Vorwurf von Wissenschaftlern:Verband soll Studie über Massendoping in der Leichtathletik zurückhalten

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  • Vor der Leichtathletik-WM 2011 gab die World Anti-Doping Agency (Wada) eine Studie in Auftrag, in der mehr als 2000 Athleten anonym befragt wurden: 29 Prozent gaben demnach zu, gedopt zu haben.
  • Nun werfen die Forscher dem Leichtathletikverband IAAF vor, die vollständige Publikation der Studie zu blockieren.
  • Die Wada räumt allerdings ein, die IAAF habe bezüglich der Veröffentlichung ein Vetorecht erhalten.

Uni Tübingen spricht von "ernsthaftem Eingriff"

Mit weiteren Vertuschungsvorwürfen haben die Urheber einer aufsehenerregenden Doping-Studie den Druck auf den Leichtathletik-Weltverband IAAF erhöht. Wie die ARD und die britische Zeitung Sunday Times berichten, habe die IAAF die Veröffentlichung einer vor der WM 2011 durchgeführten anonymen Athletenbefragung aktiv blockiert.

In der Studie hatten knapp ein Drittel der Teilnehmer angegeben, in den zwölf Monaten vor der WM in Daegu gedopt zu haben, die New York Times trug diese Ergebnisse 2013 in die Öffentlichkeit. "Dass die IAAF die Veröffentlichung der Ergebnisse so lange ohne guten Grund zurückhält, ist ein ernsthafter Eingriff", teilte die Universität Tübingen mit, die an der Studie beteiligt war. In einer Woche beginnt in Peking die Leichtathletik-WM (22. bis 30. August).

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hatte die Studie in Auftrag gegeben, um unter dem Schutz der anonymen Befragung Aufschlüsse darüber zu erhalten, in welchem Umfang Doping betrieben wird. 29 Prozent der Teilnehmer räumten daraufhin Doping in der Vorbereitung auf die Titelkämpfe im südkoreanischen Daegu ein. Insgesamt waren mehr als 2000 Athleten befragt worden.

Wissenschaftler unterzeichneten Verschwiegenheitsabkommen

Wie die Wada nun bestätigte, habe die IAAF im Vorfeld ein Vetorecht in Bezug auf die Veröffentlichung erhalten. Die Wissenschaftler hätten nach der Studie ein Verschwiegenheitsabkommen unterzeichnen müssen. "Die IAAF blockiert es", sagte Mitherausgeber Rolf Ulrich zu ARD und Sunday Times: "Gemeinsam mit der Wada sind sie die Stakeholder, und sie halten es zurück."

Die New York Times hatte 2013 die wichtigsten Zahlen veröffentlicht, schon damals sah sich die IAAF mit den Vorwürfen der Vertuschung konfrontiert. Die IAAF halte bis heute die vollständige Publikation zurück, hieß es nun.

Zuletzt hatte die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping, im Schattenreich der Leichtathletik" für Aufsehen gesorgt. Auch vor der Ausstrahlung habe der Weltverband Druck auf die Urheber der Enthüllungen ausgeübt, sagte zuletzt Hajo Seppelt, verantwortlicher Redakteur des Films, dem Internetportal spox.com: "Wir haben auch vor diesem Film wieder ein Schreiben der Anwälte der IAAF bekommen. Wir sollten unterschreiben, dass wir bestimmte Informationen nicht öffentlich machen."

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