Sonntagsspiele der Bundesliga:HSV-Fluch mit Ellbogencheck und Handspiel

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Der Hamburger SV kann auch mit dem neuen Trainer Thorsten Fink zu Hause nicht gewinnen. Beim 1:1 gegen Kaiserslautern sieht Verteidiger Slobodan Rajkovic die rote Karte und ein Tor von Paolo Guerrero wird aberkannt. Dem 1. FC Köln genügt eine durchschnittliche Leistung beim 3:0 gegen FC Augsburg.

Auch mit Hoffnungsträger Thorsten Fink kann der Hamburger SV seinen Heimfluch nicht ablegen. Die Hanseaten kamen im Kellerduell der Fußball-Bundesliga gegen den 1. FC Kaiserslautern nicht über ein 1:1 (0:1) hinaus und blieben damit im zehnten Heimspiel in Serie sieglos.

Der Hamburger Heiko Westermann konnte sich nicht immer so durchsetzten, wie hier gegen Pierre de Wit (links). Am Ende stand es 1:1.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

Den Führungstreffer für die Pfälzer erzielte Mittelfeldspieler Pierre De Wit mit einem klassischen Sonntagsschuss in den Torwinkel in der 38. Minute, Paolo Guerrero konnte in der 65. Minute per Kopfball ausgleichen. Dabei schwächte sich der HSV in der 22. Minute zusätzlich selbst und wartet somit seit sieben Monaten auf einen Heimsieg: Nach einem Ellenbogencheck gegen FCK-Mittelfeldspieler Christian Tiffert sah der serbische Abwehrspieler durch Schiedsrichter Markus Schmidt aus Stuttgart wegen groben Foulspiels die Rote Karte. Tiffert musste am Spielfeldrand wegen einer blutenden Wunde am Kopf mit mehreren Stichen genäht werden und kehrte erst in der 30. Minute auf das Spielfeld zurück.

Diese Szene war unter anderem Grund dafür, dass sich Minuten nach dem Schlusspfiff der Sportchef des HSV, Frank Arnesen, so richtig in Rage redete. Für Frank Arnesen war der Unparteiische Markus Schmidt der Sündenbock für das zehnte sieglose HSV-Heimspiel in Serie. "Wir haben gegen 13 Menschen gespielt, gegen Kaiserslautern und die Schiedsrichter. Ich bin sehr enttäuscht über die Schiedsrichter", sagte er wütend in die Kamera des TV-Senders Sky.

Pierre de Wit hatte mit einem fulminanten Schuss aus 18 Metern die Gäste in der 38. Minute in Führung gebracht, Paolo Guerrero (65.) erzielte den Ausgleich für die Hamburger. Zuvor war ein Treffer des Peruaners wegen Handspiels abgepfiffen worden, woraufhin Arnsesen zürnte: "Kein Mensch hier hat gesehen, dass es Handspiel war." Nach Platzverweis für Slobodan Rajkovic spielten die Gastgeber vor 55.348 Zuschauern fast 70 Minuten nur mit zehn Mann. Auch den Platzverweis hielt Arnesen für unberechtigt. Trainer Fink hingegen meinte: "Es waren unglückliche Entscheidungen, aber nicht unbedingt falsch." Der Leidtragende Christian Tiffert sagte: "Ich unterstelle ihm keine Absicht, er schlägt auch nicht nach mir."

Die Norddeutschen stellen die schwächste Heimmannschaft der Liga und stehen vor schweren Wochen in der Liga und auch im Pokal, wo ihnen für das Achtelfinale ein Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart zugelost wurde. Kaiserslautern hingegen kann nach der dritten Partie in Serie ohne Niederlage ein wenig durchatmen.

In der Anfangsphase hatten die Gäste dominiert. Schon in der dritten Minute wären die Pfälzer beinahe in Führung gegangen, ein verdeckter Schuss von De Wit strich nur knapp am linken Torpfosten vorbei. Elf Minuten später traf Dorge Kouemaha aus aussichtsreicher Position nur das Außennetz. Ohne den verletzten Torjäger Mladen Petric (Muskelfaserriss im Oberschenkel) und auch wegen der Unterzahl nach dem Platzverweis fehlte den Hanseaten in der Offensive lange Zeit die Durchschlagskraft. Ersatzmann Marcus Berg blieb weitgehend wirkungslos und wurde nach dem Platzverweis aus taktischen Gründen ausgewechselt. Pech hatten jedoch die Hanseaten, als Marcell Jansen zwei Minuten nach dem ersten Tor des FCK nur die Latte traf.

Nach dem Seitenwechsel sorgte erneut De Wit mit einem Freistoß (47.) für Gefahr vor dem HSV-Tor. Das Bemühen um ein besseres Ergebnis war den Hamburgern nicht abzusprechen, doch in Unterzahl blieb vieles nur Stückwerk, die Spielkontrolle lag zumeist beim FCK. Bereits in der 58. Minute hatte Guerrero ins Tor getroffen, aber dabei die Hand zu Hilfe genommen. Sieben Minute später traf der Südamerikaner nach Flanke von Gökhan Töre dann regelkonform aus kurzer Distanz. Torhüter Drobny sowie Guerrero waren die stärksten Akteure beim HSV, der zuletzt fünf Heimsiege in Folge gegen Kaiserslautern gefeiert hatte.

