TSV 1860 München:Zweitligadebüt eines schwer Vermittelbaren

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Der Neue im Kampf gegen den Abstieg: Sechzigs Debütant Marin Pongracic (Mitte). (Foto: Gerhard Buthmann/Imago)
  • Marin Pongradic hatte fast schon abgeschlossen mit dem Profifußball, ehe er im vergangenen Sommer beim Regionalliga-Team vom TSV 1860 München landete.
  • Dann ging alles ganz schnell: Nun hat er in der 2. Bundesliga debütiert.
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Von Christoph Leischwitz

Es ist durchaus möglich, dass sich Marin Pongracic und Robert Glatzel am Freitagabend als direkte Gegenspieler auf dem Fußballplatz treffen. Der Angreifer Glatzel landete 2015 beim 1. FC Kaiserslautern, nachdem er sich beim TSV 1860 München und anderen Vereinen (Wacker Burghausen, SV Heimstetten) nie richtig durchsetzen konnte. Bei Pongracic ist es genau umgekehrt: Er hat sich bei anderen Vereinen nicht durchgesetzt, dann kam er zu Sechzig - und hat es in einem halben Jahr vom U-21-Team zu den Profis geschafft.

Am vergangenen Spieltag debütierte der junge Innenverteidiger gegen den SV Sandhausen in der zweiten Liga. Abgesehen von ein paar Details habe er "ein sehr gutes Spiel gemacht", sagt Trainer Vitor Pereira. Für die Löwen stehen nun fünf "Endspiele" im Abstiegskampf an, wie sie selbst sagen, Pongracic steht im Kader, und Pereira hört sich so an, als würde er den gerade mal 19-Jährigen ohne Bedenken in eines dieser wichtigen Endspiele hineinwerfen. "Es gibt auch erfahrene Spieler, die Fehler machen", sagt er. Wieso also nicht auf den talentierten Pongracic setzen, soll das heißen. Ohnehin zeigt das nur die generelle Bereitschaft des Portugiesen, auf die Talente im Klub zu setzen. Pongracic war ja für den auch erst 19-jährigen, verschnupften Felix Uduokhai eingesprungen.

Mit der U21 hatten sie im Nachwuchsleistungszentrum im vergangenen Sommer eigentlich vorgehabt, vor allem mit Spielern aus der eigenen Jugend ins Rennen zu gehen. Doch dann beschloss Trainer Daniel Bierofka, György Hursan zu einem Sechser umzufunktionieren, und plötzlich bestand Bedarf an einem weiteren Innenverteidiger. "Er hat dann bei uns zwei Wochen Probetraining gehabt", erzählt Bierofka über Pongracic. Dann habe man sich nach längerem Nachdenken zur Verpflichtung entschlossen. Nicht, weil man Zweifel an seinen Leistungen auf dem Platz hatte. Sondern vielmehr, weil sich Pongracic dem Vernehmen nach neben dem Platz oft selbst im Weg stand, früher in der Jugend des FC Bayern, bis 2016 dann beim FC Ingolstadt. "Er war eigentlich schon weg", sagt Bierofka. Und ja, es sei ein recht harter Kampf mit ihm gewesen in den vergangenen Monaten, "wir sind schon mal aneinander gerasselt", berichtet der Trainer. Doch der Einsatz habe sich gelohnt.

Auf keinen Fall aber sei er der Typ "verwöhnter Profi". Während des Probetrainings bei den Löwen jobbte Pongracic nebenher in Landshut, pendelte hin und her. Dabei hatte er ein halbes Jahr zuvor auch schon bei den Ingolstädter Profis unter Ralph Hasenhüttl mittrainieren dürfen.

Das so genannte kleine Derby im März gegen den FC Bayern II entschied er mit einem Alleingang und einem Schuss durch die Beine des gegnerischen Keepers Leo Weinkauf. "Ich wollte eigentlich gar nicht schießen", sagte er damals nach dem Spiel verschmitzt, er schieße ja auch sonst nie Tore. Er sei ziemlich nervös gewesen vor dem Spiel gegen den Erzrivalen, bei dem er bis zur U16 gespielt hatte. Doch die Nervosität merkte man ihm damals genauso wenig an wie bei seiner Premiere in der zweiten Liga.

Seitdem er gebändigt ist, dreht der freundlich wirkende Verteidiger auf dem Platz immer mehr auf. Vor zwei Wochen kickte die U21 gegen den FC Schweinfurt (1:1), deren Trainer Gerd Klaus sagte nach dem Spiel, er habe gerade "den besten Innenverteidiger der Regionalliga" gesehen.

Bierofka lobt seine "provokante Überzeugung"

Auch wenn Tore selten bleiben werden: Neben der Zweikampfhärte sind seine Antritte mit dem Ball sein Markenzeichen. Kurz hatte Bierofka überlegt, sie ihm auszutreiben. Jetzt sagt er: "Es ist tatsächlich seine Stärke Ich mache mir nur Sorgen über den Zeitpunkt. In der zweiten Liga geht eben alles ein bisschen schneller." Doch seinen Einstand gegen Sandhausen fand Bierofka schon mal gut, das hat er ihm nach dem Spiel auch gesagt. Das, was Bierofka eine "provokante Überzeugung" nennt, eine selbstbewusste Körpersprache, das hat Pongracic offensichtlich auch mitgenommen aus der Regionalliga in die zweite Liga.

Was immer sich der junge Kroate in der Vergangenheit erlaubt hat, sein Ziehvater ist dennoch zuversichtlich, dass er ihn für immer aus der U21 verloren hat. Dass er dort trotzdem noch zusieht, deutet der Trainer als positives Zeichen: "Er hat sich am Dienstag das Spiel gegen Illertissen angeschaut, ist danach in die Kabine gekommen und hat geholfen, die Koffer zu tragen." Umgekehrt habe Pongracic der Mannschaft auch "viel zu verdanken", was immer das heißen mag. Mit anderen Worten: Das Talent steht noch in der Pflicht zu zeigen, dass es seine Chance verdient hat.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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