Bodenschätze:Von diesen Rohstoffen hängt die Welt ab

Gertler Earns Billions as Mine Deals Leave Congo

Kein Handy ohne Kobalt: 76 000 der jährlich geförderten 129 000 Tonnen des Erzes kommen aus der Demokratischen Republik Kongo

(Foto: Bloomberg)

Noch immer holen Großkonzerne riesige Mengen Kohle aus der Erde. Doch die Industrie verlangt nach neuen, selteneren Stoffen.

Von Vivien Timmler

In Deutschland sind die großen Zeiten des Bergbaus vorbei. Zwar wird in einigen Gegenden noch Braun- oder Steinkohle gefördert, aus vielen Tagebauen sind mittlerweile aber Naherholungsgebiete geworden. In ehemaligen Bergwerken lassen sich Besucher erklären, wie die Kumpel einst Kohle und Eisenerz aus der Tiefe geholt haben.

Doch von den Rohstoffen, die dort gefördert wurden, sind wir so abhängig wie nie. Für unseren Lebensstil sind wir auf viele unterschiedliche Rohstoffe angewiesen: Stahl für den Bau von Häusers und Autos, Kupfer für Stromkabel und Seltene Erden für die Platinen unserer Computer.

Miner Mohammad Ismail digs in a coal mine in Choa Saidan Shah, Punjab province

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Bis heute wird in den Minen der Welt kein Rohstoff in vergleichbaren Mengen aus der Erde geholt wie Kohle: Acht Milliarden Tonnen Braun- und Steinkohle fördern die Rohstoffkonzerne jedes Jahr. Und fast die Hälfte davon, knapp 3,9 Milliarden Tonnen, stammt aus China. Laut "World mineral report" ist das Land inzwischen der größte Kohleförderer der Welt. Der Rohstoff ist neben Erdöl und Erdgas der wichtigste Energielieferant der Welt. In Indien und Australien werden jährlich jeweils etwa eine halbe Milliarde, in den USA knapp eine Milliarde Tonnen des Energierohstoffs gefördert.

Eisenerz hingegen gehört zur Gruppe der Metallrohstoffe. Es ist der Hauptbestandteil von Stahl und daher für viele Industrien von großer Bedeutung, vor allem für die Metall- und Automobilindustrie. Eisenerz wird ebenfalls in erster Linie in China aus den Böden geholt: 1,5 der weltweit 3,3 Milliarden Tonnen werden dort gefördert. Weitere Förderländer sind Australien, Brasilien und Indonesien.

Doch die chinesische Dominanz endet nicht bei Kohle und Eisenerz: Auch bei anderen wichtigen Metallrohstoffen wie Aluminium, Kupfer und Zink ist China unter den größten Förderländern.

Mengenmäßig ist die Förderung der anderen Rohstoffe nicht mit Kohle und Eisenerz zu vergleichen: Die großen Rohstoffkonzerne fördern jährlich etwa 18 Millionen Tonnen Kupfer - das ist 440 Mal weniger als Kohle. Die größten Kupfer-Förderländer sind Chile, China und die USA. Von dem Rohstoff Zink werden 13 Millionen Tonnen pro Jahr gefördert, vor allem in China, Australien und Peru. Auch die Förderung von Bauxit, des Ausgangserzes für die Aluminiumproduktion, wurde in China kontinuierlich ausgebaut. Mittlerweile ist das Land hinter Australien der größte Bauxit-Förderer.

Voraussichtlich wird sich die Rohstoffnachfrage jedoch in den kommenden Jahren verschieben, und zwar weg von klassischen Energie- und Metallrohstoffen wie Eisen, Aluminium oder Kupfer hin zu Elementen, die heute zwar bereits in nahezu allen elektronischen Geräten stecken, in der Öffentlichkeit häufig jedoch kaum bekannt sind.

Diese Rohstoffe bestimmen die Zukunft

Gemeint sind Seltene Erden und Edelmetalle. Sie bilden heute die Grundlage der Elektroindustrie und sind dabei, Kohle und Erze als die wichtigsten Rohstoffe der Welt abzulösen - wenn sie auch hinsichtlich der Fördermengen nie mit diesen Rohstoffen mithalten könnten.

