Air Berlin und Lufthansa:Streik ums Prinzip

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Ungünstiger Zeitpunkt: Mitten in der Ferienzeit kämpft die Pilotengewerkschaft "Vereinigung Cockpit" gegen Air Berlin und Lufthansa. In beiden Fällen geht es nur vordergründig ums Geld.

J. Flottau

Die Basis meutert "Wenn wir jetzt nicht bald streiken, dann trete ich aus der Vereinigung Cockpit aus", schrieb ein LTU-Pilot vor kurzem in einem Diskussionsforum. Schließlich hat die Gewerkschaft monatelang mit Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft verhandelt, dem LTU-Besitzer Air Berlin. Die Ungeduld wuchs.

Zwei Piloten in einem Jet der Air-Berlin-Tochter LTU auf dem Düsseldorfer Flughafen. Für die insgesamt 340 Flugkapitäne der Fluglinie hat die Gewerkschaft "Vereinigung Cockpit" jetzt einen Gehaltsaufschlag von elf Prozent gefordert. (Foto: Foto: dpa)

Am Dienstag um 11.30 Uhr rief die Vereinigung Cockpit (VC) dann ihre Mitglieder zu einem zehnstündigen Streik auf. "Der Arbeitgeberseite ist es bislang nicht gelungen, den Eindruck zu vermitteln, an einer kompletten Lösung interessiert zu sein", heißt es bei der Gewerkschaft.

35 Flüge, darunter viele Langstreckenverbindungen, waren durch den Streik gefährdet. Wie viele genau ausfallen würden, war bis zum Abend ungewiss, da Air Berlin zum Teil eigene Piloten und Maschinen als Ersatz bei LTU losschicken wollte.

Strategische Ziele

Die Auseinandersetzungen in der Air Berlin-Gruppe könnten nur die unangenehmen Vorboten für weitere Pilotenstreiks sein. Denn auch bei Lufthansa deutet wenig darauf hin, dass sich die neu gewählte VC-Tarifkommission mit dem Konzern schnell einigen wird, auch wenn beiden Seiten nun immerhin vereinbart haben, Verhandlungen aufzunehmen.

Die Konflikte bei den beiden größten deutschen Fluglinien haben eines gemeinsam: Es geht nur vordergründig ums Geld. In Wirklichkeit wollen die Piloten vor allem strategische Ziele durchsetzen.

So haben Air Berlin und die VC seit Monaten über einen gemeinsamen Tarifvertrag für die LTU- und die Air-Berlin-Crews verhandelt. Mit einem solchen Vertrag wäre es einfacher gewesen, die beiden Gesellschaften im Konzern zusammenzuführen und dadurch Kosten zu senken.

Die VC forderte dabei allerdings, die deutlich schlechter bezahlten Air-Berlin-Mitarbeiter künftig mit den teuren Kollegen der LTU gleichzustellen. Air Berlin hatte den defizitären Düsseldorfer Ferienflieger im Jahr 2007 übernommen. "Die (Piloten) sind immer wieder mit einem neuen Schocker gekommen", heißt es bei Air Berlin.

Anfang August ließ der Konzern das Integrationsvorhaben fallen, nun muss er die schwierige Aufgabe lösen, zwei Airlines in einer Gruppe zu steuern.

"Stärker irritiert"

Daraufhin forderte die VC am Montag dem Konzern zufolge allein für die 340 LTU-Piloten insgesamt elf Prozent mehr Geld. Air Berlin hatte lediglich zwei Prozent geboten.

Man sei "stärker irritiert", dass die VC nach nur einer vertagten Verhandlungsrunde zum offenen Vergütungstarifvertrag gleich streiken lasse. Dies werde noch rechtlich überprüft. Auch ein möglicher Verkauf des LTU-Langstreckengeschäftes sei noch nicht vom Tisch.

Beim Konkurrenten Lufthansa laufen derzeit ebenfalls Verhandlung über die Vergütung, heißt es offiziell. Eigentlich geht es den Piloten aber darum, eine weitere "Ausflaggung" zu verhindern.

Sie wollen etwa erreichen, dass deutschen Piloten die Maschinen der neuen Tochtergesellschaft Lufthansa Italia fliegen und nach dem Konzerntarifvertrag bezahlt werden, und nicht vor Ort Crews zu schlechteren Bedingungen eingestellt werden.

Es fehlt die Phantasie

Außerdem wettern die Piloten gegen die jüngsten Zukäufe Brussels und Austrian Airlines (AUA). Sie lehnen es ab, sich an dem neuen milliardenschweren Sparprogramm "Climb 2011" zu beteiligen: "Angesichts der Tatsache, dass unser Konzernvorstand zur Zeit die Übernahme der defizitären AUA aus zweifelhaften Motiven, unter höchstem politischen Druck und wirtschaftlichem Risiko betreibt, fehlt uns jegliche Phantasie, warum wir (...) die Querfinanzierung solcher Abenteuer durch nachhaltigen, eigenen Verzicht auch noch fördern sollten", heißt es in einem internen Schreiben der Tarifkommission an die Mitglieder.

Dies gelte besonders, da durch diese Zukäufe die Arbeitsbedingungen "unter Druck geraten" könnten.

© SZ vom 12.08.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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