Zweitligist Greuther Fürth:Torlos seit 546 Minuten

Lesezeit: 3 min

Fürths Sebastian Freis (links). (Foto: dpa)
  • Weshalb Greuther Fürth im Abstiegskampf der zweiten Liga steckt? Weil das Team nicht mehr trifft. Seit Ende November schon.
  • Um das zu ändern, wurde Sebastian Freis geholt - obwohl der selbst eine ausbaufähige Quote hat.
  • Hier geht es zur Tabelle der zweiten Liga.

Von Benedikt Warmbrunn

Zum Beispiel Spaghetti Bolognese. Wasser aufkochen, salzen, Nudeln rein. In die Pfanne Hackfleisch mit Tomaten, dazu je nach Geschmack Paprika, Möhren oder Senf oder alles zusammen. Fertig. Kochen kann zu einer bekömmlichen Variante des Erfolgs führen, das weiß Sebastian Freis schon nach seinen ersten Versuchen. Kochen kann eine angenehme Abwechslung sein, gerade für einen, der eigentlich nicht Koch ist. Sondern Stürmer beim Fußball-Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth.

An diesem Montag (20.15 Uhr) spielt der Tabellen-14. aus Franken beim FC St. Pauli, dem Tabellenletzten aus Hamburg. Natürlich will Fürth gewinnen, seit dem 3. Oktober (2:0 gegen Aue) hat die Mannschaft von Frank Kramer nicht mehr gewonnen, "jetzt ist Abstiegskampf angesagt", sagt der Trainer. Aber um zu gewinnen, ist eine Zutat unumgänglich: mindestens ein Tor. Was eine ziemliche rare Zutat ist, zumindest in Fürth: Den bisher letzten Treffer erzielten die Franken Ende November beim 3:3 in Düsseldorf, seitdem wartet die SpVgg auf ein Tor, sechs Spiele lang, 546 Minuten. Den Jahresauftakt verlor Fürth gegen den FC Ingolstadt 0:1. Schon Ende Dezember, der Zähler zu den torlosen Minuten stand noch bei 456, griff Fürths neuer Sportdirektor daher zum Telefon.

Michael Mutzel wählte die Nummer von Sebastian Freis, sie plauderten ein bisschen, vor einem Jahrzehnt spielten sie gemeinsam für den Karlsruher SC. Irgendwann fragte Mutzel, wie zufrieden Freis eigentlich sei, als Stürmer des SC Freiburg. Ein paar Tage später wechselte der 29-Jährige nach Fürth.

In Freiburg hatte der Angreifer zuletzt viel Zeit gehabt, sich seinem neuen Hobby, dem Kochen, zu widmen. Er war immer wieder einmal verletzt, und wenn er nicht verletzt war, spielte er dennoch kaum, in der Hinrunde der Bundesliga nur sieben Mal. "Erst konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen zu wechseln", sagt Freis, "aber dann haben beide Seiten doch gemerkt, dass das eigentlich eine gute Geschichte wäre." Der Stürmer, der keine Tore mehr schießt, weil er kaum spielt. Und der Verein, der keine Tore schießt, weil er offenbar kaum torgefährliche Stürmer hat.

22 Tore hat Fürth in dieser Saison bisher erzielt, die Hälfte davon in drei Spielen. Zehnmal, also in jeder zweiten Partie, traf das Team überhaupt nicht. Auch das ist ein Grund, warum der Vorsprung auf St. Pauli, den Ligaletzten, nur noch sechs Punkte beträgt. Manchmal spielt die Mannschaft sich in diesen Offensivrausch, der Fürth in den vergangenen Jahren ausgezeichnet hat. Manchmal spielt sie aber auch so, als ob jegliche Bindung weggeweht worden sei.

Gerade im Angriff, im letzten Pass, im Torabschluss war der SpVgg zuletzt oft die fehlende Erfahrung anzumerken. "Wir haben Sebastian auch geholt, weil er weiß, welche Fehler passieren dürfen und welche nicht", sagt Mutzel, "er hat die Erfahrung, um den jungen Spielern authentisch zu sagen, dass sie sich jetzt nicht verrückt machen müssen."

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Freis hat Routine, bei seinem Profidebüt gelang ihm ein Hattrick für den KSC, mit dem er auch in die Bundesliga aufstieg. In 163 Bundesliga-Spielen für Karlsruhe, Köln und Freiburg erzielte er 27 Tore. Das ist vielleicht keine beeindruckende Quote, aber daran dachte Mutzel auch nicht, als er seinen ehemaligen Mitspieler anrief. "Wir wollten einen Stürmer, der auch viel für das Team arbeitet, einen, der den anderen Torchancen ermöglicht", sagt der Sportdirektor. "Es ist gut, wenn ein Stürmer nicht immer nur an sich selbst denkt."

Freis kennt seine Quote auch, doch deswegen zweifelt er noch lange nicht an sich. Er will jetzt auch bei Greuther Fürth der laufstarke Stürmer sein, der viele Wege geht, und nicht nur der, der an der Strafraumkante auf Vorlagen lauert. Die Entscheidung für Fürth sei auch eine des Fußballverstandes gewesen, sagt er. Beim SC Freiburg sei mehr Wert auf den Ballbesitz gelegt worden, dabei habe er nur selten Torchancen erhalten. "Dieses intensive Pressing in Fürth kommt mir mehr entgegen, über die Konterchancen kommst du zu mehr Torschüssen", sagt er. So weit zumindest die Theorie.

In seinem ersten Spiel gegen Ingolstadt hat das noch nicht geklappt, "wie alle ist er ein bisschen in der Luft gehangen", sagt Mutzel, "auch er hatte keine überragende Aktion." Der Sportdirektor lobt dennoch, dass sich Freis "sehr schnell" eingelebt habe, "und auch gegen Ingolstadt war zu sehen, dass er viele gute Wege geht". Es sollen die Wege sein, die Fürth wieder Erfolge bringen.

© SZ vom 16.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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