Die bekanntesten Edelmetalle sind Gold und Silber. Aufgrund ihres seltenen Vorkommens sind sie deutlich teurer als andere Metallrohstoffe. 450 der etwa 3000 Tonnen Gold werden jährlich aus den Böden Chinas gefördert, an zweiter und dritter stehen Australien und Russland. Nicht ganz so selten und daher auch nicht ganz so teuer wie Gold ist Silber: 27 000 Tonnen werden im Jahr etwa gefördert, vor allem in Peru und China.

Kobalt aus Kongo

Ein strategisch extrem wichtiger Rohstoff ist Kobalt: Er ist für spezielle Legierungen und als Bestandteil von Akkus so gut wie unersetzbar. Kein Handy würde ohne Kobalt funktionieren. In der Natur kommt Kobalt nur in Verbindung mit anderen Erzen vor. Der weltweit größte Kobaltförderer ist die Demokratische Republik Kongo: 76 000 der jährlich geförderten 129 000 Tonnen Kobalt kommen aus dem instabilen Land. Der größte Abnehmer ist China: Fast die gesamte Fördermenge geht in das Land, da dort die drei wichtigsten Akku-Lieferanten für die gesamte Mobilfunk-Branche produzieren.

Lokal noch konzentrierter ist die Förderung von Tantal in Form des Tantalerzes Coltan, das in so gut wie allen Mobilgeräten steckt: Mehr als 80 Prozent von knapp 1200 Tonnen weltweit werden in der konfliktreichen Region im Osten Kongos und in Ruanda jedes Jahr aus dem Boden geholt. Die gesamte Hochtechnologie hängt von Metallen wie Tantal ab. Seltene-Erden-Metalle sind Praseodym oder Neodym.

Das Problem: Seltene Erden und andere nur in geringeren Mengen vorkommende Rohstoffe zu fördern belastet die Umwelt noch extremer als die Förderung von Kohle und vielen Erzen. Die Metalle kommen nur in winzigen Konzentrationen vor. Um wenige Gramm davon zu gewinnen, müssen viele Tonnen Gestein bewegt, zermahlen und mit Chemikalien behandelt werden. Zurück bleiben verseuchte Böden, belastete Seen oder sogar radioaktive Elemente oder Schwermetalle unmittelbar neben Wohngebieten und Brutplätzen. Allen großen Rohstoffkonzernen dieser Welt werden Fehler im Umgang mit Natur, Mensch oder Tier vorgeworfen - und fast alle von ihnen hatten ein oder mehrere Minenunglücke mit zu verantworten.

Verseuchte Flüsse, tote Anwohner

Als größter, wertvollster und gleichzeitig umstrittenster Bergbaukonzern der Welt gilt der australisch-britische Rohstoffriese BHP Billiton. In seinen weltweiten Minen fördert der Konzern hauptsächlich Eisenerz, Kohle und Kupfer, außerdem ist er im Handel mit Erdöl und Kalisalz aktiv. Im Jahr 2015 war BHP Billiton gemeinsam mit dem brasilianischen Rohstoffriesen Vale in die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens verwickelt: Bei einer Erzmine brachen Dämme eines Rückhaltebeckens, giftiger Schlamm flutete ins Tal, verseuchte Hunderte Kilometer des Rio Doce und tötete 17 Menschen.

Als zweitgrößter Konzern gilt nach einer Rangliste der Unternehmsberatung PwC der ebenfalls australisch-britische Konzern Rio Tinto. Einen Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen mit der Gewinnung von Eisenerz, außerdem mit der Förderung von Bauxit und Kupfer. Ein weiterer großer Player im Rohstoff-Geschäft ist die Schweizer Unternehmensgruppe Glencore: Sie verdient ihr Geld vor allem mit der Förderung von und dem Handel mit Bauxit, Eisenlegierungen, Kupfer und Kohle. Beiden Unternehmen werden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Verstöße im Umweltschutz zu Lasten gelegt, auch wenn eine Katastrophe wie in Brasilien für die Mutterkonzerne ausblieb - bislang.

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