(sid)

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Es war eine Rückkehr in vertrautes Revier, aber Gründe zur Freude gab es für Jos Luhukay und Andreas Rettig nicht. Der Trainer und der Manager des FC Augsburg, die als Co-Trainer bzw. Sportdirektor insgesamt sieben Jahre beim 1. FC Köln gearbeitet haben, erlebten einen frustrierenden Sonntagnachmittag. Das 0:3 (0:2) dürfte auch deshalb so ernüchternd gewesen sein, weil den Kölnern eine höchst durchschnittliche Leistung genügte, um sich mit 16 Punkten im sicheren Mittelfeld zu etablieren, acht Punkte vor den Augsburgern. "Wir waren nicht drei Tore schlechter", behauptete Rettig nach dem Schlusspfiff.

Nach dem Abpfiff stand Lukas Podolski vor der Südtribüne und ließ sich von den Kölner Fans feiern: Der Stürmer hatte gegen Augsburg zwei Mal getroffen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Bei den Kölnern gab Lukas Podolski erneut den Alleinunterhalter. Zunächst gezwungenermaßen, da Stürmer Milivoje Novakovic weiterhin nicht fit ist. In der dritten Minute deutete Podolski an, wie er sich das vorstellte: Nach einer abgewehrten Ecke umkurvte er mühelos seinen Gegner und schoss aus spitzem Winkel aufs Tor. Augsburgs Torwart Simon Jentzsch musste allerdings nicht eingreifen. Danach übernahmen erst einmal die Vereinsärzte das Sagen. Bei Augsburgs am Oberschenkel verletztem Innenverteidiger Uwe Möhrle wurde schon früh signalisiert, dass es nicht weitergehen würde. Für ihn kam Gibril Sankoh, der bald eine wichtige Rolle spielen sollte.

Kaum waren wieder elf Augsburger auf dem Platz, lag FC-Profi Mato Jajalo mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden. Während er an der Seitenlinie behandelt wurde, zeigte Augsburg einen konstruktiven Ansatz. Brinkmann durfte nach einer flotten Stafette den Ball zwölf Meter vor dem Tor allein annehmen, doch bevor der Augsburger wusste, was er mit dem Ball tun sollte, wurde er entscheidend von Sereno gestört. Als Jajalo zurückkehrte, war er in der 10. Minute an der ersten schönen Kölner Kombination beteiligt. Am Ende der Kette lief Lukas Podolski von schräg links in den gegnerischen Strafraum. Er entschied sich gegen den Torschuss und für den Querpass, den sich Sankoh an die Hand schoss, aber Schiedsrichter Peter Gagelmann entschied zurecht auf unabsichtliches Handspiel und ließ weiterspielen.

Podolski war trotzdem angefressen, und das ist in dieser Saison gefährlich. In der 19. Minute überließ ihm Peszko den Ball im Mittelfeld. Podolski schaltete urplötzlich einen Gang höher, wodurch Gegenspieler Sankoh aussah, als würde er durch Zementblöcke an den Füßen am Laufen gehindert. Der Kölner drang flott in den Strafraum ein und zog ab - wenn auch nicht ganz so hart wie gewohnt. Vielleicht war es aber gerade das, was Torwart Jentzsch irritierte. Eine Woche nach seiner überragenden Leistung beim 1:1 gegen Bremen ließ er diesen vergleichsweise harmlosen Ball passieren.

Keine fünf Minuten später legte Köln nach. Clemens kam nach einem Doppelpass mit Podolski im Strafraum zu Fall, obwohl höchstens ein minimaler Kontakt seines Gegenspielers Hosogai zu erkennen war. Schiedsrichter Gagelmann schaute dennoch etwas gelangweilt, als er auf den Elfmeterpunkt zeigte.

Rot nach elf Minuten

Podolski waren jegliche Diskussionen ohnehin völlig egal. Er setzte den Ball von ihm aus gesehen neben den rechten Pfosten und erhöhte seine erstaunliche Torquote im FC-Trikot: Im 120. Profispiel für die Kölner war es bereits sein 69. Tor, sein achtes in dieser Spielzeit.

Danach hätte die erste Halbzeit getrost beendet werden können. Köln sah sich nicht genötigt, bis zur Pause auch nur einen weiteren Torschuss abzugeben. Und Augsburg fiel wenig ein. Ein Hauch von Gefahr kam höchstens in der Nachspielzeit auf, als Lanig eine Kopfballrückgabe arg lasch geriet, weshalb FC-Torwart Michael Rensing entschlossen zupacken musste. "Wir sind einfach nicht ins Spiel gekommen", meinte Augsburgs Torhüter Simon Jentzsch. "Beim ersten Tor muss ich den Ball halten, danach bekommen wir einen fragwürdigen Elfmeter und liegen 0:2 hinten. Und dann wird es natürlich schwer."

Zu Beginn der zweiten Halbzeit schoss Augsburg zwar immer öfter Richtung FC-Tor, aber meistens zu hoch. Die Kölner zeigten weiter, wie es effektiver geht. Peszko setzte den dritten Torschuss (56.) - und erzielte das 3:0, indem er den Ball zunächst am ungestümen Callsen-Bracker vorbeilegte und Sebastian Langkamp bei seinem präzisen Flachschuss tunnelte. Manche Kölner bewegten sich danach so aufreizend über den Platz, als müssten sie sich für eine Europacup-Partie schonen. Die Gäste - bei denen der eingewechselte Oehrl nur elf Minuten nach seinem Saisondebüt nach einem rüden Tritt gegen Sascha Riether die rote Karte sah (76.) - kamen vor allem über Gogia zu einigen echten Chancen. Und doch zeigte sich auch beim Pfostenschuss von Gogia (75.) oder dem verzogenen Abschluss von Mölders (84., frei vor Rensing) immer wieder, warum Augsburg erst acht Bundesliga-Tore erzielt hat - genauso viele wie Lukas Podolski allein.

(Von Milan Pavlovic)

© sueddeutsche.de/SZ vom 31.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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