Zum Tod von Stephan Beckenbauer:Er wollte nur Fußball spielen

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Stephan Beckenbauer wurde nur 46 Jahre alt. (Foto: Ulmer/imago)

Stephan Beckenbauer hatte keine einfache Beziehung zu seinem berühmten Vater. Seine Erfüllung fand er beim FC Bayern trotzdem - als Jugendtrainer von Schweinsteiger, Lahm und Co.

Von Filippo Cataldo, München

Es gab Zeiten, da hätte er lieber einen anderen Namen gehabt. Das ein oder andere Mal sei ihm sicherlich durch den Kopf gegangen, "dass es für mich vielleicht ein bisschen einfacher gewesen wäre", erzählte er vor Jahren dem Spiegel. Doch er wäre trotzdem immer der Sohn seines Vaters geblieben. Stephan Beckenbauer hätte sich einen anderen Beruf aussuchen müssen, um die ewigen Vergleiche zu vermeiden. So wie sein Bruder Michael, der Psychiater wurde. So wie sein Halbbruder Thomas, den der berühmte Vater aus einer früheren Beziehung in die Ehe mitgenommen hatte und der als Anlageberater arbeitete.

Für ihn kam das aber nicht in Frage. Stephan Beckenbauers Leben war der Fußball. Der dritte Sohn von Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer wollte "immer nur Fußball spielen", er sei darum bewusst "in denselben Bereich" wie sein Vater gegangen, wie er 2010 der SZ erklärte.

Dass er dabei nicht in die Fußstapfen des Vaters treten konnte, der Weltmeister war als Spieler und Trainer und dem alles so scheinbar leicht fiel, war ihm von Anfang an klar. Dem Vergleich konnte er nicht standhalten, "dafür war er einfach zu gut", der Vater habe eine "Göttlichkeit" auf dem Platz gehabt. Stephan Beckenbauer war auch Libero, ein recht guter, aber eben auch ein ziemlich menschlicher. Nicht der fleißigste im Training, nicht der eleganteste Spieler, aber solide, umsichtig und zweikampfstark.

Pausenlos kritisiert habe ihn der Vater beim Fußball, aber auch unterstützt

Doch wenn du der Sohn von Franz Beckenbauer bist und Libero wirst, erwarten die Leute wahrscheinlich ein bisschen mehr. Der Vater sowieso. "Pausenlos kritisiert", habe ihn der Vater, wenn er mal eines seiner Spiele besucht habe, erzählte Stephan Beckenbauer dem Spiegel, aber er habe ihn machen lassen, ja sogar "unterstützt". Die Situation sei für beide nicht ganz einfach gewesen.

Wohl auch, weil Stephan Beckenbauer und sein Vater sich lange nicht wirklich gut gekannt haben. Stephan war acht, als der Franz den FC Bayern und München verließ und nach New York zog, um die Welt und das Fußballspielen in einer Operettenliga kennenzulernen. Doch oft zu Hause gewesen war er auch davor schon nicht. Ein Vater, dessen Schatten immer über einem schwebt, aber einem nie wirklich nahe ist. "Irgendwie gestört" sei das Verhältnis in all den Jahren gewesen, man habe nicht wirklich miteinander reden können. Das erzählte Stephan, als sie sich längst wieder näher gekommen waren.

Franz Beckenbauer bereut mittlerweile, dass er für seine ersten Kinder nicht der Vater war, der er nun für seine späten zwei Kinder Joel, 15, und Francesca, 12, ist. Das hat er oft erklärt. Nun nimmt er sich die Zeit, die er früher nicht hatte oder nicht haben wollte oder wahrscheinlich beides. Er sei zu jung gewesen, als er Familienvater wurde. Als Thomas kam, war er gerade mal 18 und noch weit davon entfernt, der Kaiser zu sein. Als Stephan im Dezember 1968 geboren wurde, waren Franz und seine Kumpels Sepp Maier, Gerd Müller, Katsche Schwarzenbeck und Co. auf dem Weg, ihre erste Meisterschaft zu gewinnen. Beckenbauer senior zementierte in jener Saison seinen Legendenstatus.

