Brennelementesteuer bleibt:Niederlage für deutsche Atombranche

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EnBW scheitert mit seiner Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Den Energiekonzern schmerzt dieses Niederlage besonders, da er stärker als andere von der Atomkraft abhängig ist. Dass die Richter erstmals die Position der Bundesregierung stützen, ist jedoch ein Rückschlag für die gesamte Atombranche in Deutschland.

Markus Balser

Der Energiekonzern EnBW hat mit seiner Klage gegen die Atombrennstoffsteuer eine schwere Schlappe erlitten. Das Finanzgericht Baden-Württemberg kam in zwei Eilverfahren zu dem Schluss, dass "keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes bestehen". Das teilte das Stuttgarter Gericht am Donnerstag mit. Nach Ansicht der Richter verstößt die Steuer, die seit 2011 erhoben wird, auch nicht gegen europäisches Recht (Aktenzeichen 11 V 2661/11 und 11 V 4024/11).

Der Energiekonzern EnBW ist stärker als seine Konkurrenten von Atomkraft abhängig. Hier ein Bild des Kernkraftwerks Philippsburg. (Foto: dapd)

Damit bekommt der Energiekonzern EnBW die bereits gezahlte Steuer in dreistelliger Millionenhöhe zunächst nicht zurück. Die Beschlüsse gelten zudem als Rückschlag für die gesamte Atombranche in Deutschland. Denn im Streit um die Abgabe gibt nach zwei Niederlagen nun erstmals ein Gericht der Bundesregierung Rückendeckung. Ende 2011 hatten die Energieriesen bereits Etappensiege verbucht. Die Finanzgerichte in Hamburg und München hatten über Klagen der Energiekonzerne Eon und RWE entschieden und die Rechtmäßigkeit der Steuer in Frage gestellt. Die Bundesregierung musste den beiden Unternehmen daraufhin insgesamt etwa 170 Millionen Euro an Steuern zurückzahlen.

Die Beschlüsse sind die Folgen einer seit Monaten schwelenden juristischen Auseinandersetzung zwischen Energiebranche und Regierung. Die drei verbliebenen deutschen Betreiber von Atomkraftwerken, RWE, Eon und EnBW, müssen seit einem Jahr für jedes neu eingesetzte Gramm Kernbrennstoff 145 Euro an den Fiskus abführen. Die schon vor der Atomkatastrophe von Fukushima eingeführte Steuer gehörte zum Sparpaket der Bundesregierung und sollte ursprünglich jährlich 2,3 Milliarden Euro zur Konsolidierung des Haushalts beitragen.

In der Branche fasste man sie als Gegenleistung für die im Herbst 2010 zunächst beschlossene Laufzeitverlängerung der damals noch 17 deutschen Reaktoren auf. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft schwanden die geschätzten Einnahmen durch die verbliebenen Kraftwerke auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Nach den ersten Gerichtsurteilen gegen die Steuer wuchs in der Bundesregierung auch die Sorge, dass die Steuer ganz kippen und Milliardenlöcher in den wegen der Finanzkrise ohnehin angespannten Bundeshaushalt reißen könnte.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg teilte nun unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit, der Bund habe die Kompetenz zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer. Verstöße gegen das Grundgesetz, wie etwa das Eigentumsrecht, seien nicht erkennbar. Nicht stichhaltig sei auch der Vorwurf des Verstoßes gegen Europarecht. Ein EnBW-Sprecher sagte, das Unternehmen prüfe das Urteil und entscheide dann über weitere Schritte.

Die Steuerlast schmerzt den Konzern, der stärker als seine Konkurrenten von Atomkraft abhängig ist, besonders. Politische Brisanz gewinnt der Streit, weil einer der Großaktionäre von EnBW das grün-rot regierte Land Baden-Württemberg ist. Nach Angaben aus Konzernkreisen plant EnBW, den Bundesfinanzhof anzurufen. Damit steht eine endgültige Klärung der Rechtslage noch aus. Der Streit könnte sich noch mehrere Jahre durch alle Instanzen ziehen. Möglicherweise werden ihn erst das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof abschließend entscheiden.

© SZ vom 13.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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