Tiffels bei der Eishockey-WM:"Ein geiler Moment für mich"

Lesezeit: 3 min

Frederik Tiffels jubelt nach seinem verwandelten Penalty. (Foto: Getty Images)
  • Frederik Tiffels gilt mit 21 Jahren als großes Eishockey-Talent.
  • Per Penalty schießt er das deutsche Team gegen Lettland ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft.
  • Dabei gab es Zweifel, ob er der richtige Schütze ist.

Von Daniel Timm

Die angespannte Stille in der Kölner Arena verwandelt sich in tosende Freude. Frederik Tiffels, gerade 21, tritt zum entscheidenden Penalty an, er macht ein paar schnelle Schritte mit seinen Kufen, bringt den Puck durch eine Rechts-links-Bewegung in Position und donnert einen hastigen Vorhandschuss in Richtung des Tors. Der Puck saust durch die Beine des lettischen Torhüters - Tiffels schlägt vor Freude mit der Hand an die Bande.

Dank Tiffels steht Deutschland bei der Heim-WM also im Viertelfinale, am Donnerstag wartet das große Spiel gegen Kanada. Tiffels schmunzelt, der Schweiß tropft noch von der Stirn, als er etwas später bei Sport 1 gefragt wird, was für ein geiler Typ er sei. "Boah, keine Ahnung ... ganz normal. Da müssen sie andere fragen", antwortet er bescheiden: "Das war schon wunderschön, einfach ein geiler Moment für mich. Den habe ich genossen und das ganze Team auch."

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Der 21-Jährige von der Western Michigan University verwandelt gegen Lettland den entscheidenden Penalty. Bei der Heim-WM geht es jetzt gegen Olympiasieger Kanada.

Dass Tiffels überhaupt zum umjubelten Matchwinner werden konnte, verdankt er seinem Talent und dem Vertrauen seines Trainers Marco Sturm. "Es macht einfach Spaß, ihm zuzusehen", sagt der Bundestrainer. Als es im Penaltyschießen um den Verbleib im WM-Turnier ging, vertraute Sturm der Jugend und schickte die allesamt 1995 geborenen Freunde Leon Draisaitl (Edmonton Oilers), Dominik Kahun (EHC München) und Tiffels auf das Eis. "Die drei sind glaube ich in einem Zimmer, auch wenn es nur ein Doppelzimmer ist", scherzt der Bundestrainer.

Dabei hatte Co-Trainer Geoff Ward noch davon abgeraten, nach den beiden jungen Spielern auch noch Tiffels für den Penalty zu nominieren. "Er hat gesagt: Lieber nicht", berichtet Sturm, der sich aber durchsetzte.

Über die College-Liga in die NHL?

Tiffels ist ein Sonderfall im DEB-Team. Während seine Kollegen das große Geld in der NHL oder das kleinere Geld in der DEL verdienen, darf sich der 21-Jährige College-Spieler an der Western Michigan University zwischen Vorlesungen und Mannschaftstrainings nicht einmal "Eishockeyprofi" nennen. Nach nur neun Toren in 37 Spielen der amerikanischen NCAA-Nachwuchsliga kam seine erste Einladung zur Nationalmannschaft im April überraschend, doch die Mär vom Halbprofi im Nationalteam tut dem 21-Jährigen Unrecht: Das Niveau im amerikanischen Universitätshockey ist hoch und mit dem der DEL zu vergleichen, nicht selten dient es aufstrebenden Spielern als Vorbereitung auf eine Karriere in der NHL. Bereits 2015 sicherten sich die Pittsburgh Penguins die Rechte am jungen Stürmer und könnten ihm bald zu einem Sprung in den Profibereich verhelfen.

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Eishockey-Torwart Philipp Grubauer kommt frisch von den NHL-Playoffs, nun soll er die Deutschen ins WM-Viertelfinale hieven.

Von Ulrich Hartmann

Dass Tiffels am Ende glänzen konnte, hatte auch mit Philipp Grubauer zu tun - der hat den Schritt in die NHL längst hinter sich. Der Torwart von den Washington Capitals demonstrierte gegen Lettland, warum er aktuell als einer der gefragtesten Torhüter auf dem NHL-Transfermarkt gilt: Nach 33 Minuten kam der lettische Stürmer Kaspars Daugavins direkt vor dem deutschen Kasten zum Abschluss, während Grubauer vermeintlich geschlagen auf dem Eis lag. Doch in einem athletischen Kraftakt riss der gebürtige Rosenheimer seinen Schläger hoch und schlug die Scheibe noch rechtzeitig aus dem Luftraum über der Torlinie.

Zuvor war das deutsche Team nach einem Doppelschlag von David Wolf (32. Minute, Adler Mannheim) und Dennis Seidenberg (32. Minute, New York Islanders) in Führung gegangen. Doch der Zwischenstand verlieh kaum Sicherheit, die Letten spielten fortan ihre Stärken aus, trafen nach einem geschickt vorgetragenen Konter zum Anschluss (Skvorcovs, 39. Minute), kegelten den Puck zum glücklichen Ausgleich über die Linie (Sprukts, 49. Minute) und übernahmen in der Schlussphase in Überzahl sogar die Führung (Dzerins, 57. Minute).

Doch als das DEB-Team in den letzten zwei Minuten in Überzahl spielte und Grubauer sein Tor zugunsten eines sechsten Feldspielers verließ, fand der Puck nach teils chaotischen Szenen im Torraum schließlich den Weg zu Felix Schütz (Rögle Ängelholm), der die Scheibe aus spitzem Winkel zum späten Ausgleich über die Linie drückte (60. Minute). Eine späte Rettungstat von Philipp Grubauer in der Verlängerung und drei gehaltene lettische Penaltys später ist es schließlich Tiffels, der der Nervenschlacht ein Ende setzt.

"Ich glaube, dass wir uns das schwerer gemacht haben als wir hätten sollen", kommentiert Leon Draisaitl das Erreichen des Viertelfinales, "aber das kann auf jeden Fall gefeiert werden." Auch Bundestrainer Sturm sagt: "Die Jungs haben es sich verdient, heute zu feiern, die sollen das heute genießen mit ein oder zwei Bierchen." Dass sein Team "leider ein paar Tore hergeschenkt" hat, wiegt da nicht mehr so schwer. Neben Tiffels bekommt auch der Torhüter ein Sonderlob: "Wenn man solche Spiele gewinnen will, dann braucht man einen absolut überragenden Torhüter, und den haben wir heute in Grubauer gehabt."

Am Donnerstag trifft die deutsche Mannschaft nun auf ein kanadisches Team, das seine Klasse beim abschließenden 5:2-Sieg gegen Finnland bewies. Insgesamt gewann Kanada sechs der sieben Gruppenspiele und musste sich gegen die Schweiz nur nach Verlängerung geschlagen geben. Nach dem Gruppensieg gilt der ausschließlich mit NHL-Spielern besetzte Kader als Favorit auf den Titel. "Ab morgen wird wieder hart gearbeitet", verspricht Sturm den Kanadiern dennoch einen harten Kampf. Er weiß: Sein deutsches Team ist jetzt schon ein Gewinner dieser Weltmeisterschaft.

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