Statistiken zur Champions League:Löchrige Wand, unsichtbarer Stürmer

Lesezeit: 3 min

0:4 gegen Real Madrid - so hoch hat der FC Bayern in der Champions League zu Hause noch nie verloren. Was lief schief in der Fröttmaninger Arena? Diese Statistiken zeigen es.

Von Lisa Sonnabend

Der Ballbesitz hoch, die Wirkung mau: Dem FC Bayern München gelang am Dienstagabend beim 0:4 gegen Real Madrid kaum etwas. Die Daten unseres Statistik-Partners Opta verdeutlichen, warum der Verein aus der Champions League ausgeschieden ist.

  • Bayern hat den Ball, bewirkt aber nichts

70 Prozent Ballbesitz wies die Statistik nach Schlusspfiff für den FC Bayern München aus. 656 Pässe spielten Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger & Co., während Real Madrid nur auf 287 Zuspiele kam. Das sind beeindruckende Zahlen, die in einem Champions-League-Halbfinale nur selten so eindeutig ausfallen. Das Problem: Der FC Bayern hatte 90 Minuten lang zwar meist den Ball, wusste allerdings wenig damit anzufangen. Die Passquote in der gegnerischen Hälfte war mit 82 Prozent eher niedrig für Münchner Verhältnisse. Besonders eklatant: Nur 14,7 Prozent der Flanken gelangen - die Torgefahr der Bayern war dementsprechend gering. Die Schussgenauigkeit lag zudem bei nicht einmal 40 Prozent. Im Champions-League-Finale 2013 gegen den BVB hatte diese dagegen fast 80 Prozent betragen.

  • Pepe schlägt Boateng

Ein Grund für die Niederlage des FC Bayern ist in den Abwehrreihen auszumachen: in der löchrigen eigenen Defensive, aber auch in der kompakt stehenden Wand von Real Madrid. Die Spanier gewannen 58,1 Prozent der Zweikämpfe, Bayern München dagegen nur 41,9 Prozent. Pepe, Sergio Ramos und Kollegen fingen in den 90 Minuten zudem 17 Bälle ab, die Münchner lediglich sechs. Von den neun Ecken der Münchner führte keine einzige zu einer gefährlichen Situation. Real trat drei Ecken - und das erste Kopfball-Tor von Sergio Ramos gelang auf diese Weise. Eine deutlich effektivere Ausbeute also. Ein Indiz, wie überfordert die Münchner Abwehr mit den schnellen Madrilenen war, ist auch die Zahl der Fouls. 13 Mal trennten die Bayern den Gegner unerlaubt vom Ball, Real hatte dies nur sieben Mal nötig.

Stürmer-Schreck Pepe machte für Real wie bereits im Hinspiel eine hervorragende Partie. Vergleicht man seine Daten auf der Opta-Taktiktafel mit denen von Jérôme Boateng, ergeben sich entscheidende Unterschiede: Der Portugiese fing im Spiel vier Bälle im Strafraum ab, Boateng keinen einzigen. Pepe, auch genannt "Schlachtmeister", warf sich zudem dreimal in einen Schuss und wehrte den Ball so ab - Boateng blockte keinen einzigen Schuss. Dem Münchner gelang es immerhin viermal, den Ball zu sichern - allerdings stets weit außerhalb des Strafraums. Pepe dagegen luchste dem Gegner den Ball in brenzligeren Situationen ab.

  • Mandzukic zielt nur einmal aufs Tor

Stürmer Mario Mandzukic gab in der ersten Halbzeit nur einen einzigen Torschuss ab - und der ging am Tor vorbei. Die Folge: Der Kroate musste nach der Pause auf der Ersatzbank Platz nehmen. Viel erfolgreicher waren jedoch auch seine Teamkollegen in der Offensive nicht. Der erneut gehemmt spielende Franck Ribéry zielte nur einmal aufs Tor und einmal am Pfosten vorbei. Auch er musste vorzeitig den Platz verlassen. Thomas Müller kam ebenso nur auf zwei Torschüsse, Arjen Robben auf drei, doch alle seine Versuche wurden von Pepe und Kollegen geblockt.

Zum Vergleich: Cristiano Ronaldo prüfte Manuel Neuer siebenmal, zweimal entschied er das Duell mit dem Bayern-Torwart für sich. Real-Stürmer Karim Benzema machte es sich dagegen an diesem Abend gemütlich, er zielte kein einziges Mal aufs Bayern-Tor. Weil er es sich erlauben konnte - er hatte bereits im Hinspiel getroffen und die Kollegen hatten die Arbeit für ihn schon erledigt.

  • Ronaldos Rekord

Nach seinem ersten Treffer grinste Cristiano Ronaldo breit, mit den Fingern zeigte er die Zahl 15 an. Denn so oft hatte der Portugiese in dieser Champions-League-Saison mittlerweile getroffen. Rekord - denn dies war selbst Lionel Messi in den Jahren zuvor nie gelungen. Am Dienstagabend kurz vor Schlusspfiff erzielte Ronaldo dann auch noch einen lässigen Freistoßtreffer und im Finale in Lissabon hat er nun sogar die Gelegenheit, diesen Wert noch weiter in die Höhe zu schrauben.

Die Torjägerliste der Champions-League-Saison ( nachzulesen hier) führt Ronaldo damit mit großem Vorsprung an - vor Zlatan Ibrahimovic, der zehn Treffer für Paris Saint-Germain erzielte. Karim Benzema und Gareth Bale trafen je fünfmal - das derzeit wohl gefährlichste Offensivtrio der Welt hat damit fast alle Real-Tore zu dritt erzielt. Auffällig bei den Bayern: Bester Torschütze ist Thomas Müller - obwohl er im Gegensatz zu Benzema, Bale und Ronalo deutlich häufiger, nämlich in allen zwölf Champions-League-Spielen des FC Bayern, zum Einsatz kam.

  • Manuel Neuer sprintet nach vorne

Auf der Heatmap ist zu sehen, in welchem Teil des Spielfeldes die Torwarte während der Partie agierten. Auffällig ist, dass Manuel Neuer weitaus öfter seinen Strafraum verließ als Kollege Iker Casillas. Einer der Gründe: Iker Casillas konnte sich auf seine Abwehr verlassen. Die Real-Feldspieler nahmen den Bayern rechtzeitig den Ball ab und blockten die Schüsse, ehe Casillas eingreifen musste. Die Bayern-Spieler dagegen ließen die schnellen Madrilenen immer wieder entwischen - und Neuer musste aus seinem Gehäuse sprinten, um den Angreifer abzuwehren. Dies erledigte der Münchner "Libero" stets erfolgreich. An Manuel Neuer lag es nicht, dass die Münchner die Partie mit 0:4 verloren.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: