Trainer bei TSV 1860 München:"Ich habe nie gesagt, dass er weg ist"

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Ricardo Moniz: Neues Vertrauen in München (Foto: dpa)

Null Siege in vier Spielen, doch Ricardo Moniz darf bleiben: Der TSV 1860 München hält an seinem Trainer fest. Dafür bringt Moniz ein langes Gespräch mit Sport-Geschäftsführer Poschner hinter sich.

Von Markus Schäflein

Als wäre nicht schon alles seltsam genug beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München, machte am Mittwoch noch eine kuriose Nachricht die Runde: Papst Franziskus aus Argentinien wird Ehrenmitglied beim Arbeiterklub aus Giesing. Die Vizepräsidenten Heinz Schmidt und Peter Helfer weilten mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Schneider bei einer Generalaudienz im Vatikan und überreichten Franziskus die Ehrenmitgliedschaft und eine 1860-Fahne. Ob dem Papst klar war, dass er ohne großes Zutun in einen Klub eingebunden wurde, der in außerordentlichem Maße auf göttlichen Beistand angewiesen ist, blieb unklar.

Ricardo Moniz weilte am Mittwochvormittag nicht in Rom. Sondern im Münchner Olympiapark und tat seinen Dienst beim Laktattest. Aber wie lange er noch Trainer bei dem Fußball-Zweitligisten sein würde, nach zwei Punkten aus vier Spielen, das konnte Moniz zu diesem Zeitpunkt selbst nicht sagen.

Am Nachmittag hingegen, als er den Trainingsplatz an der Grünwalder Straße betrat, wusste er, dass er noch eine Weile bleiben wird. Das lange geplante Gespräch mit Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner hatte schließlich endlich stattgefunden, zu bereden gab es eine Menge: Poschner hatte die Debatte um den Übungsleiter am Montag ja befeuert, indem er kein klares Bekenntnis zu Moniz abgab und zudem Differenzen ansprach, was Taktik und Aufstellung betraf. "Wir sind offen wie ein Scheunentor", hatte Poschner geklagt, der Mannschaft fehle es an Stabilität, das Mittelfeld sei viel zu offensiv besetzt.

Das alles konnten die beiden nun erörtern, und, siehe da: "Es war ein ausführliches, konstruktives, produktives Gespräch, wie wir es immer gerne haben", sagte Poschner. Ob das nun bedeute, dass Moniz doch bleiben darf? Dass er nach der Länderspielpause im Spiel bei St. Pauli (Sonntag, 14. September, 13.30 Uhr) doch noch auf der Bank sitzt? "Das ,doch' können Sie streichen", antwortete Poschner, "ich habe nie gesagt, dass er weg ist. Und ich bleibe trotzdem bei meinen Aussagen vom Montag, die ich auch immer wiederholen werde, wenn ich danach gefragt werde."

Poschners öffentliche Schelte war womöglich der Versuch, bei Moniz für Gesprächsbereitschaft zu sorgen. Oft genug hat der Trainer selbst betont, kein Diplomat zu sein; Entscheidungen in den Bereichen Taktik, Personalführung und Außendarstellung hatte er manches Mal im Alleingang getroffen. "Jeder erledigt die Sachen in seinem Aufgabengebiet, was aber nicht heißt, dass man sich nicht unterhält", erklärte Poschner nun vielsagend.

Auch Investoren-Vertreter Noor Basha wird erfreut gewesen sein, dass die Dinge nun diese Wendung nahmen - und man kann davon ausgehen, dass die Meinung von Investor Hasan Ismaik bei 1860 unter dem derzeitigen Präsidium eine gewichtigere Rolle spielt als unter den Vorgängern. Basha hatte Zeit und Ruhe angemahnt, denn Zeit und Ruhe für den schön ausgedachten Neuaufbau, das hatten sie sich ja alle gegenseitig versprochen bei Sechzig - bis Poschner gegen alle Vorsätze dämmerte, dass der außergewöhnliche Wunschtrainer für die Realität vielleicht doch ein bisschen zu außergewöhnlich sein könnte. "Ich habe nur nüchtern und sachlich Kritikpunkte angesprochen", sagte Poschner nun, "im Prinzip ist nichts passiert. Wir haben dieses Projekt gemeinsam gestartet, und wir wollen es auch gemeinsam erfolgreich voranbringen."

Bei den Spielern ist Moniz zuletzt nicht unumstritten gewesen. In der Vorbereitung sei die Stimmung in der Mannschaft hervorragend und das Selbstvertrauen groß gewesen, wird erzählt; dass der Trainer im ersten Auswärtsspiel in Kaiserslautern (2:3) taktisch und personell alles über den Haufen geworfen habe, sei der entscheidende Wendepunkt gewesen. Der Umgang mit dem 18-jährigen Julian Weigl, den Moniz erst zum Kapitän machte und den er hinterher für eine nächtliche Tour umso härter bestrafte, stieß einigen Mitspielern auch sauer auf. Viele Entscheidungen seien überhaupt nicht erklärt worden.

Doch als der Trainer plötzlich angezählt war, stellten sich auch etliche Spieler hinter ihn. Rubin Okotie meldete sich etwa aus dem Trainingslager der österreichischen Nationalmannschaft: "Er ist ein sehr besonderer und spezieller Typ, der wirklich mit Herzblut arbeitet", sagte der Stürmer. "Ich habe noch nie einen Trainer gesehen, der so verbissen und motiviert ist. Er tut wirklich alles dafür, dass wir erfolgreich sind." Und Zugang Valdet Rama teilte auf seiner Einstandspressekonferenz mit: "Ich bin glücklich mit dem Trainer, und er war mitentscheidend, dass ich hierher gekommen bin. Die ersten Einheiten haben mir sehr gut gefallen."

Moniz wird nun versuchen, die Zugänge Rama und Rodri fit zu machen; und das ist unbestritten etwas, das er hervorragend kann. Ob die Mannschaft dann auf St. Pauli die taktische Ordnung aufweist, die Poschner anmahnte, bleibt abzuwarten. Es kann in jedem Fall nicht schaden, wenn Papst Franziskus für seinen neuen Klub schon mal ein paar Vaterunser betet.

© SZ vom 04.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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