Transferwirren um Deniz Dogan:Geplatzte Nacht-und-Nebel-Aktion

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Kann vielleicht doch bald wieder gegen Claudio Pizarro spielen: Deniz Dogan (rechts) bleibt in Braunschweig. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Suchen, feilschen, testen, zuschlagen: Das Transferfenster im Fußball ist geöffnet. Da muss es schnell gehen - doch manchmal geht etwas schief. Wie bei Deniz Dogan von Eintracht Braunschweig.

Von Sebastian Fischer

In Jerez schien am Mittwoch die Sonne, es sollen Trompeten gespielt und Feuerwerkskörper explodiert sein. In der andalusischen Stadt nahe der Atlantikküste bereitet sich Bundesliga-Absteiger Eintracht Braunschweig gerade auf die Rückrunde in der zweiten Liga vor, und es gab etwas zu feiern: Deniz Dogan war zurück.

Dogan, 35, hat natürlich ein wenig geflunkert, als er von Trompeten und Feuerwerk sprach. Aber gut war die Stimmung allemal in der Sonne Spaniens. Denn der Abwehrspielerspieler sollte eigentlich gar nicht mehr da sein. Am Montag war er in den Flieger in Richtung Türkei gestiegen, er wollte fortan in der Provinz Rize Fußball spielen, auch dort scheint die Sonne, und dort spielt der Erstligist Rizespor. Es stand alles fest, eigentlich. Doch es kam alles anders "Fußball ist halt verrückt", sagt Dogan.

Der Januar ist in diesem Sport eine Zeit, die viel über das Geschäft verrät: Es geht zu wie auf dem Basar. Das sogenannte Transferfenster steht für einen Monat offen, Spieler werden gesucht und feilgeboten, untersucht und getestet, gekauft und verkauft. Es muss schnell gehen, alle Parteien stehen unter Druck, Berater, Vereine, Spieler. Der Weltmeister Christoph Kramer hat im Sommer in diesem Zusammenhang mal von Menschenhandel gesprochen, es gab einen großen Aufschrei. Aber so Unrecht hatte er nicht. Es gibt sie ja, die düsteren Geschichten vom Handel mit kickendem Personal, das von einem Zirkus zum nächsten geschoben wird, und darüber die Lust verliert.

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Und es gibt nun die Geschichte von Deniz Dogan aus Lübeck, der von der Sonne Spaniens in die Sonne der Türkei und wieder zurückfliegt: Sie ist erfrischend fröhlich. Dogan hat seine gesamte Karriere in Norddeutschland verbracht, bei der Reserve des Hamburger SV, in Osnabrück, beim VfB Lübeck und in Braunschweig. Doch er hat stets davon geträumt, mal in der Heimat seiner Eltern zu spielen, die aus Sivas stammen, in der Türkei. Kein Problem, sagte Braunschweigs Manager Marc Arnold am Montag: "Wir haben Dogis Wunsch entsprochen und wollen ihm damit die Chance geben, bei einem türkischen Erstligisten zu spielen."

Wenn nicht jetzt, dann wohl nie mehr

Es habe immer mal wieder Angebote gegeben, sagt Dogan, immer mal wieder lehnte er ab, traute sich nicht so recht. Doch bei der Eintracht, die er aus der dritten in die erste und zurück in die zweite Liga begleitet hat, Publikumsliebling ist, Kapitän war - da spielte er in der abgelaufenen Hinrunde nur viermal. Wenn nicht jetzt, dann wohl nie mehr, dachte er: "Es hat sich eine Tür wieder aufgemacht, die ich in den letzten Jahren selber geschlossen habe." Seine Braunschweiger, dachte er, "haben zum Jahresende auch so sehr erfolgreich gespielt".

Dogan flog also nach Rize, checkte im Hotel ein und wachte am Dienstag abenteuerlustig auf: "Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion." Dann begannen die Verhandlungen, er muss über diesen Begriff lachen, so ernst war es dann auch wieder nicht: "es war keine Nato-Sitzung". Die Verhandlungen scheiterten.

Absprachen waren nicht eingehalten worden. Im Geschäftsjargon spricht man von einem geplatzten Deal, ein Skandal! Nein, dachte sich Dogan. Er ließ sich halt einen Rückflug buchen und stand am Mittwoch wieder in Jerez vor der Tür. Kein Problem, sagte Marc Arnold dann erneut: "Wir freuen uns, dass er wieder da ist." Und Trainer Torsten Lieberknecht stellte Dogan den Spielern vor: als Neuzugang aus Brasilien.

Der neue Brasilianer wird in der Rückrunde wohl nicht viel öfter spielen als in der Hinrunde, und dann läuft sein Vertrag aus. Kein Problem, sagt Dogan, "ich kann nachvollziehen, dass der Trainer auch den jüngeren Spielern eine Chance gibt." Das Abenteuer in Rize werde er schnell vergessen, und dann: "geht's ganz normal weiter." Schade eigentlich.

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