Verfolgung im Biathlon:Eine geballte Faust und ein verflixter letzter Schuss

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Jubelt euphorisch: Martin Fourcade nach seinem ersten Olympiasieg (Foto: dpa)

"Incrödible! Äppy!" Martin Fourcade jubelt über seinen ersten Olympiasieg - schon ehe er das Ziel erreicht. Der Deutsche Simon Schempp setzt den letzten von 20 Schüssen daneben, die Medaille ist dahin.

Von Volker Kreisl, Krasnaja Poljana

Es war Martin Fourcades erster Olympiasieg, und er konnte es nachher gar nicht oft genug sagen, wie sehr er sich freute. "Ich bin nur glücklich", sagte er, aber das genügte noch nicht. "Incrödible!" sagte Fourcade in einem sanften südfranzösischen Englisch. Unglaublich! Er sei "äppy!", glücklich! Empfinde "really only äppinez!", reines Glück!

Die Euphorie des Biathleten Martin Fourcade hatte viel mit dem besonderen Moment des Goldgewinnens zu tun, aber auch mit profanen Gründen. Sein Verfolgungssieg vor dem Tschechen Ondřej Moravec und seinem Landsmann Jean Guillaume Beatrix war äußerst anstrengend gewesen, und die Jagd hatte nach dem Ziel nicht aufgehört. Denn nachdem er alle Gegner hinter sich gelassen hatte, verfolgte ihn ein Verdacht.

Die Faust, die er nach seinem letzten Treffer in der Gewissheit des Sieges Richtung Publikum schwang, wurde ihm übel ausgelegt. Als unsportliche Rache dafür, dass die russischen Fans seine Schießfehler vom Samstag bejubelt hatten. Stimmt alles nicht, sagte Fourcade, "es war keine Arroganz, nur Freude".

Fourcade, 25, ist ja auch nicht bekannt dafür, dass er Revanchegedanken oder Rivalitäten pflegt, und so sagte er auch, dass er beim Sieg weder an den 15 Jahre älteren Ole Einar Bjørndalen dachte, der ihn mit seinem Sprintsieg düpiert hatte und diesmal Vierter wurde. Und er grüßte auch Emil Hegle Svendsen freundlich, seinen eigentlich härtesten Gegner, der abermals unter den Geschlagenen war. Schließlich sagte er den russischen Reportern, Russland habe ihm schon immer gefallen.

Zu dieser Harmonie passte letztlich auch die gelöste Stimmung im deutschen Team. Sie schwankte zunächst ein wenig zwischen Erleichterung und Ärger, aber nicht lange. Simon Schempp war mit einer formidablen Leistung auf Platz sechs gelaufen, was eigentlich ein gutes Signal für die noch ausstehenden vier Wettkämpfe ist.

Wäre da nicht die Enttäuschung über diesen letzten Schuss gewesen, den er nur um drei Millimeter neben die Scheibe gesetzt hatte. 19 Treffer und dann ein Fehler - hätte er getroffen, hätte auch er ein Fäustchen ballen können, ein Podiumsplatz hinter Fourcade wäre ihm sicher gewesen.

So bleibt ihm die Rolle des Besten in einem deutschen Männer-Team, das weiter nach seinem Platz in der Hackordnung dieser Spiele 2014 sucht. Für die Top-Ränge erscheint es zu schwach, aber abhaken darf man es auch noch nicht. "Ich habe mir bewiesen, dass ich vorne reinlaufen kann", sagte Schempp. Zudem hatten auch Erik Lesser (16.) und Arnd Peiffer (19.) aus ihren enttäuschenden Sprintplatzierungen in diesem Verfolgungsrennen das Beste gemacht.

Eine Plackerei werden die Wettkämpfe mit einigen steilen Anstiegen aber bleiben. Es ist warm geworden in Sotschi, auch in den Bergen stieg die Temperatur auf acht Grad und sorgte für tiefen Schnee. "Es ist wohl die anstrengendste Loipe überhaupt", sagte Schempp. Warm soll es auch bleiben.

© SZ vom 11.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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