BASF und Gazprom:Warme Worte im Permafrost

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  • Der Deal zwischen BASF und Gazprom scheiterte zunächst an den frostigen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland.
  • Nun soll das Geschäft doch zustande kommen - es ist politisch brisant: Der russische Konzern sichert sich so mehr Einfluss auf Westeuropas Gasmarkt.

Von Markus Balser, Berlin

Die große Hoffnung des größten Chemiekonzerns der Welt liegt immerhin 5000 Kilometer vom Konzernsitz in Ludwigshafen entfernt. In den Tiefen des westsibirischen Permafrostbodens der Achimov-Formation lagern jene Gasvorkommen, die BASF zusammen mit Gazprom eigentlich in den nächsten Jahren ausbeuten wollte - im Gegenzug für eine Übergabe des hiesigen Gashandels- und -speichergeschäfts der BASF-Tochter Wintershall an Gazprom. Der Konzern könne sich so auf den Plan konzentrieren, an der Quelle zu wachsen, frohlockte Konzernchef Kurt Bock, als das Vorhaben 2013 unterzeichnet wurde.

Lange hielt die Freude nicht. Anstatt Gas sprudelte plötzlich vor allem Misstrauen zwischen den Partnern. Aus dem Milliardentausch von Unternehmensteilen wurde nichts. Der Deal scheiterte Ende des vergangenen Jahres an den immer frostigeren Beziehungen zwischen Russland und Deutschland Ende vergangenen Jahres. Gazprom habe das Geschäft schließlich abgesagt. Nach dem Aus der gemeinsamen Pipeline South Stream galt das auch als weiterer Hinweis für immer ernstere Probleme in der von Ukraine-Krise und Sanktionen belasteten Wirtschaftsliaison beider Länder.

Politisch brisant

Am Freitag folgte die nächste Überraschung in den noch immer angespannten Beziehungen: Das politisch brisante Geschäft soll nun doch umgesetzt werden. Der Vollzug der Transaktion werde jetzt bis Ende 2015 erwartet, teilte BASF überraschend mit. Die Kasseler BASF-Tochter Wintershall soll das Gashandels- und Gasspeichergeschäft vollständig an Gazprom abgeben. Im Gegenzug bekommt BASF die erhofften Anteile an großen Erdgasfeldern in Sibirien. Die in der Erdöl- und Erdgassuche sowie -förderung tätige Wintershall Noordzee soll einen 50-Prozent-Anteil an Gazprom abtreten. Bei BASF geht es um Aktivitäten, die 2014 auf gut zwölf Milliarden Euro Umsatz kamen. Die Bundesregierung signalisierte Zustimmung. Das schon einmal geprüfte Geschäft wird nicht erneut unter die Lupe genommen.

Erdgas in Deutschland
:Heikler Milliardendeal zwischen Gazprom und BASF

Der russische Energieriese Gazprom und der deutsche Chemiekonzern BASF tauschen Firmenanteile aus. Das Geschäft ist politisch umstritten.

Es dürfte kein Zufall sein, dass am Freitag ein weiterer deutsch-russischer Vertrag unterzeichnet wurde. Die Nord-Stream-Pipeline für den Erdgas-Transport von Russland nach Europa durch die Ostsee wird ausgebaut. Die beteiligten Partner - darunter ebenfalls BASF und Gazprom, aber auch Eon, Shell und OMV - besiegelten den Bau von zwei weiteren Leitungssträngen. Nach Angaben aus Kreisen der Unternehmen sorgte vor allem die neuerliche Annäherung im Pipelinegeschäft dafür, dass der geplatzte Milliardentausch doch noch vollzogen wird. Das habe die Lage zwischen den Unternehmen entspannt, heißt es weiter.

Moskaus Einfluss wächst. Die EU sieht die Pläne kritisch

In der Politik ist man indes von Entspannung weit entfernt. Denn Gazprom, das in der Ukraine-Krise zum Machtinstrument des Kreml wurde, sichert sich so mehr Einfluss auf Westeuropas Gasmarkt. Wie angespannt die Beziehungen vor allem der Europäischen Kommission und Russland noch immer sind, machte eine Reaktion Brüssels auf den Ausbau der Ostseepipeline klar. Man nehme die Pläne zur Kenntnis, erklärte ein Kommissionssprecher kühl. Die Ukraine müsse auch in Zukunft ein wichtiges Transitland bleiben. Offenbar fürchtet Brüssel, dass Russland das Gas über die ausgebaute Ostseepipeline an der Ukraine vorbeileiten will. Die existierenden Kapazitäten würden nur zu 50 Prozent genutzt, wundert sich die Kommission über den Ausbau. Man werde die Einhaltung von EU-Recht strikt prüfen.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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