Zum Tod von Stephan Beckenbauer
:Erfüllung in der Jugendarbeit

Stephan Beckenbauer ist nach langer Krankheit gestorben. Er wurde 46 Jahre alt. Die Beziehung zu seinem berühmten Vater war nicht immer einfach.

Stephan entschied sich in jenen Jahren, da der Vater seine größten Erfolge feierte, seinen Namen zwar zu behalten, aber einen anderen Weg zu gehen als sein Vater. Mit 18 schon verließ er den FC Bayern, versuchte sein Glück in Frankfurt, Offenbach, später auch in der Schweiz und in Saarbrücken, für den dortigen 1. FC brachte er es auf zwölf Bundesligaspiele.

Zwischendurch heuerte er sogar beim TSV 1860 München an (der am Samstag beim Zweitliga-Spiel gegen Freiburg auch auf der Videowand an den früheren 1860-Spieler Beckenbauer erinnerte), dem Lieblingsklub seines Vaters zu Kinderzeiten. So spielte wenigstens ein Beckenbauer bei den Löwen, wenn auch nur in der drittklassigen Bayernliga. Franz war einst ja nur zum FC Bayern gegangen, weil er bei einem Spiel seines SC 1906 München von einem Löwen eine Watschn kassiert hatte.

Trainer von Lahm, Müller, Alaba

Der junior kassierte die Watschn vor allem von seinem Körper. Wenn er nicht ständig verletzt gewesen wäre, hätte er sicher mehr als zwölf Bundesligaspiele für Saarbrücken gemacht. Eine letzte schwere Knie-OP zwang ihn zum Karriereende mit 29.

Doch dann ging der Stern von Stephan Beckenbauer auf. Er wurde Fußball-Lehrer, mit 30 übernahm er die B-Jugend des FC Bayern und trainierte so praktisch alle einheimischen Bayern-Stars der Neuzeit und einige Weltemeister. 2001 führte er, den seine Spieler wegen seiner kumpelhaften Art liebten, die Mannschaft um Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Michael Rensing, Christian Lell und Andreas Ottl zur deutschen B-Jugend-Meisterschaft. 2007 wiederholte er dies mit Spielern wie Thomas Müller, Holger Badstuber, Mats Hummels und Diego Contento, danach war er kurzzeitig auch Assistent von Herrmann Gerland bei den Amateuren der Bayern. Das letzte große Talent, das den Sprung von seiner B-Jugend zu den Profis schaffte, war David Alaba.

Schweinsteiger schreibt: "Die Nachricht macht mich sehr traurig"

In den vergangenen drei Jahren kümmerte er sich um die Entwicklung der Jüngsten: Beckenbauer war Trainer der D-Jugend und Jugendscout. In der Nachwuchsarbeit fühlte er sich wohl, auch weil er sich dort nicht ständig als "der Sohn von" angesehen fühlte. "Ich bin froh, in die Stadt gehen zu können und nicht alle drei Meter angesprochen zu werden", sagte er 2010 der SZ.

Stephan Beckenbauer ist in der Nacht auf Samstag verstorben, nach "langer, schwerer Krankheit", wie die Familie Beckenbauer und der FC Bayern in einer gemeinsamen Mitteilung erklärten . Er hinterlässt seine Frau und drei Söhne. Beckenbauer wurde nur 46 Jahre alt.

"Die Nachricht über den Tod meines Jugendtrainers Stephan Beckenbauer macht mich sehr traurig", schrieb Weltmeister Bastian Schweinsteiger in den sozialen Netzwerken. "Mit meinen Gedanken bin ich bei seiner Familie." Der FC Bayern spielte am Samstagabend beim Supercup in Wolfsburg mit Trauerflor.

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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