Trainer auf der Tribüne:Mou aus dem Wäschekorb

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Tricks im Wäschekorb: Jose Mourinho. (Foto: Getty Images)

Jürgen Klopp darf gegen Marseille nicht auf der Dortmunder Bank Platz nehmen - das ging schon vielen Trainern so. Manche ergaben sich ihrem Schicksal, wie Werner Lorant, der einen großen Sieg nur von der Tribüne aus verfolgte. Andere versuchten mit Tricks, Einfluss auszuüben - wie der Trainer des FC Chelsea.

Eines vorweg: So kuschelig wie nach seinem Verweis gegen den SSC Neapel wird es Jürgen Klopp am Dienstagabend nicht haben. Kameras werden den Dortmunder Coach verfolgen und beobachten, ob er nicht doch zum Handy greift und seinem Assistenten Zeljko Buvac eine Whatsapp schickt, was nach den Regeln der Uefa verboten wäre. Klopp wies bereits darauf hin, dass er keine Leitung zu seinem Assisten benötige: "Zeljko und ich arbeiten meistens telepathisch zusammen - alles wird gut."

Der Dortmunder Trainer darf im zweiten Spiel der Champions-League-Gruppenphase zu Hause gegen Olympique Marseille aufgrund seines Ausfalls in Neapel nicht in die Trainerzone. Er wird vermutlich auf einem ordinären Stadionsitz Platz nehmen, auf dem es ziemlich kalt von unten heraufzieht.Der Herbst hat Deutschland erfasst, auf acht Grad sollen die Temperaturen am Abend heruntergehen.

In Neapel hatte Klopp noch einen ganz privaten Fernsehmoment genossen. Nach seiner Hinausstellung aus der Coachingzone war er ins Kabuff des Stadionhausmeisters geflüchtet, wo er mit Hausherr Vincenzo Gerrone das Spiel verfolgte, bei Wasser und Kuchen, gemütlich auf der Couch. Es sei der schönste Besuch seit Diego Maradona gewesen, sagte Gerrone anschließend gerührt, und Klopp sei ein wirklich netter Mann.

Einige Trainerkollegen haben Spiele von der Tribüne aus verfolgen müssen. Manche ergaben sich ihrem Schicksal, andere versuchten mit Tricks, trotzdem Kontakt zur Mannschaft aufzunehmen. Die schönsten Beispiele.

  • José Mourinho: Der Portugiese mit dem schwungvollen Temperament hat schon manche Partie auf der Tribüne verbracht. Im Champions-League-Viertelfinale 2005 gegen den FC Bayern war es wieder einmal so weit. Gesichtet wurde Mourinho während des Hinspiels nicht, aus gutem Grund: Wie die Londoner Times zwei Jahre später herausfand, hatte sich Mourinho in der Kabine des FC Chelsea versteckt. Dort verfolgte er das Spiel auf einem kleinen Fernseher, hielt auch die Halbzeitansprache. Fitness-Trainer Rui Faria trug trotz angenehmer Temperaturen eine dicke Wollmütze, es wird vermutet, dass er über einen Knopf im Ohr mit Mourinho verbunden war. Torwarttrainer Silvino Louro musste gleich dreimal auf Toilette und kam mit kleinen, weißen Zetteln zurück. Wie es der Zufall wollte, wechselte Chelsea danach aus. Nach dem Spiel ließ sich Mourinho, so glaubte die Times, in einem großen Wäschekorb aus dem Stadion schmuggeln. Chelsea gewann das Hinspiel 4:2, die Bayern siegten im Rückspiel 3:2 und schieden aus.
  • Arsène Wenger: Weniger erfolgreich war sein Kollege Arsène Wenger vom FC Arsenal. Im Champions-League-Spiel 2011 gegen Udinese war der Franzose ebenfalls gesperrt, versuchte jedoch per Handy von der Tribüne Kontakt mit der Bank aufzunehmen. Er stellte sich nicht sonderlich geschickt an, wurde von der Uefa erwischt. Wenger klagte, er hätte erst in der Halbzeit erfahren, dass die Handy-Benutzung untersagt sei - eine reichlich dünne Ausrede. Der Verband verlängerte seine Strafe um zwei weitere Spiele, Arsenal bekam zudem eine Geldstrafe.
  • Werner Lorant I: Ein schönes Bild lieferte Werner Lorant, der in der Saison 1999/2000 beim Auswärtsspiel des TSV 1860 München in Leverkusen auf die Tribüne geschickt wurde. Lorant flüchtete in den Innenraum, dort stand ein kleiner Fernseher, bald bildete sich eine Traube aus Betreuern und Journalisten darum. Als 1860-Stürmer Bernhard Winkler in der 90. Minute noch zum 1:1 ausglich, jubilierte Lorant, vollführte eine Pirouette. Neben Lorant stand ein kleiner Junge im Leverkusen-Pullover, der nicht so recht mitjubeln wollte, Lorant aus großen Augen anstarrte, schließlich das Gesicht in den Händen vergrub. Es war der kleine Sohn von Ulf Kirsten, damals 12 Jahre alt, der das Spiel seines Vaters verfolgte (zum Video).
  • Werner Lorant II: Wenige Tage später dann das Derby gegen den FC Bayern. Lorant war gesperrt worden, musste auf der Tribüne neben Präsident Karl-Heinz Wildmoser Platz nehmen, dick vermummt in eine blaue 1860-Decke. Die Decke musste bald dran glauben, Lorant schmiss sie vor Wut in die Luft, als Filip Tapalovic allein vor dem Tor den Ball daneben setzte. Als Thomas Riedl in der 85. Minute mit dem Schuss seines Lebens den Ball aus 25 Metern zum 1:0-Sieg ins Netz knallte, landete die blaue Löwe-Decke vor Freude schließlich auf dem Boden. Der erste Derbysieg des TSV 1860 gegen den großen Nachbarn seit 22 Jahren - Lorant hatte ihn als Fan auf der Tribüne erlebt (zum Video).
  • Joachim Löw und Joseph Hickersberger: Europameisterschaft 2008, Gruppenfinale Deutschland gegen Österreich. Nach einem Foul an per Mertesacker hatte sich Bundestrainer Joachim Löw heftig echauffiert, sein Kollege Joseph Hickersberger gab ihm kräftig contra. Schiedsrichter Manuel Enrique Mejuto Gonzales fühlte sich gestört, obwohl die Trainer nicht ihre Coachingzone verlassen hatten und schickte sie auf die Tribüne. Nun traf den Referee die volle Wucht des Zorns: Löw und Hickersberger verbrüderten sich, zeterten gemeinsam gegen Gonzales, verließen Arm in Arm den Platz. Auf der Tribüne nahm Löw schließlich zwischen Bastian Schweinsteiger und Oliver Bierhoff Platz. Zuvor musste er noch Kanzlerin Angela Merkel sein Fehlverhalten erklären. Die Uefa sperrte Löw für das Viertelfinale gegen Portugal, hinter einer Glasscheibe verfolgte er das Spiel in Basel, Assistent Hansi Flick war unten der Chef. Übrigens: Die DFB-Elf gewann beide Partien.
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