Weltmeister Neuseeland:Ein letzter Geniestreich der All Blacks

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Überragender Spieler im Finale: Neuseelands Dan Carter (Foto: Getty Images)
  • Neuseeland verteidigt seinen Titel bei der Rugby-WM gegen Australien und siegt 34:17.
  • Dan Carter verabschiedet sich dabei mit einem Geniestreich von seiner Mannschaft, die vor einem großen Umbruch steht.

Von Tobias Schächter, London/München

Eine kleine Drehung nur und dann setzte Dan Carter mit seinem linken Zauberfuß blitzschnell den Drop-Kick dieser WM: Aus 43 Metern flog das Rugby-Ei und flog - und Dan Carter schrie dem Spielgerät beschwörend hinterher, bis es schließlich über der Stange im Malfeld der Australier gelandet war.

Zehn Minuten vor Abpfiff des WM-Finales 2015 bedeutete dieser Geniestreich des 33 Jahre alten Carter die Vorentscheidung. Australien hatte eine zehnminütige Überzahl in der zweiten Halbzeit zwischen der 53. und 63. Minute dazu genutzt, dieses Spiel noch einmal spannend zu machen - verkürzte durch zwei Versuche mit anschließender Erhöhung von 3:21 auf 17:21. Doch Carter erhöhte mit seinem Drop-Kick für die kurz strauchelnden "All Blacks" auf 24:17, am Ende feierte Neuseeland mit 34:17 den WM-Titel 2015 im Londoner Rugby-Tempel Twickenham.

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(Foto: Phil Walter/Getty Images)

Haka mit dem Pokal: Nach dem 34:17-Sieg gegen Australien im WM-Finale zelebrieren die Neuseeländer den Kriegstanz.

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(Foto: Getty Images)

Früh scheinen die All Blacks die Partie entschieden zu haben, die 81 605 Zuschauern im Rugby-Tempel Twickenham sehen eine deutliche Halbzeitführung.

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(Foto: Adrian Dennis/AFP)

Doch dann hat Australien das Ei häufiger in den Händen und kommt zu Punkten, der Vorsprung des Titelverteidigters schmilzt zusammen.

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(Foto: Laurence Griffiths/Getty Images)

Auftritt eines besonderen Spielers: Dan Carter legt sich das Spielgerät zurecht und reißt in seinem letzten Länderspiel die Partie an sich.

Mit insgesamt 19 Zählern ist der 33-Jährige der überragende Spieler der Partie, der mit seinem linken Zauberfuß das Rugby-Ei perfekt trifft.

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(Foto: Paul Childs/Reuters)

Prinz Harry, Ehrenpräsident des englischen Rugby-Verbandes überreichte dem alten und neuen Weltmeister die "Webb-Ellis-Trophäe".

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(Foto: Phil Walter/Getty Images)

All Blacks, All Greatest: Neuseelands Nationalmannschaft hat Geschichte geschrieben und als erstes Team seinen WM-Titel erfolgreich verteidigt.

Zum ersten Mal seit der Premiere der Rugby-WM 1987 verteidigte ein Team den Titel erfolgreich: Vor vier Jahren hatten die wegen ihrer ganz schwarzen Kleidung "All Blacks" genannten Rugby-Helden aus Neuseeland die Heim-WM gewonnen und damals ein ganzes Volk kurz nach den verheerenden Erdbeben auf den beiden Inseln im Pazifik getröstet. Nun jubeln wieder 4,3 Millionen Neuseeländer über den Titel in ihrem Nationalsport, zum ersten Mal gewann das Team den Titel außerhalb der Landesgrenzen, es war Neuseelands dritter WM-Titel insgesamt. Dass diesmal der Sieg im Finale gegen den alten Rivalen Australien gelang, mindert die Freude sicher nicht. Australien war die zweitbeste Mannschaft dieses Turniers, aber bis auf eine kurze Phase in der zweiten Halbzeit hatten die "Wallabies" kaum Mittel, die sensationell angreifenden Neuseeländer zu stoppen.

Die Bilanz des Trainers ist überragend

Diese "All Blacks"-Generation ist vielleicht die beste der Geschichte. Die Bilanz von Trainer Steve Hansen in den letzten vier Jahren ist sagenhaft. Hansen war beim Titeltriumph vor vier Jahren noch Assistent von Chefcoach Graham Henry, die "All Blacks" gewannen bis Samstag unter seiner Regie 48 von 53 Spielen (nur drei wurden verloren). Und nun also kam auch der Sieg im WM-Finale dazu, der stocksachliche Hansen aber sagte nur: "Ich bin wahnsinnig stolz auf dieses Team."

Kurz darauf stemmte der neuseeländische Kapitän Richie McCaw den Webb-Ellis-Pokal in den Himmel von Twickenham. Der Engländer William Webb Ellis gilt als der Erfinder des Spiels, die Siegertrophäe überreichte Prinz Harry von Wales, der Ehrenpräsident des englischen Rugby-Verbandes. Die Engländer waren schon in der Gruppenphase ausgeschieden und dennoch ein beeindruckender Gastgeber dieses nach der Fußball-WM und den Olympischen Sommerspielen mittlerweile zum drittgrößten Sportereignis dieses Planeten aufgestiegenen Rugby-Spektakels.

Während sich die Teams aus Europa unter den 20 Teilnehmern in der Gruppenphase verausgabten, viele Verletzte zu beklagen hatten und dementsprechend schon im Viertelfinale scheiterten, taten die "All Blacks" zu Beginn des Turniers nur das Nötigste, überrannten dann Frankreich im Viertelfinale und gewannen im Halbfinale schließlich knapp und dreckig gegen Südafrika. Und dann dominierten sie die Australier bis auf diese Phase in Unterzahl in der zweiten Halbzeit im Finale klar. "Sie haben verdient gewonnen, sie waren die beste Mannschaft des Turniers", gratulierte der australische Kapitän Stephen Moore dem Gegner fair: "Sie zeigten ihre ganze Klasse, als wir dran waren, das Spiel zu drehen."

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Bei der Heim-WM vor vier Jahren fehlte Carter im Finale

Und einer ragte beim Sieger besonders heraus: Dan Carter wurde zum besten Spieler des Spiels gewählt. Bei vier Weltmeisterschaften war der wohl beste Verbinder aller Zeiten dabei. Als er bei der Heim-WM vor vier Jahren ausgerechnet im Finale verletzt fehlte, litt ganz Neuseeland mit diesem Sportler. "Das hat wehgetan damals. Aber jetzt bin ich glücklich, Teil einer so großartigen Mannschaft zu sein", sagte der Matchwinner bescheiden. Carter vollendete am Samstag seine große Karriere in seinem letzten Auftritt im All Blacks-Trikot. Er wechselt nach Frankreich, wo er bei Racing Metro Paris mit 1,5 Millionen Euro Jahresverdienst zum bestbezahlten Rugby-Profi aufsteigt.

Die "All Blacks" stehen vor einem großen Umbruch, neben Carter beenden noch einige Weltmeister ihre Laufbahn in der Ländermannschaft. Unter anderem auch Kapitän Richie McCaw, der die meisten Länderspieleinsätze weltweit aufweisen kann. Von seinen 148 internationalen Spielen mit den "All Blacks" gewann er 131. Und der Moment am Samstag, verriet Richie McCaw, sei der beste seiner Laufbahn. Jetzt wird aber nicht zurück oder nach vorne geschaut in Neuseeland - es wird gefeiert. 4,3 Millionen Neuseeländer werden das Wochenende Down Under zu einer einzigen Party machen.

© SZ vom 01.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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