Super Bowl:Unter den Teppich mit all den Skandalen

Lesezeit: 2 min

Ein harter Sport: Jermaine Kearse wird von Malcolm Butler (rechts) und Duron Harmon (links) von den New England Patriots attackiert. (Foto: dpa)

Kopfverletzungen, Doping und eine Anklage wegen Mordes: Die Skandale der NFL sind bei der Super Bowl plötzlich vergessen - weil sich die Liga selbst reguliert. Die Herren von Fifa und IOC dürften neidisch auf das NFL-System sein.

Ein Kommentar von Jürgen Schmieder

Natürlich war es Zufall, dass die Mikrofone exakt in jenem Moment ausfielen, als Roger Goodell nach dem Finale die Bühne betrat, um den New England Patriots die silberne Trophäe für den Gewinn der Super Bowl zu überreichen. Die Menschen vor dem Fernseher bekamen nicht mit, dass der NFL-Chef von den Zuschauern im Stadion kräftig ausgebuht wurde. Sie sahen einen strahlenden Goodell und einen glücklichen Patriots-Besitzer Robert Kraft - und natürlich war es auch Zufall, dass die Mikrofone dann wieder funktionierten, als Goodell gratulierte und Kraft eine Rede hielt.

Buhrufe hätten aber auch nicht gepasst zu dieser wunderbar choreografierten Veranstaltung. Wer will in so einem Moment schon an Doping oder Kopfverletzungen denken oder daran, dass Akteure kürzlich in den Schlagzeilen waren, weil sie ihre Ehefrau vermöbelt oder ihr Kind mit einem Ast gezüchtigt haben? Dass sich einer gerade wegen Mordes vor Gericht verantworten muss? Dass dem aktuellen Meister noch immer vorgeworfen wird, während des Conference Finals - quasi das Halbfinale - womöglich getrickst zu haben?

Patriots gewinnen die Super Bowl
:Spannend bis zum Ende

Die New England Patriots besiegen die Seattle Seahawks. Tom Brady zementiert seinen Ruf als einer der großartigsten Spielmacher in der Geschichte des Sports und erstmals gewinnt ein Deutscher die Super Bowl. Zum Helden wird aber einer, mit dem wohl niemand gerechnet hat.

Von Jürgen Schmieder

Goodell muss mit diesen Skandalen umgehen, dafür wird er von den 32 Vereinsbesitzern mit einem Gehalt von 44 Millionen Dollar pro Jahr entlohnt. Er ist mitnichten der unabhängige Präsident eines Verbandes, er ist aufgrund der Strukturen dieser Liga der Angestellte jener Menschen, die er sanktionieren soll. Nun wollen diese Menschen aber keine Skandale, die den immensen Geldfluss zur NFL und damit in ihre Taschen stören könnte - was Goodell zu nichts anderem macht als den bestbezahlten Besenschwinger der Welt. Immer schön unter den Teppich mit all den Skandalen.

Perpetuum mobile der Selbstregulierung

Goodell hat ein perfektes Perpetuum mobile der Selbstregulierung installiert, auf das selbst die Herren bei der Fifa oder im IOC neidisch sein dürften. Bei unangenehmen Vorfällen heuert der NFL-Chef höchstselbst die Ermittler an und bezahlt sie - also finanzieren letztlich die Angeklagten die Menschen, die da gegen sie ermitteln. Natürlich betont Goodell stets die Unabhängigkeit und Integrität der Ermittler. Es verwundert nur, dass er beim Skandal um häusliche Gewalt etwa Robert Mueller verpflichtete. Der war einst Chef der Bundesbehörde FBI, arbeitet nun aber für WilmerHale - jene Anwaltskanzlei, die für die NFL den Vier-Milliarden-Dollar-Vertrag mit dem Pay-TV-Anbieter DirecTV verhandelt hat.

Halbzeitshow beim Super Bowl
:Katy Perry reitet den Löwen

Sie packt hinein, was hineinpasst in eine Football-Halbzeit: Katy Perry spielt mit Löwen, Haien und fliegt als Stern von Glendale durch die Arena. Für Lenny Kravitz reicht es nur zur Nebenrolle.

Die NFL ist mit jährlichen Einnahmen von mehr als neun Milliarden US-Dollar die lukrativste Sportliga der Welt, bis 2027 soll der Umsatz gar auf 25 Milliarden wachsen. Die Liga will expandieren: ein neues Team in Los Angeles, Ausflüge nach Asien, Europa und Südamerika, womöglich gar eine Franchise in London. Das Geschäft läuft prächtig, weil die Sponsoren nach wie vor kräftig bezahlen, weil die Menschen nach wie vor den Fernseher einschalten, wenn Football läuft - am Sonntag waren es etwa 120 Millionen Amerikaner.

Übrigens war auch IOC-Chef Thomas Bach am Wochenende in Phoenix. Er traf sich am Samstag mit Goodell und sprach mit ihm unter anderem über die Terminierung von Olympia und Super Bowl im Jahr 2018. Bach saß im Stadion und lobte vor der Partie die Olympiabewerbung Bostons - der Verein aus dieser Stadt sollte wenige Stunden später den Titel gewinnen. Bach übernachtete im gleichen Hotel wie die Verantwortlichen des Senders NBC, der in diesem Jahr das NFL-Finale übertrug und auch die Olympia-Rechte bis 2032 besitzt. Es ist doch herrlich, dass es solche Zufälle gibt im Leben.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: