Winter-WM in Katar 2022:Glühwein für die Wanderarbeiter

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Spätestens am Freitag gibt die Fifa den Zeitraum der Fußball-WM in Katar bekannt. (Foto: dpa)

Viele Kritiker der Winter-WM in Katar zielen darauf ab, dass Fußball und Advent angeblich nicht zusammenpassen. Dieses Jammern der Wohlstandseuropäer ist allerdings der falsche Ansatz, um gegen die WM in Katar zu protestieren.

Von Claudio Catuogno

Alle haben jetzt was gegen die Winter-WM: die Fußball-Ligen, die Profiklubs, die Wintersportverbände, die Kirchen, die Grünen. Und eigentlich geht es bei der Ablehnung immer ums Geld. Außer bei den Kirchen, da geht es um Weihnachten. Und bei den Grünen, da geht es um Glühwein.

Jedenfalls hat Katrin Göring-Eckardt eine entsprechende Stellungnahme verschickt, als sich abzeichnete, dass der Weltfußballverband Fifa mit seiner Katar-WM 2022 November und Dezember anpeilt, um der Sommerhitze auszuweichen. November? Dezember? Ist da in Deutschland nicht so hässliches Wetter? "Fußball und Glühwein, das passt nicht zusammen", teilte also die grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag mit, und weiter: "Fußball-WM im Winter ist so ähnlich wie Strandurlaub ohne Meer."

Aha. Man hat schon klügere Politiker-Statements zu dem Thema vernommen. Aber das Jammern über Fußball unter Heizpilzen wird jetzt wieder anschwellen, ab Donnerstag will die Fifa die Details ihrer Winter-WM klären. Dabei ist Fußball doch im Sommer am Schönsten! Public Viewing auf dem Weihnachtsmarkt? Glühwein statt Dosenbier? Bäh!

Doch wäre denn wirklich etwas einzuwenden, wenn sich die Fußball-Welt einmal in 100 Jahren dazu bekennen würde, ihre Weltmesse nicht immer zum gleichen, im Kommerzbetrieb etablierten Termin auszutragen - weil das Bewerber in abweichenden Klimazonen von Vornherein ausschließt? Eher nicht. Bloß kann im Fall von Katar von so einem Bekenntnis keine Rede sein. Die Fifa ist hineingeschlittert in das Projekt - auf welchem Schmiermittel, ist ungeklärt. Auch deshalb sollte bei der Ablehnung anderes im Vordergrund stehen als das Murren von uns Wohlstandseuropäern, dass die Winter-WM mit unseren Fanmeilen-Gewohnheiten bricht.

Tausende Wanderarbeiter aus Asien wären vermutlich froh, wenn man ihnen auf den WM-Baustellen wenigstens Glühwein ausschenken würde, da ihnen ja oft schon der einfache Schluck Wasser verwehrt wird. Und wenn diejenigen, die bis zur Fertigstellung der Stadien nicht vom Gerüst gefallen sind, einen Wunsch frei hätten - womöglich wäre das ja sogar: Strandurlaub ohne Meer?

© SZ vom 19.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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