Autoindustrie in der Krise:Saab fährt vor die Wand

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Niemand will Saab retten - auch die schwedische Regierung verweigert der Autofirma die Hilfe. Der Tochter des US-Mutterkonzerns General Motors geht das Geld aus. Ein Insolvenzantrag soll unmittelbar bevorstehen.

Gunnar Herrmann, Stockholm

In Schweden sorgten die Nachrichten aus Detroit für Bestürzung, denn für die beliebte Marke Saab könnten sie das Ende bedeuten.

Die schwedische Kultmarke Saab könnte bald Geschichte sein (Foto: Foto: AFP)

Wie Medien in Stockholm berichteten, will der Aufsichtsrat noch am heutigen Donnerstag auf einer außerordentlichen Sitzung einen Insolvenzantrag beschließen. Die Produktion mit insgesamt 4500 Beschäftigten solle unter einem Insolvenzverwalter vorerst weiterlaufen.

Zugleich hieß es, der Mutterkonzern General Motors will sich bis zum Jahreswechsel von dem kleinen Autobauer aus Trollhättan trennen, an dem er fast 20 Jahre lang beteiligt war.

Um Saab überhaupt bis dahin zu erhalten, benötigen die Amerikaner aber Geld vom schwedischen Staat. Die Stockholmer Regierung reagierte verärgert - und bereitete ihre Bürger schon mal auf den Abschied vor. "Ich bin tief enttäuscht", sagte Wirtschaftsministerin Maud Olofsson am Mittwoch. "General Motors traut sich nicht, die Wahrheit zu sagen." Die Wahrheit, so wie sie gestern in der Stockholmer Staatskanzlei präsentiert wurde, ist bitter: Saab steht am Abgrund. Der Mutterkonzern zieht sich zurück.

Es gibt offensichtlich niemanden, der die Automarke retten will. Auch die schwedische Regierung will nicht: Wiederholt hat sie es in den vergangenen Wochen abgelehnt, sich mit Steuergeld an dem Unternehmen zu beteiligen. Und sie blieb auch am Mittwoch standhaft, obwohl die Forderungen von Gewerkschaften und Opposition nach staatlicher Hilfe immer lauter wurden. "GM versucht, die Verantwortung auf den schwedischen Steuerzahler abzuwälzen", kommentierte Olofsson. "Aber der schwedische Staat wird keine Automobilfabriken besitzen."

Die Ministerin verwies auf das Rettungspaket, das Schweden im Dezember für seine angeschlagene Autoindustrie bereitgestellt hatte. Darin gewährte Stockholm Kreditgarantien in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro für Darlehen bei der Europäischen Investitionsbank. Nach Darstellung der Regierung wollte sich GM aber nicht mit Krediten zufrieden geben. Der Konzern habe stattdessen gefordert, dass sich der Staat bis zum Jahr 2010 direkt mit etwa fünf Milliarden Kronen (knapp 500 Millionen Euro) an Saab beteilige. Olofsson meint, dass damit zu große Risiken verbunden wären. So könne der Steuerzahler im Falle einer Beteiligung am Ende sogar auf den Kosten für die Abwicklung des Betriebes sitzen bleiben, der seit 1995 keinen Gewinn mehr gemacht hat.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Das wahrscheinlichste Szenario für Saab ist nach Ansicht der Ministerin eine "Rekonstruktion". Das ist nach schwedischem Recht eine Spielart des Insolvenzverfahrens. Dabei bekommt das betroffene Unternehmen einige Monate Zeit, um durch radikale Umstrukturierungen profitabel zu werden. Während der Rekonstruktion können Gläubiger ihre Forderungen nicht vollstrecken, meistens wird auch verlangt, dass sie dem Unternehmen einen Teil der Schulden erlassen.

Schwedischen Medien zufolge könnte das Verfahren noch in diesem Monat eingeleitet werden. Staatssekretär Jörna Hägglund, der die Verhandlungen mit GM geführt hatte, sagte am Mittwoch, man werde in jedem Fall noch mit der deutschen Regierung über eine mögliche gemeinsame Rettung von Opel und Saab sprechen. Die Erfolgschancen seien allerdings sehr gering. "Die Interessen sind zu unterschiedlich", sagte Hägglund.

Olofsson und Hägglund bereiteten ihre Landsleute am Mittwoch bereits auf das Ende vor. Etwa 4000 Menschen beschäftigt Saab in Schweden, die meisten davon am Hauptsitz Trollhättan. Hägglund betonte, die westschwedische Stadt müsse sich auf eine Zukunft ohne Autofabrik vorbereiten. Das Unternehmen bestehe aus "vielen tüchtigen Leuten" mit großer Kompetenz, sagte Ministerin Olofsson. "Wir müssen uns jetzt fragen: Wie kann dieses Fachwissen zum Aufbau neuer Industrien und neuer Arbeitsplätze führen?" In Trollhättan wollte man die Hoffnung aber noch nicht aufgeben. Jan-Åke Jonsson, Chef von Saab Automobile, sagte bei einer Pressekonferenz, für die Angestellten gelte weiter "business as usual".

© SZ vom 19.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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