Wimbledon:Ein Punkt, der Kerber neues Vertrauen schenkt

Lesezeit: 2 min

Angelique Kerber gewinnt die dritte Runde in Wimbledon und findet neues Vertrauen in ihre eigenen Möglichkeiten. (Foto: REUTERS)
  • Angelique Kerber kämpft sich gegen Shelby Rogers ins Achtelfinale von Wimbledon.
  • Die nächste Runde erreicht sie dank ihrer eigenen Fähigkeiten und nicht aufgrund der Fehler ihrer Gegnerin.
  • Das wiederentdeckte Vertrauen in ihre Stärke könnte in der nächsten Runde entscheidend werden.

Von Barbara Klimke, London

Neues Spiel, neues Glück: Nicht mehr und nicht weniger erwartet Angelique Kerber von ihrer Sommerexpedition nach Großbritannien. Das Gras war frisch und die Hoffnung grün, als die kriselnde Weltranglistenerste vor Wochenfrist in London landete, und mittlerweile lässt sich vor Ort zusammenfassen: Das Gras ist etwas strapaziert und plattgetreten nach den ersten drei Wettkampfrunden. Aber die Hoffnung grünt noch immer, und wenn am Montag die Achtelfinals in Wimbledon beginnen, ist Angelique Kerber noch im Turnier.

Das ist, ganz allgemein, eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den French Open in Paris, wo Kerber als zweimalige Grand-Slam-Siegerin schon zum Auftakt gescheitert war. Und auch die Drittrundenpartie im Speziellen gegen die US-Amerikanerin Shelby Rogers, eine clevere, wendige, variantenreiche Spielerin, hat Kerber als eine Steigerung ihres Leistungsstands erlebt. "Es war gut zu sehen, dass ich so ein Spiel noch drehen und dann gewinnen kann", sagte sie, als sie nach zwei Stunden und 16 Minuten den letzten Punkt zum 4:6, 7:6 (7:2), 6:4 vollendet hatte.

Wimbledon
:Der ungewöhnlichste Spieler in Wimbledon

Die Geschichte von Marcus Willis ist kitschiger als ein Hollywood-Streifen und begeisterte im vergangenen Jahr die Zuschauer in Wimbledon. Auch diesmal ist der Brite dabei - wieder gibt es Drama.

Von Matthias Schmid

Zum dritten Mal in fünf Tagen hat sich Angelique Kerber, 29, aus Kiel auf dem Rasen von Wimbledon nun zu einem Sieg gezittert, und erstmals musste sie am Samstag auch einen Satz abgeben. Doch der Umstand, dass sie den Rückstand mit eigenen Mitteln aufholen konnte, ohne erneut darauf setzen zu müssen, dass die Gegnerin ihr den Gefallen tut, die eigenen besten Chancen ins Netz zu dreschen, hat ihr ganz offensichtlich neues Vertrauen in ihre Möglichkeiten gegeben.

"Das war der wichtigste Ball: der Punkt, der das Match entschied"

Ihr Trainer, Torben Beltz, zappelte in der ersten Tribünenreihe jedenfalls nervös mit den Füßen, als Kerber nach verlorenem ersten Satz auch im zweiten 3:4 und 0:30 zurücklag. Sie holte auf bis zum 30:30, dann zirkelte Shelby Rogers, die Nummer 70 der Welt, einen sehr gefühlvollen, sehr gefährlichen Volley knapp quer übers Netz - und die Weltranglistenerste musste wetzen, um ihn gerade noch zu erreichen und an Shelby vorbei zu platzieren. Dieser Sprint brachte Kerber den Breakpoint ein, der die Voraussetzung war, den Satz noch für sich zu entscheiden. "Da habe ich gemerkt, dass ich den Rhythmus im Spiel finde, dass ich mich gut auf dem Platz bewege", erzählte sie später. "Das war der wichtigste Ball: der Punkt, der das Match entschied." Und vielleicht, so wagte sie zu vermuten, sei der Dreisatzsieg gegen Shelby Rogers ja der "Wendepunkt" für sie gewesen.

Es gehört zu Angelique Kerbers Eigenarten auf dem Platz, dass sie stets dann am besten spielt, wenn ihr die Bälle am heftigsten um die Ohren fliegen. Und so konnte Tennis-Nationaltrainerin Barbara Rittner nach dieser Partie ein positives Fazit ziehen: "Das war ein Sieg mit Herz und Leidenschaft, auch wenn ab und zu noch die letzte Überzeugung gefehlt hat."

Als nächstes wird Kerbers neue Leidenschaft nun auf die Ausdauer von Garbine Muguruza treffen - und die Spanierin ist ein anderes Kaliber als die bisherigen Gegner: Denn am Montag duellieren sich nun zwei Rivalinnen, die 2016 in der Summe drei Grand-Slam-Trophäen gewannen: Muguruza triumphierte bei den French Open in Paris, Kerber bei den Australian Open in Melbourne und den US Open in New York. (Nur auf dem Rasen von Wimbledon setzte sich Serena Williams durch, die diesmal fehlt). Gegen Spaniens Nummer eins ist Kerbers Bilanz allerdings weniger erbaulich, zuletzt hat sie viermal in Serie verloren. Andererseits haben beide jeweils schon einmal ein Wimbledon-Finale erreicht, sie wissen also, was da über die Netzkante auf sie zufliegen kann. "Das wird ein anderes Match als die drei vorangegangenen", hat Angelique Kerber am Samstag prophezeit. Aber das soll ja ihr Motto in Wimbledon 2017 sein: Neues Spiel. Neues Glück.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Wimbledon
:Wie die jungen Wilden Wimbledon aufmischen

Noch dominieren Größen wie Roger Federer und Rafael Nadal die Tennis-Szene. In Wimbledon zeigt sich: Die Generation um Alexander Zverev könnte ihnen sehr bald gefährlich werden.

Von Matthias Schmid

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: