Vorwürfe gegen Mönchengladbach:"Ich bin respektlos behandelt worden"

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Von Gladbach enttäuscht: Álvaro Dominguez (Foto von 2015).

(Foto: Eibner/imago)

Nach dem Karriere-Ende erhebt Álvaro Domínguez schwere Vorwürfe gegen Gladbach. Er konnte teilweise kaum laufen, trotzdem habe man seine Verletzung nicht ernst genommen. Der Klub reagiert geschockt.

Von Javier Cáceres, Madrid

Der ehemalige Bundesligaprofi Álvaro Domínguez, der am Dienstag im Alter von nur 27 Jahren sein Karriereende verkündet hatte, hat schwere Vorwürfe gegen seinen Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach erhoben. In einem Interview mit der spanischen Sportzeitung Marca stellte Domínguez in den Raum, dass er wegen Ärztepfusch zum Invaliden wurde. "Ich bin in Mönchengladbach respektlos behandelt worden. Es hat dort an Güte und Menschlichkeit gefehlt", sagte Domínguez.

Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl reagierte geschockt. Man könne die Anwürfe "weder verstehen noch nachvollziehen", sagte der Manager. "Wir haben natürlich vollstes Verständnis für seine Emotionen nach dieser für ihn so schwerwiegenden Entscheidung, aber ich kann so viel sagen, dass unser Ärzteteam medizinisch alles Menschenmögliche getan hat, um ihm zu helfen", fügte Eberl hinzu.

Gravierende Bandscheibenprobleme

Genau dies aber stellte Domínguez in Abrede. Der zweimalige spanische Nationalspieler, der 2012 von Atlético Madrid an den Niederrhein gewechselt war, erklärte, er habe seit 2015 unter Rückenbeschwerden gelitten, die zu gravierenden Bandscheibenproblemen ausgeartet seien. Er habe mitunter nur mit Spritzen spielen können. Mittlerweile trage er zwei Prothesen, die ihm zumindest erlauben würden, wieder ein normales Leben zu führen. "Es war alles surreal", sagte er. "Mit der Zeit habe ich meine Freunde bitten müssen, Einkäufe zu tätigen, mir das Essen zuzubereiten." Er sei schwer deprimiert gewesen, ihm sei "alles Mögliche durch den Kopf" geschossen.

Als er dem Klub schließlich den Entschluss mitgeteilt habe, seine Karriere zu beenden, hätten die Verantwortlichen "unter Schock" gestanden. "Der Sportdirektor sagte mir wörtlich: 'Vielleicht haben wir diese Verletzung nicht so ernst genommen, wie es hätte sein müssen.'" Das letzte seiner 81 Bundesliga-Spiele bestritt Domínguez im November 2015. Sein Vertrag ist noch nicht aufgelöst. Domínguez sagte auch, er behalte sich rechtliche Schritte gegen Borussia vor. Er habe in Deutschland bereits Anwälte kontaktiert.

Domínguez' Schilderungen zufolge vergingen Monate, ehe er in Mönchengladbach überhaupt vernünftig untersucht worden sei. Das Ärzteteam sei nicht auf der Höhe eines Elite-Klubs. Vor einem Spiel gegen Hertha BSC im Mai 2015 sei die Lage dann erstmals eskaliert. Wegen einer Rückenblockade sei er nicht in der Lage gewesen zu laufen. Das könne jedem einmal passieren, habe der Mannschaftsarzt gesagt - und Domínguez eine Spritze versetzt. Dennoch konnte er nicht den Flieger besteigen. Danach sei er zur Reha geschickt worden. Als es darum ging, den dritten Tabellenplatz zu sichern, habe er sich breitschlagen lassen zu spielen.

Hat sich Dominguez für die Borussia geopfert?

"Nach 20 Minuten wusste ich nicht, wie das enden würde. Ich habe gespielt, aber konnte weder sprinten noch springen. Als es vorbei war (das Spiel), sagte mir der Arzt, dass ich Urlaub bräuchte." In Madrid habe er einen Spezialisten konsultiert: "Man sagte mir, dass es ein ziemlich kompliziertes Problem sei." Nach der Saisonvorbereitung habe er dann erneut die Waffen strecken müssen. Daher habe er sich dann auch fünf Wochen lang in Madrid behandeln lassen.

Nach dem Rücktritt von Lucien Favre - der wie sein Nachfolger André Schubert nach Angaben von Domínguez nicht wusste, wie schwerwiegend die Verletzung war - habe er sich erneut überreden lassen, sich für die Borussia zu opfern. "Der neue Trainer (André Schubert/d. Red.) sagte, dass er mich brauchte, dass ich wichtig sei." Da habe er noch nicht gewusst, wie gravierend sein gesundheitliches Problem sei, zudem habe man ihm gesagt, dass die Schmerzen nach und nach schon vergehen würden: "Da hat die Mannschaft angefangen zu gewinnen, und ich zu verlieren."

Die Borussia sei für den Spieler da gewesen, sagt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl

Nach zehn Spielen habe er den Münchner Sportarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt konsultiert. "Als er mich sah, packte er sich an den Kopf. Er fragte mich, ob ich wirklich spielen würde", erzählt Domínguez. "Nachdem er die Untersuchungsergebnisse sah, sagte er mir: 'Sofort unters Messer'. Doch der Klub bat mich um ein Treffern, an dem der Sportdirektor, der Trainer, der Arzt, der Vizepräsident und ich teilnahmen. Ich habe ihnen erklärt, dass ich etwas sehr Schwerwiegendes hätte und gelähmt bleiben könnte, wenn ich weiterspiele. Ich hatte drei bestialische Bandscheibenvorfälle." Daher habe er sich auch operieren lassen - trotz der angeblichen Bitte des Klubs, den Eingriff zu verschieben.

Im Anschluss habe er in halb Europa Osteopathen aufgesucht. Da habe er kein Gehalt mehr, sondern Geld von der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen, das nicht gereicht habe, um alle Kosten zu decken. Die Borussia habe sich nur widerwillig daran beteiligt. "Ich hatte das Gefühl: Ich war da, als der Klub es brauchte. Und er ließ mich hängen, nachdem ich mich für die Mannschaft umgebracht hatte und vor Schmerzen starb." Domínguez weiter: "So darf man nicht mit einem Arbeiter umgehen." Dagegen steht das Wort von Sportdirektor Eberl: "Wo wir es konnten und durften", sei Borussia für Domínguez da gewesen, sagte er. Dies gelte auch für die Zukunft. "Wir sind für Álvaro da!"

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