TSV 1860 München:54 000 Zuschauer feiern den Retter Bierofka

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Hoch soll er leben: Der beliebte Relegations-Held Daniel Bierofka, zuletzt wieder Übungsleiter der Regionalliga-Mannschaft, kehrt bei den Löwen auf die große Bühne zurück. (Foto: Johannes Simon/Getty Images)
  • Der TSV 1860 München besiegt den SC Paderborn und schafft vorzeitig den Klassenverbleib.
  • Interimstrainer Daniel Bierofka feiert im dritten Spiel den dritten Sieg.
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Aus dem Stadion von Markus Schäflein

Es lief die 73. Minute, das Spiel trudelte vor sich hin, es stand 0:0, was dem TSV 1860 München zum Klassenverbleib angesichts der anderen Zwischenstände gereicht hätte. Aber wo nun schon mal 54 100 Menschen in die Fröttmaninger Arena gekommen waren, um die Sechziger auf der letzten Etappe ihres Weges zu begleiten, war nun ein Jubelmoment angebracht. Also spielte Daylon Claasen einen scharfen Flachpass in die Mitte, den Paderborns Torwart Daniel Heuer Fernandes nicht festhalten konnte, also stand der aufgerückte Innenverteidiger Jan Mauersberger richtig und drückte den Ball ins Tor zum 1:0 für die Löwen.

"Ich hab' einfach nur gehofft, dass Rubin (Okotie, d. Red.) aus dem Weg geht, dass ich ihn nicht anschieße", berichtete Mauersberger, "dann war ich einfach überglücklich. Da waren so viele Emotionen drin, dass wir so ein zähes Spiel entscheiden konnten."

Nun war die Arena die erwartete riesige Partyzone, die vorher recht gelangweilten, teils auch schimpfenden Menschen riefen "Einmal Löwe, immer Löwe" und feierten Daniel Bierofka, den Aushilfstrainer, der in seinem dritten Spiel seinen dritten Sieg erreicht hatte. "Wir haben das Spiel über den Willen gewonnen", sagte Bierofka, der selbstredend "die eine oder andere Bierdusche" erlebt hatte.

Vallori und Neudecker werden verabschiedet

Vor dem Spiel hatte sich der TSV 1860 München sowohl von der Vergangenheit als auch von der Zukunft verabschiedet. Der altgediente Spanier Gui Vallori wurde mit einem langen Einspielfilm und einem Blumenstrauß für sein Löwendasein geehrt. Und der junge Richard Neudecker, der angesichts eines auslaufenden Vertrags ablösefrei zum FC St. Pauli wechselt, erhielt ein Foto von sich selbst, das ihn womöglich später mal an den Beginn einer großen Karriere erinnert. Dann ging es um die Gegenwart, derentwegen die vielen Zuschauer in die Fröttmaninger Arena gekommen waren. Bierofka entschied sich, mit Milos Degenek als Linksverteidiger für den gesperrten Maxi Wittek zu beginnen, und im zentralen Mittelfeld ersetzte der zuletzt nicht berücksichtigte Michael Liendl Romuald Lacazette, der im Training einen Schlag auf den Fuß erlitten hatte und passen musste.

Sechzig begann mit Offensivgeist, der erneut starke Claasen zog in den Strafraum und spielte quer auf Daniel Adlung, dessen Schuss parierte Heuer Fernandes, den Abpraller setzte Claasen nach verunglücktem Versuch von Rama dann selbst über die Querlatte (11.). Der SC Paderborn - mit dem früheren Sechziger Moritz Stoppelkamp als Mittelstürmer - ließ zunächst nicht erkennen, dass er unter noch weit größerem Siegzwang stand als die Münchner. Die Gäste waren zunächst darauf bedacht, den Münchnern ihren Schwung zu nehmen, was bestens gelang.

"Wir sind die ersten 15 Minuten gut reingekommen, dann hat uns der Mut verlassen", stellte Bierofka fest. "So ein großes Publikum kann auch lähmen." Nach einer halben Stunde erschienen sie dann erstmals gefährlich vor dem Tor, Ortega pariert. Paderborn übernahm nun die Initiative, griff immer wieder über die rechte Seite mit Khaled Narey an, kam aber kaum zu nennenswerten Torchancen. Auf der Gegenseite setzte Liendl einen Freistoß übers Tor (40.), dann ging es in einem wenig aufregenden Spiel mit 0:0 in die Halbzeit.

Nach der Pause mühte sich Paderborn weiter um Druck und wurde nun gefährlicher: Nach einem Eckstoß setzte Thomas Bertels einen Kopfball am entfernten Pfosten vorbei (47.), dann scheiterte Stoppelkamp mit einem Schuss an Ortega (50.). Bierofka hatte nun genug davon, dass der SCP immer wieder über die rechte Seite gefährlich wurde, Sertan Yegenoglu kam für Degenek. Auf der anderen Seite strich nach einer Stunde ein Versuch von Adlung aus der Distanz knapp am Tor vorbei. Das Eckballverhältnis lautete mittlerweile 12:3 für Paderborn, doch Chancen der Gäste waren wieder nicht mehr zu sehen.

Bierofka brachte dann in Rubin Okotie für Sascha Mölders (64.) und Levent Aycicek für Valdet Rama (70.) zwei neue Offensivkräfte. Dann kam die 72. Minute und der Jubelmoment. In der 75. Minute lärmte das Publikum erneut, Paderborns Trainer Rene Müller wurde wegen Gemecker vom Schiedsrichter auf die Tribüne geschickt. Die Sechziger wirbelten den Gegner nun noch ein bisschen durcheinander, bis der Schlusspfiff ertönte und sich ein Jubelhaufen um Bierofka bildete.

Wer sitzt gegen FSV Frankfurt auf der Trainerbank?

Mauersberger wusste das Geschehen hinterher trotz des Freudentaumels richtig einzuordnen. Nicht nur am Paderborner Auftritt in München war abzulesen, dass die Gegner im Tabellenkeller in dieser Saison lahmten. "Wir haben phasenweise von den Ergebnissen der Konkurrenz profitiert, die uns immer wieder am Leben gehalten haben", sagte Mauersberger.

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Im letzten Spiel der Saison beim FSV Frankfurt, der nach der Niederlage in Düsseldorf wie die Paderborner nur noch auf den Relegationsplatz hoffen kann, wird der trainerlizenzlose Trainer Bierofka fehlen, dessen Sondergenehmigung ausläuft. "Wie wir das lösen, ist mir komplett egal", sagte er lachend. Und auch Mauersberger fällt aus - gelbgesperrt. Mitreisen will er dennoch; der im Winter gekommene, aus München stammende Innenverteidiger soll eine Stütze des Kaders in der kommenden Spielzeit sein, den Sportchef Oliver Kreuzer nun bauen muss. "Ich denke, dass er eine Mannschaft auf die Beine stellt, die von der Mentalität her hierher passt", sagte Mauersberger. Sprich: Eine Mannschaft, die die ganze Saison lang kämpft, und nicht nur an den letzten Spieltagen.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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