur noch unter ihrem Spitznamen bekannt, wie etwa dieser Turm aus London.

Von Alexander Menden

Die Zukunft Großbritanniens mag mit Blick auf den nahenden Brexit ungewiss sein, doch in der Metropole wird beim Bau vorerst weiterhin lieber geklotzt als gekleckert. Für Greater London sind derzeit 236 Hochhäuser beantragt oder genehmigt. Viele davon sind architektonisch eher uninspiriert oder gar verunglückt. Doch es gibt auch Lichtblicke. Einer von ihnen ist das 2015 fertiggestellte Leadenhall Building. Entworfen und ausgeführt vom Büro Rogers Stirk Harbour + Partners wirkt das Gebäude trotz seiner 225 Meter Höhe weniger wuchtig als manch benachbarter Wolkenkratzer. Seinen Spitznamen "Cheese Grater" (Käsereibe) verdankt es einer sich nach oben hin verjüngende Keilform, die wiederum einer stadtplanerischen Besonderheit Londons geschuldet ist: 13 Blickachsen in der britischen Hauptstadt sind gesetzlich vor jeder Verbauung geschützt. Dazu gehört auch der Blick von der Fleet Street auf die St Paul's-Kathedrale. Um nicht störend hinter dem Kuppelbau aufzuragen, lehnt sich das Leadenhall Building von Fleet Street aus gesehen gleichsam aus dem Bild.

Die Architekten haben sich beim Bau um größtmögliche Energieeffizienz und Nachhaltigkeit bemüht (ein Aspekt, dem bei britischen Neubauten nicht immer höchste Priorität eingeräumt wird). Dazu trägt besonders die dreischichtige Glashülle des Gebäudes bei. Die äußere Schicht ist von der inneren Doppelverglasung durch einen Hohlraum getrennt, in dem Blenden auf die wechselnde Sonneneinstrahlung reagieren und helfen, den Innenraum stets optimal zu temperieren. In jedem siebten Stockwerk sind Auslässe in die Außenhaut eingebaut, die eine unbehinderte Luftzirkulation innerhalb des Hohlraums ermöglichen. Das reduziert den Bedarf an künstlicher Kühlung auf ein Minimum, und damit auch die - in modernen Bürogebäuden gewöhnlich erheblichen - Lüftungskosten. Eine weitere Besonderheit in der eng bebauten City of London ist die Neuschaffung begrünten öffentlichen Raumes: Unter den Stelzen des erhöhten Foyers bietet sich den Angestellten der umgebenden Firmen eine der sehr wenigen Gelegenheiten, in der Betonwüste des Bankenviertels auf einer bepflanzten Fläche ihren Lunch einzunehmen.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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