US Open:Die Jungen fürchten den alten Stier nicht mehr

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Auch ein Stück weit ratlos: Rafael Nadal. (Foto: AP)
  • Gegen den Franzosen Lucas Pouille verliert Rafael Nadal in fünf Sätzen und verabschiedet sich von den US Open.
  • Er selbst findet, dass es nicht an seiner Einstellung liegt. Er werde sich auf die Suche nach den Gründen machen.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der US Open.

Von Jürgen Schmieder, New York

Es gab einmal eine Zeit, da hatten nicht wenige Tennisspieler immer auch ein bisschen Angst vor Rafael Nadal, weil der sie gewöhnlich nicht ausspielte, sondern niederrang. Gerade in packenden Partien zelebrierte er nach prägenden Punkten dieses Ritual, bei dem er ein paar Schritte nach vorne tippelte und danach den Aufwärtshaken eines Kirmesboxers präsentierte. Wie ein wilder Stier wirkte er da manchmal - und außer Roger Federer oder Novak Djokovic hatte kaum jemand Lust darauf, gegen Nadal anzutreten.

Am Sonntagabend in New York, da zeigte der mittlerweile 30 Jahre alte Nadal seinem Gegner Lucas Pouille (Frankreich) immer wieder mal die noch immer prächtig definierten Oberarme. Doch der registrierte das eher gelangweilt, so wie ein junger Mensch eben mit den Eigenheiten eines Vertreters der nächstälteren Generation umgeht.

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Es war ein dramatisches Match, bei dem beide Spieler jeweils 156 Ballwechsel gewannen und sich mehr als vier Stunden lang nicht nur bespielten, sondern niederzuringen versuchten. Es siegte am Ende nicht der mit diesen Partien vertraute Nadal, sondern sein acht Jahre jüngerer Gegner mit 6:1, 2:6, 6:4, 3:6, 7:6 (6).

"Wenn Du im fünften Satz 4:3 führst und bei eigenem Aufschlag mit 30:0, dann ist das keine Frage der Erfahrung", sagte Nadal danach. Gäbe es ein exaktes Gegenstück zu diesem Typen, der martialisch an der Grundlinie jubelt, dann wäre es dieser nachdenkliche Mensch in den Katakomben des Arthur Ashe Stadium. "Die Einstellung hat heute gepasst - aber wenn jemand alles gibt und dennoch nicht gewinnt, dann fehlt etwas anderes, oder? Danach muss ich suchen. Ich muss selbstkritisch genug sein, dass ich etwas ändern muss."

Nadal hat in seiner Karriere bislang 14 Grand-Slam-Titel gewonnen, er gilt als der beste Sandplatz-Spieler der Geschichte. In den vergangenen Jahren war er häufig verletzt, womöglich hatte er zuvor nicht nur seine Gegner, sondern auch seinen eigenen Körper extrem gequält. Das will er auch nicht ändern: Er trat bei den Olympischen Spielen mit einer Blessur am Handgelenk an - er gewann dennoch Gold im Doppel und verpasste im Einzel nur knapp eine Medaille. "Mein Körper verlangt, dass ich jetzt spiele", sagt er: "Nach einer Niederlage gratuliert man dem Gegner - und dann trainiert man und bereitet sich auf das nächste Turnier vor."

Dieses enge Match gegen Pouille - der zuvor bereits zwei Fünf-Satz-Partien absolviert hatte - wirft die Frage auf, ob Nadal noch in der Lage ist, innerhalb von zwei Wochen sieben Spiele zu gewinnen, bei denen er jeweils drei Durchgänge gewinnen muss. "Es ist keine Frage der Qualität", sagte Nadal: "Ich weiß, was ich tun muss." Er ist noch immer ein gefährlicher Gegner, dieser Rafael Nadal, er verfügt noch immer über ein außerordentliches Repertoire an Mitteln, auch knifflige Partien für sich zu entscheiden. Sie müssen diesen wilden Stier weiterhin respektieren - aber fürchten müssen sie ihn nicht mehr.

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