Autoindustrie:Oberpfälzer Autozulieferer gewinnt Streit gegen umstrittene Investorenfamilie

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Blick in die Grammer-Hauptversammlung in Amberg (Foto: dpa)
  • Der Streit um die Übernehme wichtigen Autozulieferers Grammer ist vorerst entschieden.
  • Die umstrittene Investorenfamilie Hastor ist mit ihren Übernahmeplänen fürs Erste gescheitert.
  • Die Familie ist für ihre ruppigen Verhandlungsmethoden bekannt und ist durch einen großen Streit mit VW bekannt geworden.

Von Max Hägler, Amberg

Im Streit um den Autozulieferer Grammer ist die umstrittene Unternehmerfamilie Hastor unterlegen - fürs Erste. Seit einem halben Jahr tobt ein erbitterter Streit um das Unternehmen mit Hauptsitz in Amberg in der Oberpfalz. Seitdem ist klar, dass die bosnisch-deutsche Familie maßgeblichen Einfluss erhalten will - um dann ein besseres Management einzusetzen, das eine höhere Rendite erzielt, wie es aus deren Umfeld heißt. Um mit dieser Firma dann unstatthaft Druck auf Geschäftspartner auszuüben, heißt es hingegen aus Teilen der Automobilbranche. Insgesamt 23 Prozent der Grammer-Aktienanteile hatte die Familie eingesammelt und gehofft, dass dies bei der Hauptversammlung zum Griff an die Macht reicht.

Doch ihre entsandten Vertreter unterlagen am Mittwochabend bei allen wichtigen Abstimmungen: Sie hatten etwa die Absetzung des Vorstandes gefordert. Absehbar war dieses Ergebnis nicht, die Chance für die Hastor-Familie zum Sieg war da, denn meist sind bei den Aktionärsversammlungen von Grammer nur gut 40 Prozent der Anteile vertreten. Der andauernde Streit motivierte offenbar zahlreiche Anteilseigener, zu der Hauptversammlung zu gehen, die "womöglich die wichtigste" in der Geschichte des Unternehmens ist, wie der Vorstandsvorsitzende Hartmut Müller zu Beginn des Treffens sagte. Die erschienenen Aktionäre reprästentierten mehr als 60 Prozent der Aktien.

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Grammer produziert etwa Kopfstützen und Mittelkonsolen für BMW, VW und Mercedes oder Sitze für Traktoren. Über die Welt verteilt arbeiten 14 000 Menschen für den Konzern, der nach überwiegender Meinung der Aktionäre einen sehr ordentlichen Job macht: Man bedanke sich bei der Unternehmensführung und den Mitarbeitern, hieß es ein ums andere Mal. Die Vertreter der Unternehmerfamilie Hastor waren beinahe die einzigen harten Kritiker.

Deren Prevent-Gruppe mit diversen Tochtergesellschaften ist seit einem erbitterten Streit mit Volkswagen einer breiten Öffentlichkeit bekannt; die ruppig geführte Auseinandersetzung legte im vergangenen Sommer zeitweise die Produktion des Autobauers lahm, auch in Brasilien standen VW-Bänder lange still. Jedesmal seien die Zulieferungen eingestellt worden, die Autoproduktion zum Stehen gebracht worden, um bessere Preise zu erzielen, heißt es von VW. Die Furcht ist: Das könnte nun auch mit Grammer geschehen.

"Die Hastors interessieren sich nur für kurzfristige Gewinne", sagte zu Beginn des langen Tages der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler bei einem Protest mit etwa 2000 Menschen vor den Toren des Amberger Kongresszentrumes. Die Investoren schadeten Grammer, weil die Autohersteller zunehmend verunsichert seien und Aufträge stornierten - dies gefährde Arbeitsplätze, sagte Wechsler. Die Mitarbeiter vor der Tür hatten entsprechend gedichtet: "Hastorenschreck treibt Grammer Kunden weg." Tatsächlich hatten sich im Vorfeld viele gegen die Hastor-Familie positioniert: das Management, die Beschäftigten, Volkswagen, Aktionärsvertreter und die Politik, etwa in Person von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).

Vorwurf der Untreue

Und so siegte dieses Lager auch, obwohl Hastor-Anwalt Franz Enderle aus der Kanzlei Bub, Gauweiler und Partner erbittert dagegen ankämpfte. Immer wieder meldete er sich in der mehrstündigen Generaldebatte zu Wort, warf dem Grammer-Management Fehler vor. Untreue, Lügen, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, so etwa sieht seine Liste aus. Immer wieder mahnte er ungenügende Antworten an. Die Erwiderungen des Vorstandschefs waren in der Tat dürftig, mitunter beinahe arrogant. Etwa als es um die Umstände eines neu hinzugeholten Investors ging, der als "weißer Ritter" gilt, als Retter vor den Hastors.

Oder bei der Frage, ob leitende Grammer-Mitarbeiter nicht bewusst das Unternehmen schlecht geredet hätten in den vergangenen Wochen und dadurch den Aktienkurs gedrückt hätten. Doch schnell war klar: Enderle und seine Kollegen sind in der Minderheit. Immer wieder wurde er von Buh-Rufen unterbrochen. Die von ihm angestrebte Absetzung des Managements sowie die Einsetzung von drei Hastor-Vertrauten in den Grammer-Aufsichtsrat fiel durch bei den Abstimmungen am frühen Abend.

Klein beigeben will der Investor jedoch nicht. "Wir bleiben dran, werden nicht einfach verschwinden", sagte ein Vertreter der Familie, die selbst übrigens nicht erschienen war. Weder Vater Nijaz Hastor, noch seine Söhne Kenan und Damir, die mittlerweile das Sagen haben. Ihre Vertreter erklärten, man werde sämtlichen Beschlüssen widersprechen. Damit drohen nun ausgiebige Streitereien vor Gerichten gegen die Umstände dieser Hauptversammlung.

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