Duo beim VfL Wolfsburg:Allofs hat 'nen Neuen

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Bis auf Platz zwei nach oben gearbeitet: Klaus Allofs (rechts) und Dieter Hecking in Wolfsburg. (Foto: dpa)

13 Jahre lang bildete Klaus Allofs bei Werder Bremen ein erfolgreiches Duo mit Thomas Schaaf. Nun, beim VfL Wolfsburg, deutet sich an, dass es mit Dieter Hecking ebenso gut funktionieren könnte.

Von Carsten Eberts, Wolfsburg

Die Anekdote ist zwei Jahre alt, was sie aber nicht weniger erzählenswert macht. Als Trainer des 1. FC Nürnberg, der gerade wieder eine Krise durchlebte, saß Dieter Hecking im Oktober 2012 in der Fußballsendung "Doppelpass". Er wollte das spezielle Nürnberger Umfeld beschreiben. Der Club sei "so emotional. Dass die Fans sich Sorgen machen, wenn der Verein aus ihrer Sicht in Schieflage geraten ist, weil wir sechs Spiele nicht gewonnen haben, ist ein stückweit normal", sagte Hecking. Er arbeite schließlich bei einem Traditionsverein, und "eben nicht in Wolfsburg".

Man konnte Hecking in diesem Moment als Verfechter des Traditionsvereinsfußball verstehen, was die Anekdote noch besser macht. Was folgte, ist bekannt: Wenige Wochen später wurde Hecking von jenem VfL Wolfsburg aus seinem Vertrag heraus gekauft. Verpflichtet von Klaus Allofs, der einen glamouröseren Trainer der Marke Bernd Schuster nicht haben wollte. Weil er Hecking wollte. Und keinen anderen.

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Es habe seine Zeit gedauert, bis er sich mit dem Verein und seiner überschaubaren Historie identifizieren konnte, sagt Hecking. Doch zwei Jahre später ist er nun bereit, zu sagen: Der VfL Wolfsburg, das ist sein Verein. Warum Hecking so gut nach Wolfsburg passt? Vielleicht, weil er in dem reichen Klub, bei dem es nicht darauf ankommt, ob Hauptgesellschafter VW ein Milliönchen mehr oder weniger zuschießt, als ehrlicher Arbeiter, als Pragmatiker wahrgenommen wird. Das sorgt für eine neue Außenwahrnehmung.

Hecking ist unverdächtig, jemals von Real Madrid oder dem FC Bayern weggekauft zu werden. Das ändert nichts daran, dass er offensichtlich gute Arbeit verrichtet. Er hat den Klub bis auf Rang zwei in der Bundesliga geführt, nur die großen Bayern sind besser.

Vor seinem Wechsel hatte Hecking einen Abend lang mit Allofs zusammengesessen. Beide tauschten sich aus, der Geschäftsführer skizzierte dem Coach die neue Aufgabe, der schlug ein. Allofs erinnerte sich vor wenigen Tagen in einem Interview: "Als ich mich vor zwei Jahren mit Dieter erstmals getroffen habe, um ihn von dem Projekt zu überzeugen und für mich zu sehen, ob es wirklich passt, wurde das klar besprochen. Ich habe ihm gesagt: 'Wir müssen dem Klub ein neues Gesicht geben.'"

Allofs' Kalkül scheint aufgegangen zu sein: Lange war Wolfsburg der stinkreiche Verein mit den glänzenden Aussichten, der einmal zufällig deutscher Meister wurde, irre viele Spieler kaufte und ansonsten seinen Möglichkeiten hinterherlief. Jetzt ist Wolfsburg ein stinkreicher Verein mit glänzenden Aussichten - der bombensicher auf Platz zwei in der Bundesliga steht. Das Duos Allofs/Hecking hat einiges bewirkt.

Allofs war immer so ein Duo-Typ. Nicht umsonst hat er es in Bremen 13 Jahre als Manager an der Seite von Trainer Thomas Schaaf ausgehalten. In Bremen hieß es immer: Schaaf und Allofs, Allofs und Schaaf. Beide wurden zusammen Meister, Pokalsieger. Allofs konnte im Auto einschlafen, wenn Schaaf neben ihm am Steuer saß, sie vertrauten einander. Als Allofs den Verein verließ, war die Fußballwelt an der Weser nicht mehr dieselbe.

Nun könnte Allofs in Hecking wieder so einen Partner gefunden haben. Allofs schätzt Heckings Akribie, seine Neugier, sein Fachwissen. Und Hecking weiß, dass er unter einem mächtigen Manager wie Allofs ruhig arbeiten kann. Allofs regelt die Befindlichkeiten mit VW, realisiert die Transfers. Hecking trainiert das Team, ohne dass Allofs sich einmischen würde. Beide ticken ähnlich, das war auch am Sonntagnachmittag nach dem 1:0 im Spitzenspiel gegen Gladbach ersichtlich. Wolfsburg hatte ein wichtiges Spiel gewonnen, war dabei reif und erwachsen aufgetreten. Nicht so ungestüm wie zuvor.

Allofs stand unten im Innenraum der Arena, Hecking saß oben bei der Pressekonferenz - und doch sagten sie das gleiche. Sie lobten, wenn sie den Eindruck hatten, dass die Leistung der Mannschaft unter Wert verkauft wurde. Und sie bremsten, wenn manch einer sie zum Angriff auf den FC Bayern ermutigen wollte. "Wir sollten nicht zu sehr auf sie schauen", sagte Hecking. Allofs, unten, formulierte es sehr ähnlich.

Heckings Fauxpas vor zwei Jahren beim Fußballstammtisch ist längst vergessen. Er ist beliebt bei den Fans, nicht zuletzt, weil er ihnen den Erfolg zurückgebracht hat. Das entscheidende Tor gegen Gladbach schoss Robin Knoche - ein Eigengewächs. So viele haben sie von dieser Sorte trotz zwei Titelgewinnen der A-Junioren (2011 und 2013) nicht. "Es macht richtig Spaß, uns zuzugucken", glaubt Hecking. Den Menschen falle auf: "Da hat sich was getan." Hecking und Allofs haben noch viel vor. Und sie haben noch elf Jahre Zeit, sollte Dieter Hecking wirklich Klaus Allofs' neuer Thomas Schaaf werden.

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